Auf der Suche nach Wahrheit und Klarheit

Bernkastel-Kues · 400 Besucher, darunter Winzer, Vertreter der Weinwirtschaft und Kommunalpolitiker, waren gestern zum politischen Nachmittag der Weinbautages in die Mosellandhalle Bernkastel-Kues gekommen. Ein neues Bezeichnungsrecht steht auf der Agenda - genügend Stoff für unterschiedliche Vorschläge und kontroverse Diskussionen.

Bernkastel-Kues. Kurz vor Weihnachten bot ein Discounter eine Beerenauslese für 2,98 Euro an, ein anderer Billiganbieter einen Eiswein für unter vier Euro. Dieses Beispiel, das Gerd Knebel, Geschäftsführer des Weinbauverbandes Mosel, gestern beim Weinbautag aufzeigte, demonstriert eindrucksvoll das Dilemma des deutschen Weinbezeichnungsrechts. Knebel stellte fest: "Gute Betriebe haben erfolgreich Produkte aufgebaut, die von anderen kopiert und mit den gleichen Begriffen in der Masse billig verschleudert werden."
Jetzt kommt durch Vorgaben aus Brüssel aber Bewegung in die Diskussion um neue, "ehrlichere" Weinbezeichnungen. Ein Brauneberger Juffer Qualitätswein kann heute ein pappsüßer, geradeso von der Qualtätsweinprüfung genehmigter und billiger Wein sein, er kann aber auch ein wunderbarer und hochwertiger Riesling-Steillagenwein sein. Diese Verbraucherverwirrung zu ändern, ist jetzt Aufgabe der Weinbauverbände beziehungsweise der Weinbaupolitik.
Der Weinbauverband Mosel hat sich frühzeitig positioniert. Knebel stellte das System der Qualitätspyramide vor. Das Prinzip: Je enger die auf dem Etikett angegebene Herkunft des Weines, desto höher müssen die Qualitätsanforderungen sein. Es müsse dem Verbraucher sofort deutlich werden, dass ein Wein aus einer kleinen Einzellage hochwertiger ist, als ein Wein, der beispielsweise nur als "Brauneberger" bezeichnet wird.
Außerdem will der Verband die Steillagen profilieren. Knebel: "Bislang ist dieser Begriff an keinerlei Qualitätsparameter geknüpft." Der Verband fordert, dass der Begriff "Steillage" auf dem Etikett nur für die Rebsorte Riesling und für Qualitäts- und Prädikatsweine vorbehalten ist. Außerdem müsse das Mostgewicht, sprich der natürliche Fruchtzuckergehalt, mindestens 75 Grad Oechsle betragen.
Kann sich die Mosel mit ihren Vorschlägen durchsetzen? Andere Weinbaugebiete haben andere Vorstellungen, aber auch an der Mosel selbst gibt es unterschiedliche Auffassungen. So gibt es Winzer, die auf Abschaffung der Großlagen drängen. Einer von ihnen ist Gernot Kollmann aus Enkirch, der sich zu Wort meldete. Widerstand gibt es dabei aber unter anderem von den Weinkellereien, die über Großlagenbezeichnungen wie Piesporter Michelsberg oder Zeller Schwarze Katz große Weinmengen vermarkten. Auch die meisten Kröver Winzer wollen ihre bekannte und für den Ort wichtige Großlage Kröver Nacktarsch behalten.
Der Generalsekretär des Deutschen Weinbauverbandes, Rudolf Nickenig, warnte vor einem zu komplizierten System, das zu mehr Bürokratie führe. Einig sind sich die Moselwinzer mit Nickenig in der Frage, ob europaweit weitere Weinbauflächen angelegt werden dürfen. Der Anbaustopp für Neuanpflanzungen von Reben soll nach Vorstellungen aus Brüssel Ende 2015 auslaufen. Die deutschen Winzer sind dagegen, weil dann noch mehr Wein den Markt belasten würde. Nickenig: "Wir dürfen in Europa nicht noch einmal in eine Situation kommen, dass Weinüberschüsse mit Steuergeldern vernichtet werden müssen."
Der Präsident des Weinbauverbandes Mosel, Rolf Haxel, meinte: "Von einer Freigabe der Pflanzrechte profitiert vor allem der Billigsektor. Nur die großen Produzenten und Weinvermarkter können das überleben."
Bei all den Problemen gab es aber auch eine positive Aussage. Mosel-Weinkönigin Andrea Schlechter sagte in ihrem Grußwort: "Es freut mich ganz besonders, dass mich der fantastische Weinjahrgang 2011 während meiner Amtszeit begleitet."

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