Bernkastel Kues - das reiche, arme Zentrum mit Burg

Bernkastel-Kues · Die Stadt Bernkastel-Kues rechnet auch 2014 mit hohen Einnahmen. Unter anderem mit 5,4 Millionen Euro an Gewerbesteuer. Weil Verbandsgemeinde und Kreis davon per Umlage viel Geld bekommen, bleibt die Freude aber eher verhalten. Der Haushalt des kommenden Jahres ist unausgeglichen, eine Kreditaufnahme unumgänglich. Der Schuldenstand wird sich voraussichtlich auf mehr als zwölf Millionen Euro erhöhen.

Bernkastel-Kues. Reich und gleichzeitig arm. Das gibt es: Die Stadt Bernkastel-Kues ist reich an Gewerbesteuereinnahmen. Im Rekordjahr 2011 waren es mehr als sieben Millionen Euro, 2014 werden es nach derzeitigem Stand etwa 5,4 Millionen Euro sein.
Damit könnte sie locker die für das kommende Jahr geplanten Investitionen von 5,033 Millionen Euro tragen. Doch sie hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht. In diesem Fall sind das Kreis und Verbandsgemeinde. Die wollen auch ihren Teil, um Ausgaben zu finanzieren.Teure Pflichtaufgaben



Für die Stadt Bernkastel-Kues sind das zusammen 7,522 Millionen Euro. "600 000 Euro mehr als 2013", sagt Stadtbürgermeister Wolfgang Port in der Haushaltssitzung. Das ist in etwa genau die Summe, die fehlt, um den Finanzhaushalt 2014 (Einnahmen von 13,978 Millionen Euro, Ausgaben von 14,625 Millionen Euro) ausgleichen zu können. Ein Teufelskreis: Nimmt die Stadt viel ein, muss sie auch sofort mehr Geld in andere Töpfe werfen, ohne dass sie zwingend davon profitiert.
Spätestens da beginnt das Kapitel über die arme Stadt. Denn auf die warten teure Pflichtaufgaben. "Wir haben in den vergangenen drei Jahren in den Kindergarten auf dem Kueser Plateau, in den Kindergarten in Kues und den Kauf dieser maroden Immobilie fast 2,9 Millionen Euro investiert", erläutert Port. Und mit der Kindertagesstätte im Stadtteil Wehlen stehe ein weiteres Projekt an. Trotz vieler Einnahmen muss die Stadt Kredite aufnehmen. 2014 werden es voraussichtlich 1,758 Millionen Euro sein. Der Schuldenstand wird auf über zwölf Millionen Euro steigen. Die Pro-Kopf-Verschuldung liegt dann bei 1800 Euro.
Trotzdem soll einiges in der Stadt passieren. Ein dicker Brocken ist die Sanierung beziehungsweise Aufwertung der Burgruine Landshut: Alleine in die Erneuerung des gastronomischen Bereichs sollen 1,221 Millionen Euro fließen. Mehrere Straßen wurden oder werden ausgebaut (der TV berichtete). Fällige Kosten im Jahr 2014: 1,033 Millionen Euro. In Andel soll für 358 000 Euro eine Abbiegespur gebaut werden, die die Zufahrt zum Neubaugebiet verbessert.
Wichtig für zukünftige Bewohner. Für das Baugebiet "Lieschberg" oberhalb des Kueser Hafens soll der rechtskräftige Bebauungsplan für 40 Bauplätze erlassen werden. Die Sprecher der fünf Fraktionen (CDU, SPD, Grüne, FDP, Unabhängige Bürgerunion) sind sich weitgehend einig: Was freiwillig angegangen wird oder angepackt werden muss, ist auch notwendig. Brigitte Walser-Lieser (SPD) und Annelie Servatius (Unabhängige Bürgerunion) machen allerdings deutlich, dass sie die finanzielle Förderung für die geplante private Cusanus-Hochschule ablehnen. So etwas sei nicht Sache einer Kommune.
Es sei wichtig, dass die Politik Rahmenbedingungen schafft, damit Bürger in der Stadt bleiben und neue gewonnen werden, sagt Marc Spaniol (CDU) - auch mit Blick auf einen leichten Bevölkerungsanstieg (plus 50) auf 6884.
Auf die Cusanusstraße, den Hauptverkehrsweg im Stadtteil Kues, haben die Kommunalpolitiker keinen direkten Zugriff, weil es eine Landesstraße ist. Forderungen nach einer Sanierung gibt es trotzdem und den Wunsch, dass sich der Landesbetrieb Mobilität zeitnah zu möglichen Planungen äußert.Meinung

Bitte mehr Visionen
Mehr als 20 DIN-A4-Seiten umfassten die Haushaltsreden der Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat Bernkastel-Kues. Das ist nichts gegen die 47 Seiten (plus Tabellen, Grafiken etc.), die der Stadtbürgermeister verlas. Natürlich wollen sich auch die Fraktionen profilieren. Ob das gelingt, wenn zum Großteil nur die Zahlen wiederholt werden, die schon Bürgermeister oder Vorredner in den Raum geworfen haben? Um nicht missverstanden zu werden. Diese Vorgehensweise ist üblich in Kommunalparlamenten. In einem 500-Seelen-Ort ist das aber schneller abgetan als in einem Mittelzentrum wie Bernkastel-Kues, von dem die Region abhängt. Es gab bei der Etatdebatte Augenblicke, in denen über den Tellerrand geschaut wurde. Zum Beispiel als Gertrud Weydert (Grüne) anregte, in einer Mediation gemeinsam mit den Bürgern über die Entwicklung der Stadt zu sprechen. Oder als Robert Wies (FDP) davon sprach, Kindertagesstätten so zu planen, dass sie wegen des demografischen Wandels in 15 oder 20 Jahren von Senioren genutzt werden können. Utopien und Visionen werden oft als Spinnerei abgetan, können aber schneller wahr werden als gedacht. Deshalb bitte mehr davon! c.beckmann@volksfreund.de

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