Geschichte Ein prestigeträchtiges Weinhaus

BERNKASTEL-KUES · Das Berliner Unternehmen Gruban & Souchay (1893-1999) zählte einst zu den bedeutendsten Weinhandels- und Restaurantbetrieben der Spreemetropole. Die Firma produzierte eigene Weine auch an der Mosel.

 Eine historische Lithographie zeigt den ehemaligen Stammsitz der Firma Gruban & Souchay in der Berliner Lindenstraße (Foto links). Die Postkarte (rechts) bewirbt das vom Weinhändler Max Gruban eingerichtete Hotelrestaurant Schloss Brüningslinden. 

Eine historische Lithographie zeigt den ehemaligen Stammsitz der Firma Gruban & Souchay in der Berliner Lindenstraße (Foto links). Die Postkarte (rechts) bewirbt das vom Weinhändler Max Gruban eingerichtete Hotelrestaurant Schloss Brüningslinden. 

Foto: TV/Markus Philipps

Im Laufe des 20. Jahrhunderts beherbergte die Stadt Bernkastel-Kues mehrere Zweigbetriebe namhafter Weingroßhandlungen aus Berlin und Hamburg. Dazu zählten ab Ende der 1930er-Jahre die vom Hamburger Unternehmen C.C.F. Fischer betriebenen Weinbau- und Handelsfirmen „Jos. Philipps-Kochan“, „St. Laurentius-Kellerei Clüsserath-Möhn“ und „Gebrüder Leutzgen“ am Bernkasteler Gestade.

Daneben wurde in der nahen Altstadt auch eine Kellerei des damaligen Berliner Weinhauses „M. Kempinski & Co.“ bewirtschaftet. Dieses verfügte bereits vor dem Ersten Weltkrieg über zahlreiche Weinberge und Kelterhäuser in der Rhein- und Moselregion.

In der Bernkasteler Grabenstraße existierte überdies eine Niederlassung einer weiteren bedeutenden Berliner Weingroßhandlung. Das Unternehmen Gruban & Souchay wurde 1893 vom angesehenen Weinhändler Max Gruban ins Leben gerufen. 1913 übernahm der versierte Geschäftsmann das in der Berliner Lindenstraße ansässige Weinhaus F.C. Souchay (1846) von einem Nachfahren des Gründers Cornelius Christian Friedrich Souchay. Die so entstandene Firma „Max Gruban & F.C. Souchay“ entwickelte sich alsbald zu einer der größten Weinhandelsbetriebe der früheren Reichshauptstadt Berlin.

Ebenso wie das Weinhaus Kempinski vermarktete die Weinhändlerfamilie Gruban ihre Weine in eigenen Gaststätten und Restaurantbetrieben. In der Blütezeit vor dem Zweiten Weltkrieg verfügte die Firma Gruban & Souchay über eine repräsentative Geschäftszentrale an der Großen Frankfurter Straße sowie eine Vielzahl von Weinstuben und Ladenlokalen in verschiedenen Bezirken der Spreemetropole. Einige davon waren an den damaligen Prachtboulevards Kurfürstendamm, Friedrichstraße und Kaiserdamm angesiedelt.

Ab 1930 gehörte auch der Weinkeller des Rathauses Neukölln zum prestigeträchtigen Unternehmen. 1935 erwarb Max Gruban zudem das frühere Schloss Brüningslinden in Berlin-Kladow, um es als Hotel und Ausflugslokal für „gehobene Kreise“ auszubauen.

 Das prachtvolle Gasthaus sollte die Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem Mitbewerber Kempinski sichern, der zuvor im Potsdamer Schloss Marquardt einen ähnlichen Betrieb eingerichtet hatte.

Zum vielfältigen Angebot der sogenannten „Altdeutschen Weinstuben“ von Gruban & Souchay gehörten hochwertige Weine der Rhein- und Moselregion. Diese stammten unter anderem aus den eigenen Rebgärten in den Bernkasteler Weinlagen Rosenberg, Schlossberg und Matheisbildchen.

 Außerdem wurden Rieslinge aus dem rheinhessischen Weinort Nierstein vermarktet. Dort hatte Max Gruban das Weingut W. Weinmann übernommen, das über Anteile an den bekannten Lagen Auflangen, Rehbach und Orbel verfügte. Auch im pfälzischen Deidesheim baute die Berliner Firma seit den 1930er-Jahren Wein an, unter anderem in den Lagen Herrgottsacker, Leinhöhle und Kieselberg.

Im Verlauf des Zweiten Weltkrieges musste das Unternehmen schwere Verluste hinnehmen. So wurden bei den alliierten Luftangriffen auf die Metropole der Firmenstammsitz und ein Großteil der Gaststätten zerstört. In den Wirren der letzten Kriegstage fanden außerdem mehrere Mitglieder der Familie Gruban den Tod, darunter der frühere Juniorchef Kurt Gruban und dessen Kinder Max-Dieter und Hannelore.

Trotz aller Widrigkeiten überstand die traditionsreiche Firma auch die schwierigen Bedingungen der frühen Nachkriegszeit. In den folgenden Jahren des Wiederaufbaus wurde das Weinhaus mit einer neu eingerichteten Zentrale und mehreren Filialen im Westen der geteilten Großstadt erfolgreich weitergeführt.

  Diese Postkarte bewirbt das vom Weinhändler Max Gruban eingerichtete Hotelrestaurant Schloss Brüningslinden. (Foto: Markus Philipps)

Diese Postkarte bewirbt das vom Weinhändler Max Gruban eingerichtete Hotelrestaurant Schloss Brüningslinden. (Foto: Markus Philipps)

Foto: TV/Markus Philipps

Die Weingüter in Bernkastel, Nierstein und Deidesheim blieben indes bis in die 1970er-Jahre bestehen. Mehr als ein Jahrhundert nach seiner Gründung ging der Betrieb des renommierten Unternehmens im wiedervereinigten Berlin der 1990er-Jahre dann zu Ende.

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