Betrieb als Hingucker: So geht Architektur

Wittlich · Interessierte können sich am jährlichen Tag der Architektur über interessante Lösungen von privaten wie öffentlichen Bauherren in Rheinland-Pfalz informieren. Am Wochenende, 25. und 26. Juni, kann auch der Um- und Erweiterungsbau des Wittlicher Weingutes Losen-Bockstanz als eins von vier beispielhaften Projekten im Kreis Bernkastel-Wittlich besichtigt werden. Die Investition in besondere Architektur zahlt sich für den Familienbetrieb aus.

 Ein Hingucker: Thomas und Eva Losen vor einer Wand aus Barrique-Fässern. TV-Fotos (2): Klaus Kimmling

Ein Hingucker: Thomas und Eva Losen vor einer Wand aus Barrique-Fässern. TV-Fotos (2): Klaus Kimmling

Foto: klaus kimmling (m_wil )

Wittlich. Sie wohnen in einem Kulturdenkmal, das in der Liste des Landes geführt ist, und haben einen modernen Winzerbetrieb zu führen, der Platz zum Wirtschaften braucht.
Wie kann man also einen neuen funktionalen Arbeitsraum schaffen, der das repräsentative gut 100 Jahre alte Haupthaus optisch selbstbewusst aber nicht störend begleitet?
Und wie sichert man durch eine zeitgemäße Nutzung die Zukunft des Betriebs?
Das waren die Fragen für Eva und Thomas Losen vom Wittlicher Weingut Losen-Bockstanz. Ihre Antwort hat die Architektenkammer Rheinland-Pfalz überzeugt.
Denn die beiden haben lange überlegt, viel besichtigt und sich dann mit den Architekten Marco und Hubert Hoffmann für eine Lösung entschieden, die als Beispiel für zeitgemäße Baukultur im Raum Eifel-Mosel-Hunsrück am landesweiten "Tag der Architektur" besichtigt werden kann.
Rund 750 000 Euro wurde nach eigenen Angaben in den Um- und Neubau investiert, der nicht nur Platz für die Traubenverarbeitung und Lager liefert sondern auch als Vinothek funktioniert und auf seinen zwei Ebenen für Veranstaltungen von der Lesung mit dem Bestsellerautor bis zur privaten Feier genutzt werden kann.
Frisch und fruchtig


Weingutsinhaber Thomas Losen sagt rückblickend: "Besondere Gründe für unseren Neubau waren auch: Moderne Räume zu erhalten für einen effektiv arbeitenden Weinbaubetrieb, und ein modernes Gebäude zu bauen, welches zu unseren Weinen der heutigen Zeit passt, ,frisch und fruchtig' und nicht ,alt und staubig'".
Er steht mit seiner Frau Eva vor einer Wand. Haushoch und mit 48 Barrique-Fässern bestückt, in denen sein Spätburgunder, Jahrgang 2015 lagert. Diese Fässer sind zu einer Art Leinwand geworden: Sie können farbig beleuchtet oder zur Raumgliederung verteilt werden. So wird der Neubau auch innen zum Hingucker, wenn die 200 Quadratmeter große Halle sich zum Veranstaltungsort mit dem Namen "Sektlaune" verwandelt. Dass am selben Ort ansonsten gearbeitet wird, hier werden Trauben gepresst, Weinsendungen zur Abholung gelagert, ist kaum zu glauben. Und von außen verbirgt der riesige multifunktionale Raum hinter seiner schiefergrauen Fassade, grafisch gegliedert durch Glasflächen und das große Tor, dezent, was er alles zu bieten hat. Zudem wurde eine kleinere Vinothek auf halber Höhe der Halle gebaut, die "Weinlust". Hinzukommen barrierefreie Toiletten, Garderobe, der Theken- beziehungsweise Ausschankbereich.
Vor dem Um- und Neubau war der reine Betrieb hinter dem Stammhaus ein Sammelsurium aus Räumen und einer später hinzugekauften Nachbarimmobilie.
Ein Gesamtbild


"Das Erscheinungsbild war zusammengewürfelt: Ein Treppchen hier, ein Räumchen dort. Das war alles nicht mehr zeitgemäß auch zum effektiven Bewirtschaften. Und wir wollten über Weinproben und die Eventschiene ein weiteres Standbein und einen weiteren Vertriebsweg für unsere Weine schaffen", so Thomas Losen, der 30 Hektar bewirtschaftet und zehn Mitarbeiter beschäftigt.
2013 hat man mit den Planungen begonnen, dann ging es um Genehmigungen, Bebauungsplan, Besichtigungen von anderen Projekten, Entscheidungen - bis im Juli 2014 mit dem Abriss begonnen wurde. Im Herbst desselben Jahres war dann Baubeginn, im Mai 2015 dann Fertigstellung.
Die Idee ist aufgegangen. "Wir wollten etwas, das dem alten Haus nicht die Schau stiehlt und trotzdem ein Hingucker ist. Es sollte ein Gesamtbild ergeben", sagt Eva Losen, die das Farbkonzept erklärt: "Wir wollten den Weinberg im Gebäude widerspiegeln. Das Grau wie der Schiefer, das Grün wie die Reben. Und Treppe, Boden alles aus Holz ist Eiche genau wie die Barrique-Fässer." So passt auch ihr Anspruch: "Alles, was wir machen, machen wir in Kombination mit unserem Wein." Ihr Mann sagt: "Die Investition ist wirtschaftlich rentabel. Ich finde, das Auge trinkt und kauft mit. Es ist wie beim Essen. Wenn man ein schönes Gebäude hat, ist auch der Wein noch mehr wert. Und der Kunde erwartet heute, wenn er ins Weingut kommt, ein Erlebnis."
Das wird es auch am Tag der offenen Architektur am 25. und 26. Juni geben. Zu der Besichtigung, samstags 14 bis 16.30 Uhr und sonntags, 13 bis 18 Uhr, gibt es eine Weinverkostung.Extra

 Der moderne Anbau neben dem Stammhaus des Weingutes.

Der moderne Anbau neben dem Stammhaus des Weingutes.

Foto: klaus kimmling (kik), Klaus Kimmling ("TV-Upload kimmling"

Neben dem Weingut sind im Landkreis noch folgende Neu- und Umbauten geöffnet: Mensa und Bibliothek von Cusanus-Gymnasium und Kurfürst Balduin Realschule plus Schulhofneugestaltung in der Kurfürstenstraße Wittlich, samstags 12 bis 18 und sonntags 10 bis 18 Uhr mit Informationen der beiden Schulen. Die Alte Posthalterei, Sanierung des Gebäudes Thurn und Taxis am Marktplatz mit Ausstellung zur Geschichte und Sanierung des Gebäudes in Wittlich, samstags 12 bis 18 und sonntags 10 bis 18 Uhr und das öffentliche Projekt Mitte(n) im Garten in der Weimerstraße in Lötzbeuren, samstags 14 bis 18 und sonntags 11 bis 18 Uhr ergänzt vom Sommerfest des Heimatvereins. Informationen über sämtliche Projekte der "Architektouren 2016" unter <%LINK auto="true" href="http://www.die" text="www.die" class="more"%> architekten.org

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