Bei ihm geht's hoch hinauf

TRABEN-TRARBACH. Sein Beruf führt Peter Pölcher aus Traben-Trarbach hoch hinauf. Er ist einer von fünf Dachdeckermeistern in der Stadt. Vorfahr Jakob, 1723 in Wintrich an der Mosel geboren, ist das erste namentlich als "Leiendecker" und Architekt erwähnte Mitglied der Familie Pölcher. Danach werden in der Familie andere Berufe ergriffen, doch mit Peter Pölchers Großvater und Vater Matthias lebt die Tradition wieder auf.

Opa Peter, am 2. Juli 1889 in Hochwälder Hof im Hunsrück geboren, gründet 1919 in Rachtig seinen Betrieb. "Er war Obermeister der Dachdeckerinnung in Bernkastel", weiß der Enkel. 1960 eröffnet der Großvater eine Filiale in Traben-Trarbach. Dreien seiner vier Söhne hat er das Handwerk ebenfalls beigebracht, und der jüngste Sohn Matthias, am 24. April 1927 in Rachtig geboren, übernimmt das Geschäft 1961. "Sein erstes Lager befand sich damals im Trarbacher Mühlenweg in einer Garage", erinnert sich Peter Pölcher. "Es gibt so ein Gesetz, dass man nicht in der eigenen Familie lernen soll", schmunzelt der 47-Jährige. So beginnt er 1970 seine Lehre nicht im väterlichen Betrieb, sondern bei Vaters Bruder Heinrich in Rachtig, der damals "schon etwas globaler gedacht" habe. Spezialisiert vor allen Dingen auf Kirchtürme, hat er von Adenau bis Trier viele Gotteshäuser eingedeckt, und sein Neffe folgt ihm in schwindelerregende Höhen. 1973 macht Pölcher die Gesellenprüfung und arbeitet fortan im väterlichen Betrieb in Traben-Trarbach. Aus gesundheitlichen Gründen legt er 1979 Schieferhammer und Haubrücke, über die der Schiefer zugeschlagen wird, aus der Hand und steigt vom Dach. In Vallendar lässt er sich zum Industriekaufmann ausbilden. 1981 stirbt der Vater, und Sohn Peter kehrt nun in den Betrieb zurück. "Nachdem ich eine Weile aus dem Beruf raus war, musste ich mich erst wieder an die Höhe gewöhnen", bekennt er. Doch schnell ist es für ihn kein Unterschied mehr, ob bei seiner Tätigkeit 10 oder 50 Meter unter ihm liegen. Auf seine Meisterprüfung 1986 in Trier bereitet er sich zwei Jahre lang in Abendkursen vor. 1991 verlegt er seine Firma in die Straße Am Bahnhof, im Jahr 2001 siedelt er um ins Gewerbegebiet auf dem Mont Royal, wo er eine Betriebsfläche von 3500 Quadratmetern hat. "Früher waren die Dachdecker ziemlich spezialisiert auf reine Schiefereindeckungen", berichtet Peter Pölcher. Was einst der Bau-Klempner machte - das Installieren von Dachrinnen und Fallrohren - gehört heute neben dem Gerüstbau und einem Großteil der Zimmerarbeiten mit zu seinem Handwerk. "Den klassischen Beruf des Dachdeckers wird es bald nicht mehr geben, in absehbarer Zeit wird daraus der Dachfacharbeiter", schätzt Pölcher, der vor drei Jahren die Trarbacher Zimmerei Gerhard übernommen hat und neben einem Klempner und zwei Zimmerleuten noch drei bis vier Dachdecker beschäftigt. Zurzeit bildet er einen Lehrling aus. Obwohl die Arbeit eines Dachdeckers heute einfacher ist als noch zu Großvaters Zeiten, so bleibt sie körperlich doch schwer. Zu den typischen Berufskrankheiten zählt Pölcher Beschwerden an den Knien und am Rücken. Er schätzt inzwischen mehr die kaufmännische Tätigkeit im Büro als die Arbeit auf den Dächern. Arbeiten in luftiger Höhe

Seine höchsten Baustellen in der Stadt waren das Trabener Rathaus und die evangelische Kirche in Trarbach. Zurzeit deckt er ein Dach in der Sponheimer Straße. Kein Problem, über das Gerüst hinaufzukommen, denkt sich die Berichterstatterin, die den Fachmann gerne einmal bei seiner Arbeit beobachtet hätte. Das Ganze sieht recht harmlos aus - von unten. Ab der zweiten Etage, vier luftige Meter über dem Erdboden, machen sich Mulmigkeit und Entschlossenheit zum Rückzug breit. Da nutzen auch Peter Pölchers aufmunternde Worte, dass es nur noch drei weitere Etagen bis hinauf zum Dach in zehn Metern Höhe sind, nichts mehr.

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