Barrieren sind noch nicht abgebaut

Bernkastel-Kues · Ein barrierefreier Zugang zu Geschäften, Restaurants und öffentlichen Gebäuden sollte eigentlich selbstverständlich sein. Doch Menschen mit Körperbehinderungen müssen nach wie vor um ihre Rechte kämpfen. Denn das Bewusstsein für die Probleme fehlt noch vielfach.

 Einmal im Monat treffen sich die Mitglieder des BSK Mittelmosel in Bernkastel-Kues zum Boccia. Andere Freizeitbeschäftigungen sind für sie schwierig, weil der freie Zugang zu Gebäuden noch nicht selbstverständlich ist. TV-Foto: Nora John

Einmal im Monat treffen sich die Mitglieder des BSK Mittelmosel in Bernkastel-Kues zum Boccia. Andere Freizeitbeschäftigungen sind für sie schwierig, weil der freie Zugang zu Gebäuden noch nicht selbstverständlich ist. TV-Foto: Nora John

Bernkastel-Kues. Die UN-Konvention, die seit zwei Jahren auch für Deutschland gilt, ist eindeutig: Menschen mit einer Behinderung müssen uneingeschränkt an der Gesellschaft teilnehmen können. Sie sollten an Festen teilnehmen können und dort auch geeignete Toiletten vorfinden. Ihnen steht zudem das Recht zu, dass Gebäude zugänglich gemacht werden.
"Es hat sich viel getan", sagt Anita Reichert, die Vorsitzende des Bundesverbands Selbsthilfe Körperbehinderte (BSK) im Bereich Mittelmosel. Ein Beispiel, wo es gelungen ist, ein Gebäude barrierefrei umzubauen, ist die Güterhalle in Bernkastel-Kues. Auch bei der Neugestaltung des Gestades wurden Belange der Körperbehinderten mit einer Absenkung der Bordsteine berücksichtigt, bestätigt Artur Greis, der Vorsitzende des Behindertenbeirates beim Kreis Bernkastel-Wittlich.
Auch Behindertentoiletten gibt es in Bernkastel-Kues bei der Verbandsgemeinde und eine weitere bei der Touristinformation. Doch die ist ab 18 Uhr nicht mehr zugänglich.
Von einer selbstverständlichen Teilhabe an der Gesellschaft kann nach Ansicht der Betroffenen noch nicht geredet werden. Gisela Degen, stellvertretende Vorsitzende des BSK Mittelmosel, die durch eine Muskelerkrankung auf den Rollstuhl angewiesen ist, muss wie andere Betroffene bei allen Vorhaben erst im Vorfeld einmal prüfen, wie die Bedingungen für sie sind. Zum Beispiel ist ein Besuch auf einem Straßenfest häufig ein Problem, weil es an geeigneten Toiletten mangelt. Das müsste nicht sein, sagt Anita Reichert, denn die mobilen Toiletten gibt es auch barrierefrei. Es fehle das Bewusstsein, beklagen Reichert und Degen. Das macht sich auch im täglichen Leben bemerkbar, weil Behindertenparkplätze blockiert werden. "Wir brauchen mehr Platz zum Ein- und Aussteigen", beklagt die ebenfalls schwer gehbehinderte Marlene Schneider. Auch Klaudia Jung, die halbseitig gelähmt ist, hat schon schlechte Erfahrungen gemacht, weil sie im Bus keinen Sitzplatz bekam.
Dabei sieht Anita Reichert auch Chancen für die Touristik der Moselregion, die eben auch für Reisende mit Behinderung interessant ist.
Reichert verweist auch auf die zunehmende Zahl von älteren Menschen, die weniger mobil sind. Das bestätigt das Statistische Landesamt. Demnach liegt der Anteil der Schwerbehinderten im Landkreis Bernkastel-Wittlich bei acht bis neun Prozent. Aus den Landeszahlen lässt sich auch ablesen, dass die Menschen immer älter werden. Lag das Durchschnittsalter in der Region Trier im Jahr 1970 bei 32 Jahren, so war es 2006 schon auf 41 Jahre angestiegen. Den Prognosen nach soll es im Jahr 2050 bei 51 Jahren liegen.Meinung

Wichtiges Thema
Barrierefreiheit ist ein Thema, das viele angeht. Denn nicht nur diejenigen, die selbst im Rollstuhl sitzen, brauchen freien Zugang zu Geschäften, Lokalen und öffentlichen Gebäuden. Auch immer mehr ältere Menschen sind mit Rollator unterwegs und können gar nicht oder nur schlecht Treppen steigen. Deshalb wird es Zeit, dass Barrieren abgebaut werden. In den Gebäuden und den Köpfen. n.john@volksfreund.de Im Kreis Bernkastel-Wittlich gibt es einen Behindertenbeirat. Die 15 ehrenamtliche Mitglieder, selbst Betroffene oder deren Angehörige, kümmern sich um die Belange von Menschen mit Behinderungen und setzen sich für deren Bedürfnisse ein. Vorsitzender ist Artur Greis, Telefon 06542/22494. Vorsitzende des BSK Mittelsmosel ist Anita Reichert, Telefon 06534/940066. Informationen über barrierefreies Reisen gibt es beim BSK-Reiseservice, Telefon 06294/428150.

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