Beeindruckt von Bombogen

WITTLICH-BOMBOGEN. Besuch aus dem Bundestag: Josef Winkler vom Bündnis 90/Die Grünen war zu Gast beim Arbeitskreis "Runder Tisch". Der migrationspolitische Sprecher der Fraktion zeigte sich vom Erfolg der integrativen Arbeit in Bombogen äußerst beeindruckt.

Der Wittlicher Stadtteil Bombogen, in dem die Bedürfnisse von Menschen aus 22 Nationen unter einen Hut gebracht werden müssen, kämpft seit Jahren um einen besseren Ruf. Innerhalb kürzester Zeit hatte der 800-Seelen-Ort eine Zuwanderung zu verkraften, die die Einwohnerzahl auf 1650 explodieren ließ. Zusatzproblem: Ein hoher Prozentsatz der Neubürger war Spätaussiedler aus Staaten der ehemaligen Sowjetunion. Diese galten als deutschstämmig und tauchen deswegen auch in keiner Statistik als Ausländer auf.Keine einzige Beschwerde mehr

Dennoch: Die großen Probleme leugnen, die vor allem die Generation derer hatten, die als Jugendliche nach Deutschland kamen und selten die Sprache beherrschten, führt nicht weiter. Bombogen hat die Probleme angepackt und packt sie weiterhin an. Neben Ortsvorsteher Hermann-Josef Krämer stellten auch andere Mitglieder des Runden Tischs Beispiele für die erfolgreiche Arbeit des Arbeitskreises vor. Verblüffend die Mitteilung des Kontaktbeamten Manfred Raatz, der viele russischstämmige Familien persönlich kennt: "In diesem Jahr gab es keine einzige Beschwerde mehr wegen Ruhestörung in Bombogen." Das war lange anders. Fast täglich sei in den Gassen Ramba-Zamba gewesen, mit traurigen "Höhepunkten" wie Massenschlägereien und Drogenkonsum am helllichten Tag. Diese Zeit ist vorbei. Die Zuwanderer haben sich eingelebt. Ernie Schaaf-Peitz, Leiterin der Kindertagesstätte Neuerburg, berichtet vom reibungslosen Miteinander unter den Kindern. "Wir haben den Nachwuchs allerdings unter sozialen Gesichtspunkten gemischt auf die beiden Kita-Standorte Neuerburg und Bombogen verteilt." Und eine zusätzliche muttersprachliche Fachkraft beschäftigt, die den Weg vom Missverständnis hin zum Verständnis kompetent begleiten konnte. Durchdachte Stadtteil-Konzepte sind also notwendig, was Josef Winkler, migrationspolitischer Sprecher der grünen Fraktion im Bundestag, bestätigte. Besonders wichtig sei das rasche Erlernen der deutschen Sprache. Für Neueinwanderer werde das soeben angepackt. Profitieren sollten davon jedoch auch jene, die bereits über Generationen in Deutschland lebten. Immer noch beherrschen beispielsweise viele türkischstämmige Frauen die deutsche Sprache nicht. Bürgerbüros seien nicht unbedingt sinnvoll. "Kein Spätaussiedler begibt sich freiwillig und ohne Not in die Hände behördlicher Einrichtungen." Gerade diese Mentalität berücksichtigte Manfred Raatz bei seinem Einsatz, den er als kriminalpräventive Maßnahme begreift. "Immer wieder habe ich mit den Leuten gesprochen, erst auf den Straßen, später in den Häusern. Ich habe mir ihre Rechtsauffassung angehört, habe ihnen die unsrige erzählt, und Stück für Stück das Vertrauen dieser Menschen gewonnen." Konkrete Ideen setzte Bombogen rasch in die Tat um. Auf dem schnell eingerichteten Bolzplatz am Ortsrand (Krämer: "Das war bestimmt der billigste Bolzplatz in der ganzen Gegend!") spielen jugendliche und Erwachsene fast rund um die Uhr Fußball. Krabbelgruppen, Frauenfrühstück und kulturelle Stadtteilfeste tragen alle ihren Teil zum Kennenlernen bei. Im neuen Pfarrheim machte die Pfarrei Platz für einen sehnsüchtig erwarteten Jugendraum.Tabaksscheune soll zum Treffpunkt werden

Der Ortsvorsteher berichtete auch von einem anderen Projekt, das in seiner geplanten Form an den leeren öffentlichen Kassen scheiterte. Nun soll die alte Tabaksscheune eben in Eigenarbeit zum Treffpunkt hergerichtet werden. Krämer: "Es ist uns einfach zu riskant, wieder eine komplette Jugend sich selbst zu überlassen." Zuschüsse braucht Bombogen allerdings trotzdem, zum Beispiel für die Decke, die den Normen des Brandschutzes gerecht werden muss. Unbedingt wünschenswert sei auch eine hauptamtliche sozialpädagogische Fachkraft. Diese Bewilligung dürfte allerdings schwierig werden. Winkler: "Wie ich sehe, haben Sie bereits alle Stellen abgeklappert, die es abzuklappern gibt." Selbst an den Europäischen Sozialfond hatten Krämer und Co. gedacht. Dennoch versprach Winkler, sich um das Anliegen zu kümmern. Er sieht es wie der Arbeitskreis: Eigentlich kann es nicht angehen, dass mit der Begründung, andere Orte hätten es noch nötiger, Bombogen rückwirkend für seine integrativen Erfolge der letzten Jahren bestraft wird.

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