Auf jeden Hallenbadbesuch legt die Stadt mehr als zehn Euro drauf

Wittlich · Was passiert mit dem Wittlicher Hallenbad? Ein Abriss des Zuschussbetriebes ist wahrscheinlich. Seit November vergangenen Jahres ist beschlossene Sache, dass eine Kombibad-Lösung geprüft wird. Sicher scheint: Die Gesamtwasserfläche des jetzigen Vitelliusbades und der Energieverbrauch müssen reduziert werden.

Wittlich. Ein riesiger Kasten liegt am Stadtrand an der Lieser: Mit ihm haben sich exklusiv die Wittlicher Stadtpolitiker im Bau-, Verkehrs- und Sozialausschuss gestern Abend hinter verschlossenen Türen beschäftigt. Unter dem Arbeitstitel "Neubau Vitelliusbad" haben sie sich informiert und beraten, was die Stadt künftig schwimmbegeisterten Menschen bieten will und kann.
Das ist nicht wirklich etwas Neues, denn wer sich für diese Sportstätte und Lokalpolitik interessiert, weiß seit Langem: Das Wittlicher Hallenbad ist 44 Jahre alt und eigentlich ein Fall für ein Abrissunternehmen. Jeder kühl Kalkulierende hätte es längst geschlossen. Es ist in erster Linie für die tiefroten Vitelliusbadzahlen verantwortlich: 2015 waren es 900 000 Euro und dieses Jahr wird das Minus auf rund 750 000 Euro geschätzt.

Energiefresser


Nur ein Multimillionär könnte sich privat eine solche Anlage theoretisch leisten, denn das Gebäude ist ein Energiefresser. So sind 2015, laut Jan Mußweiler, Pressesprecher der Stadtverwaltung, rund 265 700 Kilowattstunden Strom und rund 2,1 Millionen Kilowattstunden Gas verbraucht worden.
Für Kommunen als Energie-Einkäufer gibt es Sonderkonditionen, aber auf TV-Nachfrage hat Mechthild Lorenz, die 2015er Werte auf durchschnittliche 4-Personen-Haushalte umgerechnet: Der Hallenbadstromverbrauch würde demnach rund 73 000 Euro kosten und entspräche demnach 59 Haushalten, der Gasverbrauch schlüge mit 131 000 Euro zu Buche und reiche für fast 94 Haushalte: Beides aufs Jahr gesehen, aber eine Hallenbadsaison ist nur etwas mehr als ein halbes Jahr.
Die Besucherzahlen der Hallenbadsaison 2015 lagen bei 39 500, von Januar bis Mai 2016 kamen rund 24 000 Menschen. Mit etwas mehr als zehn Euro je Schwimmer bezuschusst die Stadt laut Angaben des Pressesprechers jeden Hallenbadbesuch. Und wer geht baden? Eine Hälfte decken nicht "normale" Freizeitschwimmer, sondern Schüler und Vereinssportler ab.
Jan Mußweiler sagt dazu, wie lange das Hallenbad noch betrieben werden könne: "Seriös kann ich die Frage nicht beantworten. Die Technik im Gebäude ist veraltet und stößt zum Teil bereits an seine Belastungsgrenze. Aufgrund des Alters ist die Ersatzteilbeschaffung sehr schwierig, sodass teilweise sogar auf Gebraucht-Ersatzteile zurückgegriffen werden muss. Betroffen ist beispielsweise die Wasseraufbereitung, aber auch das Blockheizkraftwerk mit inzwischen fast 75 000 Betriebsstunden."
Um sich schlau zu machen, hätten derweil Mitglieder des Stadtrates, des Bau- und Verkehrsausschusses, des Sozialausschusses und der Verwaltung an drei Besichtigungsfahrten die Schwimmbäder "Rheinwelle" in Gau-Algesheim, "Rhein-Hessen-Bad" in Nieder-Olm, "Bademaxx" in Speyer, "Nettebad" in Mayen, "Deichwelle" in Neuwied und "Saar-Mosel-Bad" in Konz besucht.
Und was ist das Ergebnis? Jan Mußweiler verweist darauf, es werde "zeitnah in den städtischen Gremien beraten. Diesen Beratungen kann ich nicht vorgreifen."
15 Millionen Euro


Eins scheint festzustehen: "Bürgermeister Rodenkirch hat bereits öffentlich verkündet, dass wegen der Förderung eine Reduzierung der Wasserfläche und eine energetische Verbesserung gefordert werden", so Mußweiler. Er sagt weiter: "Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass der Stadt Wittlich aktuell weder eine Kostenschätzung noch sonstige zuverlässige Zahlen hierzu vorliegen. Bürgermeister Rodenkirch hatte in der Tat eine ,Hausnummer' in Höhe von mindestens rund 15 Millionen Euro genannt."
Zu einer möglichen Förderung durch das Land beispielsweise könne er noch nichts sagen. Generell sei "nach derzeitigem Kenntnisstand ein Abriss des Hallenbades am wahrscheinlichsten."
Nach der gestrigen Vorberatung werde der Stadtrat voraussichtlich in seiner Sitzung am Donnerstag, 23. Juni, hierüber beraten. "Insgesamt liegt aber noch ein langer Weg vor uns", so Mußweiler. sos

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