Ausgeangelt am idyllischen Weiher

Binsfeld · Wegen seiner Belastung mit Löschmittelrückständen aus der benachbarten Airbase Spangdahlem gilt der Binsfelder Fischteich als hoffnungsloser Fall. Nach zwei unabhängigen Laboruntersuchungen steht fest, dass die Fische aus dem kleinen See auf unabsehbare Zeit ungenießbar sein werden.

 Scheinidylle neben der Airbase: Beigeordneter Werner Pitsch sowie Martin Di Mauro und Dieter Faber vom ASV (von links) vor dem „kranken See", auf dem auch prächtige Seerosenfelder blühen. TV-Foto: Friedhelm Knopp

Scheinidylle neben der Airbase: Beigeordneter Werner Pitsch sowie Martin Di Mauro und Dieter Faber vom ASV (von links) vor dem „kranken See", auf dem auch prächtige Seerosenfelder blühen. TV-Foto: Friedhelm Knopp

Binsfeld. Der Angelsportverein (ASV) Salmfischer und die Ortsgemeinde Binsfeld haben es seit längerer Zeit geahnt, doch nun sind die Laborbefunde auf dem Tisch, und es ist so gut wie sicher: Der 5000 Quadratmeter umfassende Binsfelder Fischteich in Nachbarschaft zur US Air Base Spangdahlem ist durch Löschmittelrückstände so verunreinigt, dass sein Wasser auf viele Jahre hinaus chemiebelastet bleiben wird. Die darin eingesetzten Fische sind ungenießbar - die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord rät von dem Verzehr ab (der TV berichtete).Drainage wird zum Fluch

Die bis 2007 in Feuerwehrlöschschaum enthaltenen Perfluorierten Tenside (PFT) stammen aus den Rohren der Flugplatzfeuerwehr, die jahrelang hinter dem Airbase-Zaun und in direkter Nachbarschaft zum See Übungsbrände bekämpft hat. Die Substanz steht im Verdacht, krebserregend zu wirken.Nach dem Ausbau des Flugplatzes, bei dem vertraglich der Bestand des Sees garantiert werden musste, wird dort nicht mehr geübt, doch die Rückstände im Boden sind geblieben. Sie werden vom Grundwasser aus dem höher gelegenen Flugplatzgelände über eine Drainage in den See getragen. Diese musste beim Ausbau extra angelegt werden, um den See vor dem Austrocknen zu bewahren - nun ist sie zum Fluch geworden. Für die Angler heißt dies: Der Märchen (kleines Maar) genannte See scheidet für unbekannte Zeit als Vereinsgewässer aus. Möglicherweise wird es ein Abschied für immer. Den Schaden hat auch die Gemeinde Binsfeld als Eigentümerin des rund einen Hektar großen Gesamtgeländes - sie verliert den Verein als zahlenden Pächter, einen Nachfolger wird es nicht geben.600 Euro hat der ASV für die Prüfung durch ein Labor investiert und Exemplare verschiedener Fischarten vom Institut Fresenius in Taunusstein untersuchen lassen. Die dabei festgestellten Werte enthalten allerdings noch keine Aussage über die tatsächliche Auswirkung der Stoffe bei Verzehr der Fische. ASV-Vorsitzender Dieter Faber: "Fresenius hat uns angeboten, die einzelnen Ergebnisse dahingehend noch einzeln zu erläutern."Martin Di Mauro vom ASV zeigt die Liste mit den Messergebnissen: 17 verschiedene Perfluor-Bestandteile wurden im Fleisch der Fische festgestellt. Die meisten Mengen entsprechen der natürlichen Konzentration, doch einen erschreckenden Spitzenwert um das fast Vierhundertfache erreicht die Perfluoroaktansulfonsäure (PFOS) - jener Stoff, der bis 2007 in Feuerlöschschäumen enthalten war.Wie es weitergeht, wissen weder die Angler noch der erste Beigeordnete von Binsfeld, Werner Pitsch. "Dem Verein geht es jedenfalls nicht gut. Wir dürfen zwar ein Gewässer im Naturschutzgebiet an den alten Tongruben beangeln, aber das nur sehr eingeschränkt. Im Märchen werden wir jedenfalls nicht mehr angeln, und die 2013 für 2000 Euro neu eingesetzten Fische können wir abschreiben", erklären Faber und Di Mauro. Man wolle mit der SGD Nord verhandeln, um dort etwas mehr Spielraum zu erhalten. Beigeordneter Pitsch sagt: "Der Bund als Eigentümer des Flugplatzgeländes ist für das Desaster verantwortlich und muss einen Ersatz stellen. Damit meinen wir die Anlage eines neuen Fischteichs auf der Gemarkung Binsfeld im PFT-sicheren Bereich. Binsfeld selbst kann das nicht stemmen. Dann wären wir pleite." Eine Stellungnahme der Verbandsgemeinde-Werke Wittlich-Land ist diese Woche zu erwarten. 2013 hatten die Werke PFT in ihrer Kläranlage Kailbachtal entdeckt. Bei der Ursachensuche im Kanalnetz war man auf den Binsfelder See gestoßen, dessen Wasser kontinuierlich in den Untergrund versickert und ebenso vom Oberflächenwasser des Flugplatzes nachgefüllt wird.Meinung

