Ausschuss stimmt ab: Thalfanger Verbandsgemeinderat soll über umstrittene Vorlage entscheiden

Thalfang · Zu wenige Stühle für die Neugierigen im Thalfanger Konferenzzimmer, ein Bürgermeister, der die Zuhörer mehrfach zur Ruhe mahnen muss, Bürger, die sich im Anschluss an die Sitzung empören: Bei der Sitzung des Thalfanger Haupt- und Finanzausschusses ist deutlich geworden, wie die Emotionen beim Thema Kommunalreform hochkochen.

 Viele Zuschauer hören bei der Sitzung des Thalfanger Haupt- und Finanzausschusses zu. TV-Foto: Christoph Strouvelle

Viele Zuschauer hören bei der Sitzung des Thalfanger Haupt- und Finanzausschusses zu. TV-Foto: Christoph Strouvelle

Foto: Christoph Strouvelle (cst) ("TV-Upload Strouvelle"

Thalfang. Die 20 Besucherstühle im Konferenzzimmer des Thalfanger Rathauses sind schon lange vor dem Beginn der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses der Verbandsgemeinde komplett besetzt. Als Bürgermeister Marc Hüllenkremer diese eröffnet, drängeln sich weitere 25 Neugierige entlang den Wänden und in der Eingangstür. Für weitere 30 ist kein Platz mehr, sie verfolgen die Sitzung, so gut es geht, im Flur vor dem Tagungsraum. Der Grund des starken Bürgerinteresses ist ein Beschlussvorschlag, der vom Lenkungsgremium zum Thema Kommunalreform erarbeitet worden ist und kommende Woche im Thalfanger Verbandsgemeinderat behandelt werden soll (der TV berichtete). Darin wird vorgeschlagen, dass die VG Thalfang als Ganzes eine Fusion mit der Einheitsgemeinde Morbach anstreben soll. Gleichzeitig wird der VG Schweich ein Ultimatum zum 31. Oktober 2016 gesetzt, bis zu dem sie sich zu einer möglichen Aufnahme der Ortsgemeinden Heidenburg, Büdlich und Breit positionieren soll.

Sechs Mitglieder des Ausschusses haben bei einer Enthaltung für die Vorlage gestimmt, drei weitere, darunter auch Hüllenkremer, dagegen. Der Entscheidung ist eine Diskussion vorausgegangen, in der sich die Landtagsabgeordnete Bettina Brück von der SPD, Winfried Welter von der CDU und Werner Breit von der FDP für die Vorlage und damit für Fusionsverhandlungen mit Morbach stark gemacht haben. Mehrfach hat Hüllenkremer die sichtlich erregten Zuschauer wegen Zwischenrufen zur Ruhe mahnen müssen. Brück sagt, Gespräche mit der VG Hermeskeil seien von deren Seite ins Stocken gekommen, eine Verflechtung mit Birkenfeld der Bevölkerung nur schwer zu vermitteln. Eine neue große Kommune mit Morbach sei deshalb naheliegend. "Eine freiwillige Fusion kann einträglich sein", sagt sie. Der Bevölkerung sei der Erhalt der Infrastruktur wichtig. "Es ist richtig, mit Morbach zu verhandeln", sagt Breit. Dazu verteidigt er das gesetzte Ultimatum. Die Bürger der betroffenen Ortsgemeinden hätten das Recht zu wissen, ob Schweich sie will, sagt er. Hüllenkremer sagt, nur mit einer Nachbarkommune zu verhandeln, schwäche die eigene Position und möchte weiter mit Birkenfeld und Hermeskeil reden.Kommunal reform



Siegbert Ott von der CDU kritisiert die VG Schweich ("Morbach weiß alles, warum Schweich nicht") und betont, dass die VG Hermeskeil nach wie vor Interesse an seinem Heimatort Malborn habe. Ein Antrag von Berthold Jung, Freie Wählergruppe Erbes kopf, mit allen umliegenden Gemeindeverbänden Gespräche zu führen, wird abgeschmettert. Sein Vorschlag, eine Infoveranstaltung für Bürger zu organisieren, wird hingegen von anderen Ausschussmitgliedern begrüßt. Sein Fazit "Ich möchte keine Entscheidung ohne Bürger, nur durch das Diktat des VG-Rats" wird von den Zuhörern laut beklatscht.

Stefan Thömmes von der Neuen Liste zeigt sich "bestürzt" über den Beschlussvorschlag, denn es sei klar, dass nicht alle Ortsgemeinden zustimmten. "Das bedeutet Zerschlagung", sagt er zur Zukunft der VG Thalfang. Es sei nicht nachvollziehbar, nicht mehr mit Hermeskeil zu reden.
Welter sagt, die Bürgervoten in den einzelnen Ortsgemeinden seien "ohne viel Info" erfolgt. Zudem gebe es von Hermeskeil keine Signale für Gespräche. Seine Äußerung "Vielleicht haben wir sie aufgeschreckt, so dass sie wieder mit uns reden", wurde von den Zuhörern mit Gelächter kommentiert. Welter und Brück sprechen sich für eine Infoveranstaltung für Bürger aus, in der auch erklärt werden könne, was eine Einheitsgemeinde sei und wie sie funktioniere.

Die Zuschauer, davon die meisten sichtlich gegen eine Fusion zu einer Einheitsgemeinde und für einen Wechsel zur jeweils benachbarten Kommune wie Schweich und Hermeskeil, haben nach der Sitzung vor dem Rathaus weiter diskutiert und sich über zahlreiche Details der bisherigen Verhandlungen sowie über Äußerungen von Ausschussmitgliedern erregt. "Wann werden die Zahlen an Schweich geliefert? Welche Ordnung ist in der Verwaltung?" fragt Hildegard Kolz von der Heidenburger BI Pro Schweich. Derzeit ist eine externe Fachkraft damit befasst, die angeforderten Zahlen zu ermitteln. Laut Christiane Horsch, Bürgermeisterin der VG Schweich, handelt es sich bei den erbetenen Zahlen um Länge und Alter der Wasser- und Abwasserkanäle in den nach Schweich tendierenden Ortsgemeinden Heidenburg, Breit und Büdlich.Meinung

Besser spät als nie
Einige Dörfer der Verbandsgemeinde Thalfang favorisieren eine Fusion mit der Einheitsgemeinde Morbach, die anderen mit der VG Hermeskeil, und ein paar Thalfanger Gemeinden zieht es in die VG Schweich. An und für sich nichts Ungewöhnliches im Vorfeld einer Fusion zweier Verbands- beziehungsweise einer Verbands- mit einer Einheitsgemeinde. Doch in Thalfang ist die Lage offenbar besonders verfahren, die Fronten scheinen besonders verhärtet zu sein. Daran wird auch eine Informationsveranstaltung über Vor- und Nachteile einer Einheitsgemeinde nichts ändern. Denn wer sich in Thalfang mit dem Thema Fusion beschäftigt, sollte sich auch bereits über die Strukturen in einer Einheitsgemeinde informiert haben. Derzeit sieht es danach aus, dass in Thalfang bis kurz vor Toresschluss Uneinigkeit herrschen wird. Vermutlich kann erst eine Absage aus Schweich oder Hermeskeil die Diskussion beenden - falls sich die beiden Wunschpartner gegen die Aufnahme einzelner Dörfer entscheiden. Spätestens dann sollten alle das akzeptieren. Denn bevor es eine Zwangsfusion gibt und damit noch mehr böses Blut, muss Einigkeit herrschen. Unter den Gemeinden der Verbandsgemeinde Thalfang und auch mit dem neuen Fusionspartner. p.willems@volksfreund.deExtra

Der Hermeskeiler Bürgermeister Michael Hülpes sagt, es gebe in seiner VG eindeutige Beschlüsse zur Aufnahme der gesamten VG Thalfang oder einzelner Ortsgemeinden. "Wir sind jederzeit gesprächsbereit", sagt er. Allerdings will er das Land zusätzlich als Gesprächspartner mit am Tisch haben, damit wegen der finanziellen Situation eine gemeinsame Lösung erarbeitet werden kann. Hülpes: "Alles andere ist dummes Zeug." cst

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