Besser als Fernsehen
WITTLICH. (peg) Mit Wein, Geschichten und Gesang feierten rund 50 Gläubige das 160-jährige Bestehen der St. Markus-Pfarrbücherei. Zum Lesen laden heute zwei Puppen im Fenster zur Karrstraße hin ein.
"Und die tun ihre Wirkung", wie die Leiterin Ilse Limper feststellen durfte. Denn leicht habe die Pfarrbücherei es nicht angesichts der - für eine so kleine Stadt - so großartig aufgestellten Stadtbücherei, gestand sie. Als diese sich gründete, habe sie die vergleichsweise kleine kirchliche Einrichtung gleich schließen wollen. Doch der dann eingeschlagene Weg erwies sich als gute Überlebensstrategie. Neben Spielen, Kinderbüchern, Fachliteratur aus zahlreichen wissenschaftlichen Bereichen und völlig weltlichen Romanen und Geschichten zeichnet sich die Pfarrbücherei heute durch ihren Fokus auf religiöse Themen aus. Auch eine katholische Bücherei geht mit der Zeit: Auf der Seite www.stadtpfarreien-wittlich.de können sich Interessenten über den Link "Einrichtungen und Verbände" online über den Bestand informieren. Oder, und das ist Ilse Limper, selbst ihr ganzes Leben lang eine Leseratte, noch viel lieber, einfach mal schmökern kommen. Die Öffnungszeiten: montags und freitags von 15 bis 17 Uhr, mittwochs von 9 bis 11 Uhr. Am Wochenende wurde erst einmal gebührend gefeiert: mit einem gemütlichen Vorleseabend im Markushaus zu Weiß- oder Rotwein, Brötchen und Käsewürfeln. Josefine Wittenbecher ließ Jesus bei der Hochzeit zu Kanaa in Mundart sein Wunder tun. Dass sie es nicht in lupenreinem Wittlicher Platt tat, sondern in ihrer Osanner Muttersprache, tat dem Vergnügen mit den steinernen "Dippen" und den "piedelisch" jüdischen Speisegesetzen keinen Abbruch. Blass erscheint dem Lauschenden nach Dechant Rudolf Halffmanns Geschichte vom "Pfarrer vom blühenden Weinberg" jedwede Beschreibung so genannter Weinfachleute: Treffender und anschaulicher als Timmermanns genießerischer Protagonist kann nach ihm keiner mehr den Wein charakterisieren. Ans Klavier setzte sich Karl-Heinz Musseleck und ließ die Versammelten die "Historie vom Noah" singen, der sich ob der zahllosen im Wasser ertrunkenen Menschenkinder von seinem Gott ein alternatives Getränk erbat. Gott erhörte seine Bitte und schenkte ihm und seinen Nachkommen, die fürderhin das Erdenrund bevölkerten, den Wein. Und dann las auch Musseleck vor, darunter Zeilen, die er vorsichtshalber als "bis an den Rand des moralisch Vertretbaren" angekündigt hatte: Vom Fässchen auf Klausens Kirchturmspitze, von der rot-weiß blühenden Feldwinde, die immer noch "Muttergottesgläschen" heißt, und vom trunkenen Sakristan, den die Gottesmutter von seinem Suff kurierte.