Nun ist der Bund gefordert Die Giftbelastung des Binsfelder "Märchens" wird nur in Milliardstel Gramm pro Liter Wasser bemessen. Eine direkte Gefahr vom See geht nach Expertenangaben nicht aus, zumal er bei der Trinkwasserversorgung keine Rolle spielt. Dennoch wird der Angelsportverein den Teich als Vereinsgewässer abschreiben müssen, ebenso die Ortsgemeinde Binsfeld die Pachteinnahmen aus ihrem See. Das Problem ist, dass die Fische das Zeug über Kiemen und Futter in sich anreichern und speichern. Wer will bei einem Vereinsfest Karpfen oder Hecht genießen, von dem es heißt, dass er krebserregende Substanzen enthält und vor dessen Verzehr eine Landesbehörde warnt? Der Gemeinde als Eigentümerin und dem Verein als Pächter bleibt nur ein Weg: den Bund als Eigentümer des Flugplatzgeländes in Regress nehmen - zur finanziellen Hilfe bei der Anlage eines Ersatzgewässers in einem "sauberen Bereich". Doch das wird dauern. mosel@volksfreund.deExtra

Die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord in Koblenz bewertet die Zukunft des Binsfelder Sees als hoffnungslos. Es sei nicht abzusehen, ab wann der Verzehr der Fische wieder empfehlenswert sei, sagt SGD-Nord-Sprecherin Sandra Hansen Spurzem. Nach der Analyse der Wasserproben liegt der Anteil des entscheidendenden PFT-Bestandteils Perfluoroaktansulfonsäure (PFOS) im Zulauf aus Richtung Air Base bei 3725 Nanogramm pro Liter (ein Nanogramm = ein Milliardstel Gramm pro Liter). Im Seewasser selbst wurden 3453 Nanogramm/Liter gemessen. PFOS ist eine Verbindung, die früher häufig in Feuerlöschschäumen enthalten gewesen war. Die Substanz steht unter dem Verdacht, krebserregend zu sein, ist biologisch nicht abbaubar und reichert sich im Muskelfleisch von Fischen an. Aufgrund der geringen PFOS-Konzentration mit rund 3500 Milliardstel Gramm pro Liter Wasser spricht die SGD-Regionalstelle Trier von einer noch "nicht gesundheitsgefährdenden Verunreinigung". Das Problem sei, dass die Fische die Substanz weiter anreicherten. Deshalb gelte die Nicht-Verzehr-Empfehlung der Behörde. Eine Sanierung des Sees durch einen kompletten Wasseraustausch ist laut Helmut Plum von der SGD zwecklos wegen der nachfließenden Eintragungen und der tiefgründigen Bodenbelastung im Drainagegefälle zwischen Flugplatzgelände und See. f.k.

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