Belginum-Streit: Vergleichsangebot steht zur Debatte

Trier · Im Streit um die Arbeitszeit von Rosemarie Cordie, der Leiterin des Archäologieparks Belginum, liegt ein neues Vergleichsangebot auf dem Tisch. Demnach soll Cordie ihre Arbeitszeit auf 90 statt wie von der Gemeinde gewünscht auf 58 Prozent reduzieren. Der Richter deutete an, dass die Gemeinde sonst vermutlich das Berufungsverfahren verlieren würde.

 Die glücklicheren Tage: Museumsleiterin Dr. Rosemarie Cordie (links) bei der Weinprobe im Belginum 2007. TV-Foto: Archiv/Ursula Schmieder

Die glücklicheren Tage: Museumsleiterin Dr. Rosemarie Cordie (links) bei der Weinprobe im Belginum 2007. TV-Foto: Archiv/Ursula Schmieder

Trier. Am Ende verlassen beide Parteien mehr oder minder zerknirscht Saal drei des Trierer Arbeitsgerichts - und alles ist offen. Drinnen hat das Landgericht getagt. Es ging um das Berufungsverfahren der Gemeinde Morbach im Streit um die Arbeitszeit von Dr. Rosemarie Cordie, der Leiterin des Archäologieparks Belginum.
In erster Instanz hatte die Verwaltung verloren. Sie hatte Cordies Arbeitszeit per Änderungskündigung verkürzt. Statt Vollzeit zu arbeiten, sollte die Museumschefin analog zu den gekürzten Öffnungszeiten des Museums nur noch sieben Monate pro Jahr tätig sein. Das Gericht hat die Kündigung für unwirksam erklärt. Das Urteil blieb aber unwirksam, weil die Gemeinde es angefochten hat.
Im Berufungsverfahren nun hat der Richter, der Vize-Präsident des Landesarbeitsgerichts Jürgen Stock, angedeutet, dass er und seine beiden Beisitzer ähnlich entscheiden wollen wie die erste Instanz. Das bedeutet, wieder eine Schlappe für Morbach, die Kündigung wäre nicht gültig.
Stock nannte für diese Entscheidung allerdings einen anderen Grund als das Trierer Gericht. Er wies auf die Gemeindeordnung hin, die es generell untersagt, Arbeitsverhältnisse von Ratsmitgliedern wie auch Bürgermeistern zu kündigen. Cordie ist Mitglied im Mehringer Gemeinderat und würde somit von dieser Regelung, die es nur in ganz wenigen Bundesländern gibt, profitieren. Und dann? Würde die Gemeinde auch dieses Urteil anfechten, würde sich das Bundesarbeitsgericht mit dem Thema beschäftigen. Stock: "Dann sind sie noch in drei Jahren am Prozessieren."
Das will offensichtlich weder Morbachs Bürgermeister noch die Museumsleiterin und deren Rechtsanwältin Karin Feth. Beide Parteien betonten gesprächsbereit zu sein, beide fingen an, mögliche Lösungen abzuwägen. Feth bot an, dass ihre Mandantin zusätzliche Aufgaben übernehmen könnte, wie Öffentlichkeitsarbeit - allerdings sollte es bei der vollen Arbeitszeit und entsprechender Entlohnung bleiben. Die 58-Jährige müsse Ehemann und Kind versorgen.
Gemeindechef Andreas Hackethal entgegnete, er habe den Auftrag des Rats zu sparen. Eine Reduzierung der Arbeitszeit müsse sein. Zudem sei es schwierig, innerhalb der Verwaltung eine adäquate Arbeit zu finden, ergänzte die Rechtsanwältin der Gemeinde, Corinna Haas.
Mehrere Zahlen wurden genannt, es ging hin und her. Beratungspause. Richter Stock verkündete schließlich doch ein Vergleichsangebot. Sein Inhalt: Cordie soll ihre Arbeitszeit künftig auf 90 Prozent statt wie von der Gemeinde angestrebt auf 58 Prozent reduzieren. Bis zum 10. Juni sollen beide Parteien Stellung zu diesem Vorschlag beziehen.
Hackethal kündigte an, das Thema in der Ratssitzung am kommenden Dienstag nichtöffentlich zu besprechen. Auf TV-Nachfrage sagte er: "Das Ergebnis war hart erkämpft. Nun müssen die Gremien entscheiden." Feeth sagte, ihre Mandantin sei der Gemeinde so weit wie es ging entgegengekommen.Meinung

Es ist Zeit, umzudenken
Es wird den Morbacher Rat nicht freuen, dass das Vergleichsangebot für die Arbeitszeiten von Museumsleiterin Rosemarie Cordie gerade mal eine Reduktion der Vollzeitstelle um zehn Prozent beinhaltet. Ursprünglich wollte der Rat die Öffnungszeiten und auch Arbeitszeiten im Belginum um die Hälfte reduzieren. Um die Ferien noch mitzunehmen, einigte man sich auf 58 Prozent. Doch was ist die Alternative? Sagt der Rat Nein zum Vergleich, wird das Gericht die Änderungskündigung für ungültig erklären. Eine weitere Berufung würde sich Jahre hinziehen. Das würde das Verhältnis zwischen Museumsleiterin und Verwaltung enorm belasten und Planung im Museum fast unmöglich machen. Das bedeutet Stillstand und schlechte Presse. Tödlich für ein Museum. Ohnehin steht die Frage im Raum, was mit der fünfmonatigen Schließung zu erreichen ist? Wiegen die Einsparungen von mehreren 10 000 Euro bei den Mitarbeitern die verlorenen Kontakte und Besucher tatsächlich auf? Die Gemeinde will ihren Museen mit einem neuen Tourismuskonzept mehr Schwung verleihen und Schüler in die Einrichtungen bringen. Dafür muss sie Geld in die Hand nehmen. Der Rat sollte den Vergleich zum Anlass nehmen, seine Sparpläne zu überdenken. Neue Geldquellen wie Sponsoren zu suchen, könnte mehr bringen. m.maier@volksfreund.deExtra

Mit deutlicher Kritik am Morbacher Rat kommentierte Elisabeth Dühr, Vorsitzende desrheinland-pfälzischen Museumsverbands und Mitglied im Beirat des Belginums, die Gerichtsverhandlung, die sie verfolgt hat. Sie sagte: "Der Ratsbeschluss, die Öffnungs- und Arbeitszeiten im Belginum zu reduzieren, ist mir völlig unverständlich. 10 000 Besucher pro Jahr - das ist eine einmalige Zahl für einen Ein-Frau Betrieb." Die wissenschaftliche Arbeit, die die Museumsleiterin bei siebenmonatiger Arbeitszeit nicht erbringen könne, gehöre zum Archäologiepark. Dühr: "Ohne Inhalte kann ich das Publikum nicht binden. Das Belginum ist kein Disney-Park." Zudem würden die Kosten für das Museum beispielsweise für die Heizung auch weiterlaufen, wenn das Haus zu sei. Auf der anderen Seite fehlten die Einnahmen. Netzwerke zu Museen und anderen Organisationen würden durch die lange Schließung zerstört. Schulen, die zwei Mal vergeblich anriefen, kämen nicht mehr. mai

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort