Autos auf Schleichwegen - Was Wittlich aus der Verkehrsstudie lernen kann

Wittlich · Wenn die Kurfürstenstraße für den Verkehr gesperrt wird, weichen Verkehrsteilnehmer über die Beethovenstraße und den Sporgraben aus, um an ihr Ziel zu kommen. Dies ist Ergebnis des Gutachtens der Stadt Wittlich zum Verkehrsversuch, bei dem Fahrzeuge über den Parkplatz Oberstadt umgeleitet wurden.

Wittlich. Was geschieht, wenn die Kurfürstenstraße zwischen Schlossgalerie und Fürstenhof für Verkehrsteilnehmer so unattraktiv gemacht wird, dass sie sich andere Wege suchen? Dies wollte der Stadtrat Wittlich wissen. Deshalb wurde erst der Verkehr an Messpunkten gezählt. Dann ließ die Verwaltung in Zusammenarbeit mit den Werken den Verkehr über den Schotterparkplatz in der Oberstadt umleiten, um schließlich erneut zählen zu lassen, wo wie viele Autos fuhren. Das war vor rund einem Jahr. Das Ergebnis der Zählung liegt dem TV nun vor. Aufgrund der Umleitung des Straßenverkehrs fuhren am Tag der Messung Anfang November 4500 Fahrzeuge weniger durch den Abschnitt der Kurfürstenstraße als am Vergleichsmesstag ohne Sperrung. Dafür waren in der Beethovenstraße rund 1200 und in der Himmeroderstraße rund 750 Fahrzeuge mehr unterwegs. Und die restlichen rund 2250? Das lässt sich aufgrund der Anordnung der zehn Zählstellen nicht genau sagen. Das Büro Modus Consult geht in seinem Gutachten "Fortschreibung Verkehrsmodell 2011" davon aus, dass "ein nicht unerheblicher Teil aufgrund der Teilsperrung großräumig um Wittlich herum verdrängt" worden ist (siehe Extra). Die Verkehrsexperten glauben, dass mehr Autos über das B 49-Stück zwischen Friedrich- und Kurfürstenstraße gefahren sind.
Die Teilsperrung der Kurfürstenstraße hat vor allem bei Anwohnern in den Nachbarstraßen im Bereich Sehlemet für Protest gesorgt. Diese hatten die Zunahme des Autoverkehrs befürchtet (der TV berichtete). Ob dem so ist, lässt sich aus dem Zahlenwerk nur indirekt herauslesen. Zählstellen in den Straßen Oberer und Unterer Sehlemet werden in den Unterlagen nicht aufgeführt. Fest steht, dass beispielsweise an den Kontrollpunkten Talweg und Beethovenstraße/Kurfürstenstraße am Messtag während der Sperrung 662 Fahrzeuge mehr unterwegs waren als am Messtag vor der Sperrung. Am Kontrollpunkt an der Einmündung der Beethovenstraße in die Friedrichstraße wurden jedoch nur noch 448 zusätzliche Fahrzeuge gemessen. Während sich auf dem Weg nach Norden Fahrzeuge in Luft aufzulösen scheinen, verdoppelt sich die Zahl der Wagen zwischen beiden Beethovenstraße-Messpunkten nahezu von 315 auf 615.
Ein ähnlicher Schwund ist in der Friedrichstraße zu beobachten. Vor den Abfahrten in die Straßen Unterer und Oberer Sehlemet waren am Sperrtag 502 Autos weniger unterwegs als normal. Am Messpunkt hinter den Wohnstraßen strebten nur noch 245 Verkehrsteilnehmer gen Stadtausgang Richtung Lüxem.

Vertreter der Stadt Wittlich informieren am Mittwoch, 26. September, 19 Uhr, in der Synagoge über die Ergebnisse des Verkehrsversuchs.
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Meinung

Wo ist der Erkenntnisgewinn?
Wenn ich eine Straße sperre, sucht sich der Verkehr alternative Wege. Diese Binsenweisheit ist offensichtlich Grundessenz des Verkehrsversuchs, der die Stadt und damit die Wittlicher 38 000 Euro gekostet hat. Wo diese alternativen Wege sind, geht aus den Untersuchungen nur bruchstückhaft hervor. Fest steht hingegen, dass sich Fahrzeuge nicht in Luft auflösen und der Sehlemet kein Bermuda-Dreieck ist, das einfahrende PKW verschwinden lässt. Was will uns also dieser Verkehrsversuch sagen? Vielleicht wird es darauf bei der Einwohnerversammlung eine Antwort geben. Fragen gibt es jedenfalls genug. Zum Beispiel die, warum sich in den Unterlagen der Verkehrsplaner keine Zählstationen in den Sehlemet-Straßen, in der Gleiwitzer-Straße oder in Lüxem finden. Womöglich hätten diese Zählstellen Aufschluss über die alternativen Wege der Verkehrsteilnehmer gegeben. Stattdessen ist von großräumiger Verdrängung um Wittlich herum die Rede. Das ist eine blumige Umschreibung der Tatsache, dass niemand weiß, welchen Weg mehr als die Hälfte der Autofahrer während des Verkehrsversuchs genommen hat, die nicht über den Schotterparkplatz buckeln wollten. Wo ist da der Erkenntnisgewinn? h.jansen@volksfreund.deGutachten:

Extra

Gutachten: Alle Behörden sind aufgrund des Informationsfreiheitsgesetzes verpflichtet, Einsicht in ihre Unterlagen zu gewähren. Das Gesetz sichert jedem Bürger ein allgemeines Informationszugangsrecht für Behördenunterlagen zu. Informationen gibt es im Internet unter der Adresse www.datenschutz.rlp.de/infofreiheit/de/index.php

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