Energie Bauern- und Winzerverband warnt vor mehr Photovoltaik in der Fläche: „Für uns ist das existenzgefährdend“

Bernkastel-Wittlich · Der Bauern- und Winzerverband warnt vor der Ausweisung von immer mehr Photovoltaikgebieten auf landwirtschaftlichen Flächen.

  Auf landwirtschaftlich genutzten Flächen entstehen immer häufiger Photovoltaik-Anlagen. Das gefällt den Bauern gar nicht.

Auf landwirtschaftlich genutzten Flächen entstehen immer häufiger Photovoltaik-Anlagen. Das gefällt den Bauern gar nicht.

Foto: Angelina Burch

In den vergangenen Monaten haben immer mehr Verbandsgemeinden ihre Flächennutzungspläne so geändert, dass auch auf landwirtschaftlich genutzten Flächen Solarparks gebaut werden können. Das ermöglicht es allen Eigentümern dieser Flächen, wozu auch viele Ortsgemeinden zählen, dort in Zukunft Photovoltaik-Anlagen zu betreiben. Der Bauern- und Winzerverband schlägt jetzt Alarm. „Wir beobachten diese Vorgehensweise der Verbandsgemeinden sehr kritisch. Das ist für uns Bauern existenzgefährdend. Die Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues hat fast ein Drittel ihrer landwirtschaftlichen Nutzfläche für die Photovoltaik ausgewiesen,“ sagt Manfred Zelder, Vorsitzender des Bauern- und Winzerverbands im Landkreis.

Die Ausweisung der Flächen bedeutet allerdings noch nicht, dass dort auch solche Anlagen gebaut werden können. Darüber entscheidet schlussendlich der Gemeinderat der Ortsgemeinden, denen diese Flächen gehören. Aber: Erst der Flächennutzungsplan, den die Verbandsgemeinde schreibt, ermöglicht das. Im Durchschnitt sind 60 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen von Ortsgemeinden gepachtet, nur 40 Prozent sind im Eigentum der Landwirte.

„Es gibt natürlich auch Landwirte, die sich so ein Zubrot verdienen wollen, was verständlich ist“, sagt Zelder. Prinzipiell sei das aber eine bedenkliche Entwicklung. Sein Verband rechnet das vor: Bei 4,5 Cent pro Kilowattstunde und einer 60-prozentigen Deckung der Fläche würde man auf Einnahmen von cirka 60 000 Euro im Jahr kommen – bei einer Fläche von einem Hektar, die im Durchschnitt 2000 Euro Pacht im Jahr koste. Das sind Zahlen, die sich durchaus sehen lassen können. „Da entsteht eine neue Konkurrenz zwischen Teller und Energie,“ sagt Zelder in Anspielung darauf, dass die Landwirtschaft letztendlich unsere Nahrung liefert. Bei kleinen Flächen im einstelligen Hektarbereich sei das noch in Ordnung. Aber bei großen Flächen sei es bedenklich, weil diese dann nicht mehr für die Landwirtschaft zur Verfügung stehen. „Das führt auch zu Veränderungen im Mikroklima, im Sommer stellen sich doch keine Tiere unter diese Kollektoren,“ sagt Zelder und verweist auf die dunkle Farbe der Kollektoren, die Wärme anzieht. Fauna und Flora würden sich verändern. Zudem: „Wenn wir soviel Fläche verlieren, dann müssen wir die übrigen Flächen intensiver bearbeiten. Mehr Photovoltaik ist ein Schritt in intensivere Landwirtschaft,“ so Zelder. Aber gerade die extensive Landwirtschaft sei aus Umweltgründen wichtig. Für Zelder steht fest: „Das ist ein Dammbruch. Da müssen wir handeln.“

Wie sehen die Bürgermeister der Einheits- und Verbandsgemeinden im Kreis diese Problematik? Der TV hat nachgefragt.

Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues: Der Haupt- und Umweltausschuss der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues hatte bereits vor zwei Jahren die Vergabe über die Erstellung einer Standortkonzeption für Photovoltaik-Freiflächenanlagen in der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues beschlossen. Wie Bürgermeiser Leo Wächter bestätigt, seien zwischenzeitlich die Nachfragen nach geeigneten Standortflächen im Gebiet der Verbandsgemeinde stark angestiegen und in einzelnen Gemeinden konkretisierten sich demnach schon entsprechende Planungen.

