Augenärzte ohne Grenzen: Team vom Augenzentrum Mittelmosel hilft Kindern in Tansania

Traben-Trarbach/Mbeya · Der Verein Kids’ and Poors’ Eyes International organisiert regelmäßig augenärztliche Hilfseinsätze in Dritte-Welt-Ländern. Augenarzt Andreas Künster und Optikermeister Hans-Peter Platten aus Traben-Trarbach halfen zum ersten Mal in Tansania aus. Ihr Fazit: Es gibt noch viel zu tun.

Augenärzte ohne Grenzen: Team vom Augenzentrum Mittelmosel hilft Kindern in Tansania
Foto: (m_mo )

Traben-Trarbach/Mbeya. Es gibt nicht viele Augenärzte und Optiker in Tansania, und den meisten fehlt moderne Ausstattung. Doch im März gab es Unterstützung von der Mittelmosel: Augenarzt Andreas Künster beteiligte sich an einem Hilfseinsatz in der Stadt Mbeya. Sein Team besuchte die kleine, spärlich ausgestattete Augenabteilung des Regional Hospital. Die Gerätschaften sind veraltet, teilweise nur ausgeliehen, alle Brillen werden von Hand hergestellt, leichte Kunststoffgläser oder Gleitsichtbrillen stehen nicht zur Verfügung. Augenarzt Fariji Killewa, vier Krankenschwestern, ein Optiker und dessen zwei Assistentinnen sind die erste Anlaufstelle für Augenerkrankungen im Einzugsgebiet von Mbeya, in dem fast drei Millionen Menschen leben.Schlechte Ausstattung

Ihnen griffen Künster und sein Team im Auftrag des Vereins Kids' and Poors' Eyes International unter die Arme. Bisher war der Verein vor allem in Namibia und Mali aktiv. Im Großen und Ganzen laufen die Hilfseinsätze recht ähnlich ab, doch Künster fielen Unterschiede zu den bisherigen Einsatzorten auf: "Die Menschen in Tansania sind medizinisch tatsächlich noch schlechter ausgestattet. Aber dafür wurden wir dort sogar noch ein bisschen freundlicher und herzlicher empfangen."
Die theoretische Ausbildung der Ärzte vor Ort sei eigentlich sehr gut, erklärt Künster. "Das sind kompetente Mediziner, aber ihnen fehlen einfach die nötigen Mittel, um ihr Fachwissen wirkungsvoll in einem größeren Rahmen anwenden zu können." Der Einsatz in Tansania war gut vorbereitet: Killewa nahm vorläufige Untersuchungen bei Schulkindern aus der Umgebung vor. Das Team vom Augenzentrum Mittelmosel nahm dann die besonders schweren Fälle unter die Lupe. Der Verein wollte bei einem ersten Besuch in Tansania zunächst Land und Leute sowie den Stand der medizinischen Versorgung kennen lernen. Damit auch schon bei diesem ersten Einsatz kurzfristig praktische Hilfe geleistet werden konnte, beteiligte sich Optiker Hans-Peter Platten. Er brachte leichte, moderne Brillengestelle aus Deutschland mit. Die Kinder durften sich ein Gestell aussuchen, es wurde angepasst, die Gläser konnten jedoch erst mit den modernen Geräten in Deutschland geschliffen werden.Hilfe zur Selbsthilfe


