Aus Mist wird Strom

HEIDWEILER. Vom Landwirt zum Energiewirt. In Heidweiler haben Siegfried und Harald Schneider den ersten Schritt dazu getan. Seit Anfang des Jahres erzeugen sie umweltfreundlichen Strom aus Mais und Gülle.

Energie aus der Natur - im Kreis Bitburg-Prüm ist dies bei knapp zwei Dutzend Landwirten bereits Tagesgeschäft, und das jahraus, jahrein, unabhängig von Jahres- und Tageszeiten. Trivial ausgedrückt, aber positiv gemeint: Aus Mist wird Strom erzeugt. Vornehm umschrieben: "Durch Zersetzung organischen Materials wird Methangas erzeugt, das zur Stromgewinnung verbrannt wird." Nun sind auch Landwirte aus dem Kreis Bernkastel-Wittlich auf den Geschmack gekommen. In Heidweiler haben Siegfried und Harald Schneider im August 2005 mit dem Bau einer der ersten Biogasanlagen im Raum Wittlich begonnen. In Vollbetrieb genug Strom für 1800 Einwohner

Seit wenigen Wochen produziert die Anlage umweltfreundlichen Strom. Achim Nottinger, Planer der Anlage und Geschäftsführer der ÖkoBit aus Reinsfeld/Hochwald erläutert: "Im Vollbetrieb deckt die Biogasanlage den Strombedarf mehrerer Dörfer, insgesamt für 1800 Einwohner." Es wird noch besser: Die Anlage kann im Endausbau sogar Fernwärme liefern. Und das ohne Zutun fossiler Energieträger. Einzig Bakterien sind die "Verursacher" des Öko-Stromes. Wie das funktioniert? Erstaunlich einfach, dennoch technisch ausgereift und computergesteuert aufeinander abgestimmt: Der Grundstoff Mais sowie die Gülle aus dem Stall der Schneiders wird in den Fermenter geleitet, ein Betonsilo mit Trapezblechverkleidung. Dort verrichten Bakterien ihre Arbeit bei der Vergärung und wandeln Mais und Gülle in Methangas um. Daher auch der kuppelförmige Abschluss des Fermenters. Das ist die Membrane, unter der sich das Gas sammelt. Laufend wird es abgepumpt und kommt direkt oder über ein zweites Silo, den Nachgärer, in den Motorraum mit dem Blockheizkraftwerk. Dort funktioniert die Verbrennung des Gases ähnlich wie bei einer heimischen Gasheizung. Der Strom wird in einem Generator erzeugt und sofort in das RWE-Netz eingespeist. Außen raucht ein Schornstein aus Edelstahl. Der leitet den beim Stromerzeugen vom Motor erzeugten Wasserdampf ab. Biogasanlagen sind volllastfähig und produzieren im Gegensatz zu Windkraft und Photovoltaik rund um die Uhr. Für Harald Schneider ist die Anlage eine Option auf die Zukunft. "Sinkende Getreide- und Milchpreise verlangen ein Umdenken. Die Biogasanlage ist ein zweiter Wirtschaftszweig in unserem Betrieb, der unabhängig von der Politik in Brüssel und Berlin ist." Nebeneffekt: Es entsteht eine Kreislaufwirtschaft. Aus dem vergärten Material ist hochwertiger Naturdünger entstanden, der den Ackerflächen zugeführt wird. Dort wachsen erneut die Rohstoffe für die Biogasanlage. So bleiben keine Flächen brach liegen und die Kulturlandschaft wird offen gehalten. Die beiden Landwirte aus Heidweiler, Vater und Sohn, erhalten 16,7 Cent pro eingespeiste Kilowattstunde. "Zuschüsse wie bei der Photovoltaik mit 50 Cent und mehr sind nicht drin." Allerdings sind die 16,7 Cent auf 20 Jahre garantiert. Achim Nottinger spricht gerne vom regionalen Wertschöpfungsgedanken. Seine Zukunftsperspektive: Bisher würden pro Bürger rund 1000 Euro für Energieversorgung benötigt. Davon verlassen 800 Euro die Region. Durch die erneuerbaren Energien wie Biogas könnte das Verhältnis umgekehrt werden, so dass 80 Prozent in der Region bleiben und damit auch Arbeitsplätze geschaffen würden. Und die Zukunft für den Landwirt? Harald Schneider sieht das pragmatisch. Sein Slogan klingt überzeugend: vom Landwirt zum Energiewirt. In Heidweiler ist der erste Schritt dazu getan. Die Biogasanlage der Schneiders besitzt die Kapazitäten zur stetigen Erweiterung.

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