Vorher sei untersucht worden, inwieweit geeignete Flächen für die Nutzung der Sonnenenergie mittels erdgebundener Photovoltaikanlagen (Solarparks ab einer Größenordnung von zwei Hektar) ausgewiesen werden können. Wächter: „Die Studie zeigt auf, in welchen Bereichen Eignungsflächen liegen, die naturschutzrechtlichen und raumordnerischen Anforderungen genügen und auf denen Nutzungskonflikte, zum Beispiel mit Landwirtschaft und Naherholung minimiert werden können. Schließlich habe im Sommer 2020 ein Fachbüro die Zwischenergebnisse präsentiert. Wächter: „Mit der Standortkonzeption „Photovoltaik“ soll erreicht werden, dass die Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues für eine Steuerung der Photovoltaikanlagen auf bestimmten Eignungsflächen im Verbandsgemeindegebiet einsteht. Eine strenge Ausschlusswirkung wie im Bereich der Sonderbauflächen für Windenergie wird mit einer solchen Konzeption zwar nicht erzielt, jedoch würde die Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues klarstellen, in welchen Bereichen schwerpunktmäßig Photovoltaikfreiflächenanlagen zukünftig erstellt werden sollen.“

Einheitsgemeinde Morbach: Die Gemeinde Morbach hat in ihrem Flächennutzungsplan keine Flächen für Photovoltaikanlagen außerhalb von Konversionsflächen ausgewiesen. Diese Ausweisungen konzentrieren sich bislang auf das Gebiet der Energielandschaft Morbach. Wie Morbachs Bürgermeister Andreas Hackethal erläutert, seien weitere Freiflächenanlagen auf der Gewerbebrache des ehemaligen Sägewerkes in Hinzerath auf einer gewerblichen Baufläche entstanden.

Er macht aber auch klar: „Einer weiteren Ausdehnung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen auf landwirtschaftlichen Flächen steht die Gemeinde hingegen sehr kritisch gegenüber, da in der Gemeinde weitere Flächenkonkurrenzen zur Landwirtschaft zusätzlich zu notwendigen Ausweisungen von Wohnbauflächen, gewerblichen Bauflächen und Naturschutzflächen vermieden werden sollen.“

 Deshalb habe die Gemeinde auch bereits im Rahmen des Anhörungsverfahrens zur Fortschreibung des Regionalen Raumordnungsplanes der Region Trier im Mai 2014 eine kritische Stellungnahme zur geplanten Standortvorsorge für Photovoltaik durch die Regionalplanung abgegeben. Demnach sollte die Priorität bei Photovoltaik auf die Nutzung von Dachflächen oder auch von Gewerbebrachen, die für eine gewerbliche Nutzung nicht mehr in Frage kommen, gelegt werden.

Verbandsgemeinde Traben-Trarbach: Im Bereich der VG Traben-Trarbach stehen rund 400 Hektar mögliche Eignungsflächen für die Errichtung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen zur Verfügung. Dies entspricht rund zwei Prozent des Gebietes der Verbandsgemeinde, erklärt Bürgemeister Marcus Heintel. Diese Eignungsflächen wurden anhand eines Kriterienkataloges ermittelt. Generell nicht berücksichtigt wurden neben anderen zugrunde gelegten Kriterien unter anderem von der Landwirtschaftskammer als sehr hochwertig eingestufte landwirtschaftliche Flächen.

 Heintel: „Die Frage, auf welche Flächen man letztendlich zurückgreift, ist immer im einzelnen Fall der Flächennutzungsplanung zu klären. Grundsätzlich kommen wir nach meiner Auffassung im konkreten Fall den landwirtschaftlichen Belangen durch Berücksichtigung der Anregungen der Landwirtschaftskammer entgegen, indem unsererseits bereits auf geeignete Flächen verzichtet wurde. In solchen Fragen muss immer eine Abwägung der gegensätzlichen Interessen erfolgen. Ich gehe daher davon aus, dass dem mit unserer laufenden Planung entsprochen wird und eine ausgewogene Flächenkulisse entsteht.“

Verbandsgemeinde Wittlich-Land: Bürgermeister Dennis Junk betont die Bedeutung eines Kompromisses zwischen den Landwirten und den Betreibern von Photovoltaik. Er nennt ein zwar konstruiertes, aber dennoch mögliches Beispiel: Ein Landwirt verpachtet sein eigenes Land an den Betreiber einer Photovoltaikanlage. Zusätzlich hat er weiteres Land etwa von einer Ortsgemeinde oder einem anderen Eigentümer gepachtet, um dort weiter Landwirtschaft zu betreiben.

Was passiert, wenn dieser Eigentümer nun auch Photovoltaik auf seinem Gelände machen will und den Pachtvertrag mit dem Landwirt nicht verlängert, sondern kündigt, um das Land fortan für Solarenergie zu nutzen? Das Konfliktpotenzial sei demnach hoch, wenn man keine Regelungen findet, so Junk. Und diese Regelungen sollten auf der gesamten Ebene der Verbandsgemeinde gelten.

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