Baujahr 1957: Waschmaschine seit 55 Jahren im Einsatz

Traben-Trarbach · Die vermutlich älteste aktive Waschmaschine Deutschlands rumpelt in Traben-Trarbach munter vor sich hin: Rüstig und kein bisschen rostig sorgt sie im Hause Sonntag seit nunmehr 55 Jahren für Sauberkeit. "Es ist sagenhaft", freut sich Hildegard Sonntag, denn heutigen Geräten geben Experten nur noch eine Lebensdauer von sieben bis zehn Jahren.

Kurz vor ihrem 50. Geburtstag schlug ein Bericht im Trierischen Volksfreund über das vitale Waschbüffet große Wellen: Erst rückte der Rundfunk an, dann das Fernsehen.
Hildegard Sonntag zeigte ganz Rheinland-Pfalz, wie sie ihre Wäsche sauberkriegt. "Die Maschine ist weder verkalkt noch inkontinent, genau wie ich", amüsiert sich die 82-Jährige, die nicht minder vital ist als ihre Maschine. Lachend erzählt sie, dass Tochter Ingrid wohl bald eine neue Waschmaschine brauche. "Nach nur sechs Jahren kann sie das Wasser schon nicht mehr halten".
Bedienung läuft per Hand


Die 1957 hergestellte halbautomatische Zanker-Waschmaschine kostete seinerzeit weit über 1000 Mark, "das war sehr viel Geld, und wir mussten lange dafür sparen", erinnert sich Hildegard Sonntag.
Das betagte Modell ist nicht, wie sein Name "Intima" vermuten lässt, ausschließlich für duftige Damen-Dessous zuständig, sondern nimmt sich seit über fünf Jahrzehnten von der Unterhose bis zum Oberhemd und von der Bluse bis zum Bettbezug aller Wäschestücke an, mit denen sie beladen wird.
Sie hat einen Heiß- und einen Kaltwasser-Zulauf, und die gewünschte Waschtemperatur stellt Hildegard Sonntag von Hand ein, mit der sie ebenfalls den Wasserablauf betätigt. "Ich kann die Maschine abschalten, wann ich will", sagt sie. Auch die Extratrommel fürs Schleudern funktioniert noch einwandfrei.
Der Ehemann darf nicht waschen


Wenn "Intima" in der gemütlichen Wohnküche vor sich hinrumpelt, ist ihre Besitzerin immer dabei. Ehemann Albert (84) durfte vor vielen Jahren zwei kleine Reparaturen vornehmen, muss ansonsten aber seine Finger von ihr lassen. "Als ich im Krankenhaus war, wollte er mit der Maschine waschen. Doch das kam überhaupt nicht in Frage", sagt die resolute Trarbacherin. "Ich musste ganz energisch sein. Wir hätten den größten Krach gekriegt. Wenn die Maschine kaputt ginge, wäre das schlimmer als meine Krankheit". Der Ehemann fügte sich schließlich ihrer Anweisung.

Nach wie vor dient Hildegard Sonntag die sorgsam gepflegte, passgenau vor dem Küchenfenster stehende Maschine als Ablage für den TV. Dort sitzt sie morgens und liest gemütlich ihre Zeitung.
Die rüstige "Intima" ist übrigens in guter Gesellschaft, nur wenige Häuser entfernt wohnt ein junger Mann, der sich seine Fischstäbchen auf leicht kränkelnden Platten eines Herdes brutzelt, der die 50 ebenfalls schon überschritten hat.

Jedes Jahr landen in Deutschland 700.000 Tonnen Elektrogeräte auf dem Müll. Hildegard Sonntag hofft indes, dass ihre Maschine noch lange munter weiter wäscht. Eine Leben ohne "Intima" kann sie sich gar nicht mehr vorstellen. "Nach meinem Mann ist sie mein bestes Stück", sagt sie.

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