Besser kurz und bündig

MANDERSCHEID. Heimweh nach dem Hunsrück, das war einmal. Lange schon ist Manderscheid ihre Heimatstadt, und dort kandidiert Christel Praum wieder für das Amt der Bürgermeisterin.

"CdU" hat jemand an das Sandsteinfenster geschrieben. "Das war mein Sohn vor 30 Jahren", lacht Christel Praum: "Damals hat er gefragt: ‚Mama, was wählst Du eigentlich?‘ Ich habe sein Werk dran gelassen, auch wenn die Schreibweise nicht ganz korrekt ist." Und ihre vier Kinder und sieben Enkel haben viele Spuren hinterlassen.Der Stolz der Enkel

Beim Interview zwitschert plötzlich eine Singdrossel. "Ach, die Vogeluhr. Das ist ein Geschenk meiner ältesten Enkeltochter", erklärt die Manderscheider Stadtchefin. Sie nimmt die Brille ab und wischt eine Lachträne weg auf die Frage, was denn ihre Enkel zu ihrer Wahl 1999 gesagt haben. "Mein Enkelsohn hat in der Schule erzählt: Oma ist Bürgermeisterin."Gegen das Heimweh half der Busfahrer

Lange habe sie damals gezögert, jetzt hat sie sich über die vielen Ermunterungen gefreut, wieder zu kandidieren. Als junges Mädchen hätte sie sich das nie träumen lassen. Zu ihrer Ausbildung im Café Steffens ist sie als 15-Jährige in die Burgenstadt gekommen. Schon bei der Anreise hatte sie Heimweh nach Morbach: "Die erste positive Begegnung war der Busfahrer in Pantenburg. Ich war der einzige Gast. Er hat mir Manderscheid in den schönsten Zügen geschildert." Auch ihre Liebe hat sie dort gefunden. Ohne ihren Mann Peter, könnte sie nicht alles schaffen: "Heute ist das eingespielt, auch, dass ich nicht immer greifbar bin wie früher. Ich rechne ihm das hoch an, dass er das mitträgt. Zum Beispiel gibt es jetzt nicht immer einen Mittagstisch. Sonst würde mich das alles sehr viel Nerven kosten." Wenn ihr Zeit zum Kochen bleibt, gibt es was Italienisches oder Hausmannskost: "Mehlklöße oder Reibekuchen mit selbst gemachtem Apfelmus. Dann springen die Kinder im Dreieck." Ihre Familie ist oft zu Besuch. Platz hat sie dafür in der alten Scheune, die sie zu einem freundlichem, hellen Haus umgebaut hat. Sie liebt den Blick von dort auf Manderscheid: "In unserem Wohnhaus, da muss den ganzen Tag das Licht brennen", bedauert sie die Grenzen, die dort das alte Fachwerk gesetzt hat.Nabucco in Manderscheid: Ein Traum wird wahr

Wenn der 62-Jährigen, die auch noch ein Geschäft mit Mode und Wohnaccessoires betreibt, einmal Zeit für sich bleibt, liest sie gerne historische Romane über Frauen. Außerdem ist sie ein großer Klassik-Fan und freut sich besonders auf die Nabucco-Aufführung am 9. Juli in Manderscheid: "Damit geht für mich ein großer Traum in Erfüllung. Ausnahmsweise habe ich mir Karten für die erste Reihe besorgt." Sie betont, dass sie ihr Amt als Stadtchefin relativ unerfahren begonnen hat: "Ich hatte ja erst eine Periode im Stadtrat. Aber bei uns im Rat ist ein sehr schönes Miteinander. Wir arbeiten über die Gruppierungen hinweg an den Sachen, die anstehen." Ansonsten hat sie sich mittlerweile daran gewöhnt, mal am Mikrofon zu stehen: "Da ist es besser, kurz und bündig zu sein. Überhaupt halte ich mehr vom Arbeiten als vom Reden." Und wenn die zierliche 1,52-Meter-Person es nicht alleine schafft? "Es gab viele Sorgen. Dann war und ist mir der Glaube eine Hilfe," sagt Christel Praum. Bleibt noch die Frage: "Und nach der Wahl?" Sie blickt ernst: "Wir haben einen unausgeglichenen Haushalt. Da möchte ich nicht träumen."

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