Die fertigen Brillen bringt Optiker Platten im August nach Tansania. Dieser aufwändige Prozess soll in Zukunft einfacher werden, darum will der Verein nicht nur Augenärzte sondern auch Optiker vor Ort unterstützen. Ohnehin sagen kritische Stimmen, dass es wichtiger und sinnvoller sei, den Menschen in Afrika die nötigen Mittel zur Selbsthilfe an die Hand zu geben als direkte Hilfe von außen zu leisten, die nur kurzfristig Wirkung habe. "Da haben die Kritiker prinzipiell recht", gibt Künster zu. "Wir bemühen uns, die Ärzte vor Ort beim Aufbau einer medizinischen Infrastruktur zu unterstützen oder ihnen moderne Geräte und deren Bedienung zu vermitteln. Aber dafür reichen Zeit und Geld nicht immer. Und dann ist die kurzfristige Behandlung einzelner Patienten besser als gar keine Hilfe."
Die Untersuchungen waren nicht immer einfach: Mal reichte die Beleuchtung nicht aus, um auch abends noch untersuchen zu können, mal mussten sogar Kabel verlegt werden, damit die Ärzte ihre Ausrüstung überhaupt nutzen konnten. Nicht an allen Schulen lernen die Kinder Englisch, sodass ein Dolmetscher, große Gestik und viel Geduld nötig waren, um von den kleinen Patienten zu erfahren, was ihnen fehlt. Dennoch sehen viele der untersuchten Kinder mit ihren neuen Brillen mittlerweile wieder perfekt.Nicht nur Erfolge


Die Reise hielt aber nicht nur Erfolge bereit: An einer Sonderschule für Kinder mit Behinderungen kam die Hilfe in vielen Fällen zu spät. Künster und sein Team sahen Kinder mit vernarbten oder geschrumpften Augäpfeln, mit grünem oder grauem Star, sogar Kinder, die bereits vollkommen erblindet waren. Eine Operation war oft nicht mehr möglich. "Das frustriert natürlich sehr", gesteht der Augenarzt. "Vor allem weil die Behandlung bei vielen Patienten in einem früheren Stadium kein Problem gewesen wäre." An dieser Schule untersuchte Künster auch erstaunlich viele Albino-Kinder. Tansania gilt als das Land mit den meisten Albinos weltweit. Doch Menschen, die an dieser Pigmentstörung leiden, werden diskriminiert, ausgestoßen, manchmal sogar gejagt. Darum hatte sich um die naturgemäß schwachen und empfindlichen Augen dieser Kinder noch nie jemand gekümmert. Sie bekamen von Künster und seinem Team Brillen mit getönten Gläsern. "Ich hoffe, dass wir diesen Kindern wenigstens helfen konnten, besser dem Unterricht folgen und im Alltag zurechtkommen zu können."
Der nächste Einsatz ist bereits in Planung: Im Frühjahr des nächsten Jahres will das Team vom Augenzentrum Mittelmosel wieder nach Mbeya aufbrechen. Dann soll die Klinik auch logistisch und technisch unterstützt werden, um die augenärztliche Versorgung in Mbeya dauerhaft zu verbessern. "Ich weiß, dass wir hier nicht die Welt verändern", sagt Künster. "Aber jeder kleine Schritt ist wichtig."Extra

Der Verein Kids' and Poors' Eyes International schickt Augenärzte und Optiker in die ärmsten Regionen der Welt. In Ländern wie Namibia oder Mali ist selbst die allgemeinmedizinische Versorgung oft nicht gewährleistet - die augenärztliche Versorgung bleibt dabei erst recht auf der Strecke. Der Verein investiert seine Mitgliedsbeiträge und Spendengelder hier gezielt in Operationen, optische Hilfsmittel und Medikamente, um den ortsansässigen Augenarztpraxen unter die Arme zu greifen. Doch vor allem auf dem Land gibt es oft überhaupt keine Augenärzte, beziehungsweise die Bevölkerung kann sich keine Untersuchung, geschweige denn eine Brille oder gar einen Eingriff leisten. Diesen Menschen helfen die Optiker und Augenärzte auf ihren regelmäßigen Kurzeinsätzen gezielt aus. Wer den Verein unterstützen möchte, kann dies durch eine Fördermitgliedschaft mit einem Jahresbeitrag von 15 Euro tun oder eine Spende auf folgendes Konto überweisen: IBAN DE42 5876 0954 0005 8600 00, BIC GENODED1WTL ian

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