Ausleihen verboten

Ohne die Lesehelfer aus Polen und Rumänien könnten die Moselwinzer ihre Weinernte nicht einbringen. Eine Reihe von Winzern beklagt nun, dass es gesetzlich nicht möglich sei, Saisonarbeitskräfte zwischen einzelnen Betrieben "auszuleihen". Wer dies dennoch tut, muss mit einem saftigen Bußgeld rechnen.

 Polnische Saisonarbeiter helfen derzeit bei der Weinlese. Sie müssen eine Arbeitsgenehmigung haben und zur Sozialversicherung angemeldet sein. TV-Foto: Winfried Simon

Polnische Saisonarbeiter helfen derzeit bei der Weinlese. Sie müssen eine Arbeitsgenehmigung haben und zur Sozialversicherung angemeldet sein. TV-Foto: Winfried Simon

Trittenheim/Bernkastel-Kues. Winzer Wolfgang Bollig aus Trittenheim ist sauer. Zwei polnische Lesehelfer hat er für die Weinlese engagiert, genauso wie sein Bruder Otto, der ebenfalls in Trittenheim ein Weingut führt. Otto Bollig hat viele frühreifende Rebsorten, Bruder Wolfgang mehr spätreifende. Warum also nicht die polnischen Leser seines Bruders ausleihen, wenn dieser weniger Arbeit für sie hat?, dachte sich Wolfgang Bollig.

Der Winzer erkundigte sich bei der Geschäftsstelle des Bauern- und Winzerverbandes in Wittlich. Die Auskunft war für Bollig wenig erfreulich. "Das ist nicht erlaubt und war auch noch nie erlaubt", lautete die eindeutige Antwort von Kreisgeschäftsführer Wilfried Servatius.

Winzer, die beim Kollegen Lesehelfer, die sie selbst nicht angemeldet haben, ausleihen, handelten illegal. Die Helfer arbeiten in einem solchen Fall schwarz und sind auch nicht versichert. Servatius warnt: "Es gab bereits Fälle, wo ein illegal beschäftigter Pole im Weinberg schwer verunglückte. So etwas kann sehr teuer werden und dem Betrieb die Existenz kosten."

Thomas Mares, Pressesprecher der Agentur für Arbeit, Trier, stellt klar: "Die Zulassung von osteuropäischen Saisonarbeitskräften ist immer auf einen Betrieb beschränkt. Man stelle sich vor, ein Betrieb würde 30 Polen anfordern, und diese auf andere Betriebe verteilen. Dem Missbrauch wären dann Tür und Tor geöffnet."

Ab 2011 keine spezielle Arbeitsgenehmigung mehr



Derzeit kontrollieren Mitarbeiter der Zollverwaltung verstärkt die Weinbaubetriebe auf illegale Beschäftigung. Wird ein Winzer erwischt, droht ihm ein saftiges Bußgeld. Bollig: "Das kann doch nicht wahr sein. Es dreht sich doch in der Regel nur um ein paar Tage, wo der Helfer in einem anderen Betrieb, der gerade dringend Leute braucht, aushilft." Bollig ist sich sicher, dass sehr viele seiner Berufskollegen genauso denken, sich aber nicht trauen, dies laut zu sagen. Bollig: "Wir Winzer werden permanent kontrolliert. Und es trifft mal wieder die Steillagen-Winzer, die keine Lesemaschinen einsetzen können."

Kreisbauernverbands-Geschäftsführer Servatius dazu: "Eine einfachere Regelung würden wir uns alle wünschen. Der Verband hat in den vergangenen Jahren vieles im Sinne der Winzer durchsetzen können, doch in diesem Fall geht nichts."

So wurde vor einem Jahr unter anderem die Beschäftigungsdauer der osteuropäischen Saisonarbeitskräfte von vier auf sechs Monate verlängert. Servatius weist darauf hin, dass zwei Betriebe gemeinsam einen Antrag auf Arbeitserlaubnis beim Arbeitsamt stellen. In diesem Fall könne der Leserhelfer auch in beiden Betrieben arbeiten.

Ab 2011 brauchen die polnischen Helfer allerdings keine spezielle Arbeitserlaubnis mehr. Ab Mai 2011 gilt die Freizügigkeit für polnische und voraussichtlich ab 1. Januar 2012 auch für rumänische und bulgarische Arbeitnehmer in allen Ländern der EU.

Illegale Beschäftigung:

Extra Illegale Beschäftigung: Die Abteilung Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Hauptzollamtes Koblenz führt regelmäßig Kontrollen durch. Für polnische Saisonarbeitskräfte im Weinbau gilt unter anderem: Erntehelfer im Weinberg, die hierfür die entsprechende Arbeitserlaubnis erhalten haben, dürfen beim Arbeitgeber für keine anderen Arbeiten wie Abfüllen, Etikettieren, Bedienen in der Straußwirtschaft oder Weinausliefern eingesetzt werden. Richtwerte des Hauptzollamts für Verstöße: Wird zum Beispiel ein polnischer Erntehelfer, der ordnungsgemäß zur Sozialversicherung angemeldet und für den die Einstellungszusage erteilt wurde, beschäftigt ohne dass die Arbeitsgenehmigung vorliegt, kann für jeden Tag, an dem er beschäftigt wurde, ein Bußgeld von 100 Euro erhoben werden. Sollte der polnische Arbeitnehmer ohne jegliche Anmeldung, also vollkommen "schwarz" beschäftigt sein, so kann gegen den Arbeitgeber pro Tag der Beschäftigung ein Bußgeld von 500 Euro erhoben werden. Diese Regelung gilt bei Fahrlässigkeit. Bei Vorsatz in der Person des Arbeitgebers kann sich das Bußgeld auf 1000 Euro pro Tag erhöhen. (sim)

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