Bei Anruf Lüge

Dass ein Zeuge vor Gericht nichts als die Wahrheit sagen darf, sollte selbstverständlich sein. "Doch manch einer scheint das doch nicht so ernst zu nehmen", stellte der Cochemer Amtsrichter Wilfried Johann in einer Verhandlung wegen Fahrens ohne Führerschein fest.

Cochem. (red) Der erfahrene Strafrichter entlarvte die Falschaussage eines Zeugen, sodass er den wegen Trunkenheit am Steuer vorbestraften Angeklagten aus einem Moselort für fünf Monate ohne Bewährung ins Gefängnis schickte. Außerdem erwartet den Verurteilten nun ein weiteres Verfahren wegen Anstiftung zur Falschaussage. Und sein "Entlastungszeuge" wird sich demnächst ebenfalls vor Gericht verantworten müssen.Dabei hatten die beiden ehemaligen Kollegen geglaubt, das Gericht besonders clever austricksen zu können. Sehr detailliert und wortreich berichtete der unehrliche Zeuge, er sei "zwischen den Jahren 2006 und 2007" mit dem Wagen des Angeklagten ins Gewerbegebiet von Cochem-Brauheck gefahren, um sich eine Zinkschere zu kaufen. Der Angeklagte habe davon gar nichts gewusst, behauptete er treuherzig. Doch Amtsrichter Wilfried Johann wollte es ganz genau wissen, unterbrach kurzerhand die Sitzung und rief "einer Eingebung folgend" bei dem vom Zeugen benannten Fachhändler an, um zu fragen, ob das Geschäft zwischen Weihnachten und Neujahr überhaupt geöffnet hatte. Und landete einen Volltreffer: Der Fachhandel hatte zwischen den Feiertagen tatsächlich Betriebsferien. Mit dieser peinlichen Tatsache konfrontiert, brach der Gefälligkeitszeuge zusammen, und das mit dem Angeklagten konstruierte Lügengebäude stürzte ein. Der zu gutmütige Mann beteuerte, dass er seinem ehemaligen Kollegen bloß einen Gefallen tun wollte. Doch dieser Bärendienst kann ihn nun teuer zu stehen kommen. Das Strafmaß für Falschaussage liegt zwischen drei Monaten und fünf Jahren.

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