Besuch bei einer alten Dame

Wittlich · Mitten auf dem Marktplatz und doch verlassen: Die alte Posthalterei in Wittlich steht seit 2004 leer und wartet auf eine neue Nutzung. An Ideen mangelt es nicht. Ob und wann das Barockgebäude für Bürger wieder zugänglich sein wird, steht aber noch nicht fest.

Wittlich. Das Gerappel von Postkutschenrädern und Pferdehufen: Vor der ehemaligen Posthalterei muss das früher tagaus tagein zu hören gewesen sein. 1753 wurde das Gebäude von der Posthalterfamilie Fier errichtet. Es diente bis 1854 als Station für die Thurn und Taxis\'sche Postroute von Koblenz über Wittlich nach Trier.
Danach war es Sitz der preußischen Verwaltung, Gasthof und Lebensmittelgroßhandlung. Zuletzt wurde hinter der prächtigen Fassade gewohnt. Der imposante Bau prägt seit Jahrhunderten den Wittlicher Marktplatz. Seine alte Funktion hat er aber verloren. Im Moment hat er gar keine mehr.
Was versteckt sich hinter dem säulengerahmten hölzernen Portal, zu dem die steinernen Treppenstufen führen? Nichts. Dieser Zugang hat keine Funktion mehr, seit 1973 hinter der barocken Fassade eine Schaufensterpassage geschaffen wurde. Stattdessen muss man die weniger eindrucksvolle, beinah alltägliche Glastür im Durchgang nehmen, um ins Innere zu gelangen.
Stadtpolitik mit im Boot



Drinnen ist es kalt und still. Möbel gibt es keine mehr - außer vereinzelt einem Tisch, ein paar Stühlen und abgehängten Spiegeln. Putz bröckelt von den Wänden, die Türen sind aus ihren Angeln gehoben, eine dicke Staubschicht liegt auf dem Boden. In den oberen Stockwerken sind die Böden teilweise oder ganz herausgerissen. Werkzeug liegt verstreut herum.
Die Momentaufnahme im April 2013: Die historische Immobilie, die sich zurzeit in Privatbesitz befindet, ist hinter der eindrucksvollen Fassade eine Baustelle ohne Bauarbeiter. Zumindest noch.
Seit etwa fünf Jahren ist man auf Ideensuche. Möglichkeiten, was mit dem Haus oder auf den 150 Quadratmetern je Etage geschehen könnte, standen schon viele im Raum. Erste Entwürfe für einen Umbau hatte der Architekt Peter Berdi aus Bernkastel-Kues in einer Stadtratssitzung im Dezember 2011 vorgestellt. Damals hieß es, die Investitionssumme sei siebenstellig. Die Herausforderung: Das Haus steht unter Denkmalschutz.
Die Pläne wurden im Rat vorgestellt, da die Stadt damals zur Diskussion stellte, Räume im Obergeschoss des Anwesens zu mieten. Im Entwurf des Wittlicher Kulturkonzeptes hieß es, darin könne eine "Kunsthalle" mit Ausstellungsmöglichkeiten für lokale Künstler, Kunsthandwerk und Sammlungen geschaffen werden.
Die CDU-Fraktion hatte sogar Anfang 2010 per Antrag darum gebeten, die Stadt möge die "Nutzung und den Erwerb der ehemaligen alten Posthalterei am Markt" prüfen. Der Kauf ist allerdings vom Tisch. Im selben Jahr konnte die Öffentlichkeit zum letzten Mal einen Blick ins Innere werfen: Dort fand damals das Kunstforum mit Arbeiten von 27 regionalen Künstlern statt.
Auch war man auf der Suche nach einem Gastronomen, um im Erdgeschoss ein Restaurant mit Außengastronomie anzubieten. Im Rahmen der Sanierung sollte auch die Passage zurückgebaut werden. Und neuen Wohnraum wollte man schaffen: Auf dem hinter dem Haus liegenden Areal sollten 20 Wohnungen gebaut werden.
Damals hieß es, wenn alles gut laufe, solle 2012 mit den Arbeiten begonnen werden. Auf der Internetseite des Architekten steht aktuell: "Momentan werden noch die verschiedenen Nutzungskonzepte diskutiert." Jan Mußweiler, Pressesprecher der Stadtverwaltung, verweist darauf, dass das laufende Verfahren mit den zuständigen Behörden noch nicht abgeschlossen sei.
Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier erklärt dazu: "Die Maßnahme soll im Rahmen der städtebaulichen Erneuerung, Programmteil Aktive Stadt, gefördert werden. Grundlage soll ein Modernisierungs- und Instandsetzungsvertrag sein, den die Stadt Wittlich mit einem privaten Investor abschließen möchte. Die Endfassung des Vertrages wird zurzeit erarbeitet."
Bis es so weit ist, wartet die Posthalterei weiter. Darauf, dass sie endlich wieder mit Leben gefüllt wird.Extra

 Unterm Dach scheint die Zeit stillzustehen. TV-Foto: Hans-Peter Linz

Unterm Dach scheint die Zeit stillzustehen. TV-Foto: Hans-Peter Linz

So hat das mit der Post früher funktioniert Wenn ihr heute euren Freuden ein paar Zeilen schreiben wollt, dann setzt ihr euch an euren Computer und verschickt eine E-Mail. Die kommt in Sekundenschnelle an. Etwas länger dauert es, wenn ihr eine Postkarte schickt. Die müsst ihr dann nämlich erst mal mit eurer Mutter zur Post bringen, damit der Postbote sie am nächsten Tag an die Adresse liefert, dir ihr draufgeschrieben habt. Früher hat man das ein bisschen anders gemacht. Da gab es nämlich kaum Straßen. Man konnte also auch nicht einfach mal schnell Briefe oder gar größere Pakete auf die Reise schicken. Aber man hatte Postkutschen. Damit es den Pferden und den Passagieren nicht zu viel wird, hat man alle paar Kilometer Pferdewechselstationen eingerichtet, auch in Wittlich. Und so kamen früher die Briefe von A nach B. So eine Postkutsche braucht aber doch viel zu lange, findet ihr? Das kommt euch heute vielleicht so vor. Für die Menschen damals war das eine richtig tolle Erfindung! eib

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