Auf der Suche nach verschwundenen Schätzen

Wittlich · Was könnte die Galerie im Alten Rathaus attraktiver machen? Die Stadt sucht Ideen für künftige Ausstellungen und will bis Sommer ein Konzept vorlegen. Kunsthistoriker lieferten vor dem Kulturausschuss erste Ideen. Die Lösung sehen sie im inhaltlichen Bezug der Ausstellungen zur Stadt und zur Region. Sie schlagen für 2013 bis 2015 drei Themen vor: die Zeit der Pest, das verschwundene Schloss Philippsfreude und Kloster Himmerod.

Wittlich. Die Ausstellungen im Alten Rathaus sind kein echter Publikumsmagnet. Kunsthistoriker haben eine Erklärung: Es fehle der Bezug zur Stadt und zur Region. Um eine Lösung zu finden, hat Kulturamtsleiterin Elke Scheid zwei renommierte Kunsthistoriker mit ins Boot genommen. Richard Hüttel und Barbara Mikuda-Hüttel aus Scharfbillig stellten dem Kulturausschuss am Dienstag ihre Ideen vor. Ihr Rezept ist die Spurensuche nach dem Verschwundenen, das einmal eng mit der Stadt verknüpft war. Für 2013 schwebt ihnen eine Ausstellung unter dem Titel "Der schwarze Tod" vor. Sie soll eins der dunkelsten Kapitel der Stadtgeschichte in Erinnerung rufen, die Ausbreitung der Pest im 17. Jahrhundert. Gemälde, Skulpturen und druckgrafische Blätter sollen Geschichten erzählen und von den dramatischen Ereignissen berichten. Hüttel denkt daran, Kunstobjekte in der Region zusammenzusuchen, die noch nie ausgestellt waren. Der Stadtpatron Rochus und der heilige Sebastian, die als Schutzheilige gegen die Pest verehrt wurden, und der Volksglaube, mit dem die Menschen gegen die Pest ankämpften, sollen in der Ausstellung eine Hauptrolle spielen.
Auch für die folgenden Jahre liegen schon Ideen vor. "Das verschwundene Schloss des Kurfürsten von Trier" lautet der Arbeitstitel für eine Ausstellung im Jahr 2014. Darin soll sich alles um das 1804 abgerissene Rokokoschloss "Philippsfreude" drehen. 2015 könnte eine weitere Ausstellung dann anhand aufgespürter bislang verschwundener Kunstwerke die Geschichte des Klosters Himmerod erzählen. Hüttel verspricht "ein großes monastisches Drama". Der Kulturausschuss will die Ideen in seine Überlegungen aufnehmen. Ratsmitglied Rudolf Bollonia kritisierte, es sei nicht der Zeitpunkt, über mögliche Ausstellungen zu sprechen. In einem ersten Schritt müsste die Ausrichtung der Galerie festgelegt werden. Angesichts der kunsthistorischen Vorschläge verwies er darauf, dass das Haus die moderne Kunst im Namen trage.
Stadthistoriker Klaus Petry dagegen zeigte sich regelrecht begeistert: "Ich begrüße es außerordentlich, dass die Themen in der Stadtgeschichte wurzeln." Aktuell ist im alten Rathaus bis Ende April die Jubiläumsschau "100 Jahre Georg Meistermann" seit Oktober 2011 zu sehen. 835 Menschen haben sie bis Januar besucht, darunter je zwei Schulklassen und Kindergartengruppen.Meinung

Mutig neue Wege wagen
Jahrelang gab es im Alten Rathaus von einem professionellen Kulturamtsleiter organisierte Wechselausstellungen überregionaler Künstler plus die Meistermann-Dauerschau. Wittlich hätte sich unter Kunstinteressierten einen Namen machen können. Das hat nicht funktioniert. Weder kamen nennenswert viele Auswärtige noch viele Einheimische. Die vielbeschworene Leuchtturmsfunktion war nüchtern betrachtet eine Illusion. Das hat viele Gründe. Wittlich ist eine Kleinstadt, das Alte Rathaus kein idealer Auststellungsort, Meistermann kein Publikumsmagnet, der Ex-Kulturamtsleiter war umstritten. Statt passiv in einer Sackgasse zu verharren, müssen mutig neue Wege gegangen werden wie die aktuelle Idee. Es war Zeit genug, über die Ausrichtung des Hauses nachzudenken. s.suennen@volksfreund.deExtra

Richard Hüttel ist Begründer der grafischen Sammlung der Uni Trier. Ab 2003 war er stellvertretender Direktor des Museums der Bildenden Künste Leipzig und leitete dort die grafische Sammlung. Seit 2011 ist er im Ruhestand und lebt mit seiner Frau, der Kunsthistorikerin Barbara Mikuda-Hüttel in Scharfbillig. Barbara Mikuda-Hüttel ist Autorin des Buches "Gärten der Region", doziert an der Fachhochschule Trier Kunstgeschichte und Gartendenkmalpflege und macht sich für die Denkmalpflege in der Region stark. Die beiden promovierten Kunsthistoriker engagieren sich auch für den Erhalt von Schloss Malberg. Richard Hüttel ist Gründer des Fördervereins. sys

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