Bauer sucht Kuh - Seit einem Jahr sind zwei Wiederkäuer in der Eifel auf der Flucht

Manderscheid · Das Leben auf dem Land schreibt ku(h)riose Geschichten. Der Ruf der Wildnis war für zwei Kühe eines Landwirts bei Manderscheid bislang stärker als der Hunger und die Vorliebe für ein Dach über dem Kopf. Jetzt fordert die Kreisverwaltung: Sie müssen eingefangen werden.

Manderscheid. Eine Kuh macht Muh, viele Kühe machen Mühe - ein bei Narren beliebter Spruch, über den ein Landwirt aus der VG Manderscheid wohl nur müde lächeln kann. Denn zwei kühne Kühe bereiten ihm schon seit einem Jahr große Mühe. Zumindest theoretisch. Denn praktisch sind sie gar nicht mehr da. Oder besser gesagt: irgendwo. Aber wo? Das weiß er nicht so genau.
Denn sie sind geflüchtet, schon vor einem Jahr. Seitdem treiben sich die beiden abtrünnigen Damen im Wald zwischen Manderscheid und Großlittgen herum. Wanderer bekommen sie hier und da zu Gesicht. Die freiheitsliebenden Vierbeiner lassen keinen Menschen nah an sich heran. Dabei sind sie wahre Kämpfernaturen: Es grenzt an ein Wunder, dass sie den Eifeler Winter überlebt haben.
Ihre Geschichte beginnt im Frühjahr 2011. Drei Rinder des Landwirts büxen aus. Sie alle sollen trächtig gewesen sein. Eine kommt zurück, die anderen beiden versteckten sich. Versuche, sie einzufangen, schlagen fehl. Die Kälber, die sie zwischenzeitlich auf die Welt gebracht haben, scheint niemand mehr gesehen zu haben. Gerüchte besagen, sie seien im Winter gestorben.
Wie es mit den beiden Kühen weitergehen soll, das weiß wohl niemand so recht. Denn eigentlich stören sie ja nicht, so mitten im Wald, und eine Gefahr für die Menschen sind die scheuen Gesellen auch nicht. Noch nicht einmal eine Straße ist in der Nähe, also sind Zusammenstöße mit nichtsahnenden Autofahrern unwahrscheinlich. Die Polizei meldet keinerlei Probleme.
Lässt man den Vierbeinern also einfach ihre Freiheit? Ganz so einfach ist es nicht. Denn zwar geht es den Tieren auf den grünen Weiden und an der Lieser aktuell sicher gut, sagt Revierförster Georg Fox, der die Flüchtigen zweimal aus der Ferne im Gebüsch gesehen hat. Aber es ist unwahrscheinlich, dass sie auch den nächsten Winter überleben werden, geben Tierschützer zu Bedenken.
Landwirt muss füttern


Um zu verhindern, dass die Kühe verhungern, hat die Veterinärbehörde der Kreisverwaltung dem Landwirt aus Tierschutzgründen aufgetragen, sie zu füttern und vor der Witterung zu schützen. Außerdem muss er sie bis Ende April einfangen und in einen Stall oder auf eine eingezäunte Weide bringen, erklärt Behördensprecher Alfons Kuhnen. Aber wie? Schließlich sind die ausgewilderten Wiederkäuer mit der Zeit immer scheuer geworden und suchen sich die entlegensten Stellen im Wald. Immerhin: Nachdem sie ein paar Tage lang verschwunden waren, hat der Landwirt sie jetzt zumindest wieder entdeckt.
Betäuben könnte man die Tiere allerdings nur auf 20 Meter Entfernung. Und so nah kam bislang niemand an sie heran. Deshalb können sie auch nicht geschossen werden, denn laut Tierschutzrecht müssten sie zuvor betäubt werden, weil es keine Wildtiere sind, erklärt Fox.
Also bliebe noch das Locken mit einem potenziellen Liebespartner - wie im Sommer in Oberbayern, als Stier Ernst der ausgerissenen Milchkuh Yvonne schöne Augen machen sollte. Am Ende richteten es aber nicht die Triebe, sondern ein Betäubungsmittel.
Der Manderscheider Stadtbürgermeister Günter Krämer, selbst Landwirt und Herr über einen Stall voller Kühe, sieht\'s pragmatisch: "Wenn erst mal die Herde wieder auf der Weide steht, erkennen sie ihre Artgenossen und stellen sich dazu." Jedem Landwirt büxe hin und wieder ein Tier aus, aber normalerweise fange dieser die Vierbeiner schnell wieder ein. Der nach seinen Wiederkäuern forschende Bauer will aber noch von mehr gefleckten Viechern wissen, die frei herum laufen. Tja, manchmal ist die Freiheitsliebe eben besonders stark …Extra

57 Verstöße gegen den Tierschutz hat die Kreisverwaltung im vorigen Jahr bei der Haltung von Nutztieren festgestellt. Zehn Mal wurde ein Bußgeld fällig. Meist ging es um Rinder, Pferde, Schafe und Ziegen, die nicht artgerecht versorgt wurden, teilt die Kreisverwaltung auf TV-Nachfrage mit. Ähnlich viele Verstöße - 52 - gab es bei der Haltung von Haustieren, also vor allem Hunden und Katzen. 15-mal mussten Halter hier ein Bußgeld zahlen. uq

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