Auf zum Frühschoppen

Ich erinnere mich noch gut an die sonntägliche Fernsehsendung "Der Internationale Frühschoppen mit sechs Journalisten aus fünf Ländern". Werner Höfer tauschte sich mit seinen weit gereisten Gästen bei einem Glas Wein, ausgeschenkt in geschliffenen, moseltypischen Treveris-Gläsern, über die großen Probleme dieser Welt aus.

Auch wenn mal heiß und kontrovers debattiert wur- de: Am Ende der Sendung hob Höfer das Glas und prostete mit einem "Zum Wohle" den Gästen zu. Ich finde, das war ein schönes Ritual. Heute heißt die Sendung übrigens Presseclub, die Journalisten müssen sich mit Wasser begnügen - was die Qualität der Redebeiträge nicht eklatant gesteigert hat. Überhaupt der sonntägliche Frühschoppen. Diese Tradition scheint immer mehr in Vergessenheit zu geraten. Sonntagmorgens nach dem Kirchgang im Wirtshaus bei einem guten Glas Wein über die Dinge des täglichen Lebens zu diskutieren und über Politik zu schimpfen, das war - zugegebenermaßen ausschließlich für die Männer - ein Teil des Lebens. Ob das langsame Verschwinden dieser Tradition etwas mit der Emanzipation oder mit dem Fernbleiben vom Gottesdienst zu tun hat - schwer zu sagen. An Gesprächstoff mangelt es auch heutzutage sicherlich nicht, auch Wein ist genügend vorhanden. Sogar in noch besserer Qualität als zu Werner Höfers Zeiten. Winfried Simon

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