Recyceln statt wegwerfen Warum ein Biowinzer aus Burgen an der Mosel seine leeren Weinflaschen zurücknimmt

Burgen/Bernkastel-Kues/Enkirch · Winzer füllen im Frühjahr ihre Weine meist in neu gekauften Behältnissen ab. Nur wenige Betriebe spülen und recyceln anfallendes Leergut. Einer dieser Menschen ist der Burgener Biowinzer Jörg Pauly vom Weingut Pauly-Bohn. Was das bringt.

Der Burgener Biowinzer Jörg Pauly vor der Gitterpalette, in die Kunden ihre gebrauchten Weinflaschen zur erneuten Nutzung ablegen können.

Der Burgener Biowinzer Jörg Pauly vor der Gitterpalette, in die Kunden ihre gebrauchten Weinflaschen zur erneuten Nutzung ablegen können.

Foto: Strouvelle Christoph

Weinflaschen sind für Winzer im Grunde eine Wegwerfverpackung. Der Wein wird – hier in der Region meist in den moseltypischen grünen Flaschen – verkauft, die Verbraucher geben diese in den Altglascontainer, und der Winzer bestellt für die kommende Saison neue Flaschen.

Winzer aus Burgen nimmt gebrauchte Flaschen zurück

Nicht so der Burgener Biowinzer Jörg Pauly vom Weingut Pauly-Bohn. Denn er nimmt gebrauchte Weinflaschen zurück, spült diese und befüllt sie erneut. Flaschen zurückbringen ist bei ihm kein Problem: Eine Gitterpalette steht bei ihm vor dem Wirtschaftsgebäude. Und die wird offenbar reichlich genutzt, denn an diesem Nachmittag ist sie voll. „Ich befülle etwa 70 Prozent zurückgegebene Flaschen. Etwa 30 Prozent ist Neuglas“, sagt er.

Erst muss das Leergut sortiert werden, nach Farbe, Form und Größe. Dann wird dieses mit 70 Grad heißem Wasser und Reiniger eingeweicht. „Damit gehen die Etiketten ab und gleichzeitig werden die Flaschen innen und außen gespült“, sagt er. Dann werden diese mit rotierenden Bürsten innen und außen gesäubert und anschließend ein drittes Mal mit klarem Wasser ausgespült, damit auch die letzten Reste der Reinigungslauge aus dem Flascheninneren entfernt sind, erklärt der Biowinzer, der sich mit seiner rund drei Hektar großen Rebfläche selbst als kleinen Betrieb bezeichnet.

Jörg Pauly setzt auf Nachhaltigkeit

Warum macht sich Pauly die Mühe? „Weil ich ein Biobetrieb bin und das Direktrecyceln die rohstoffschonendste und energetisch günstigste Form der Flaschenverpackung ist“, sagt er. Als Beleg führt er einen Beitrag in der Fachzeitschrift „Der Deutsche Weinbau“ an: 47 Prozent der Energie, die in der Weinherstellung vom Anbau bis zum Verkauf verbraucht wird, werde bei der Herstellung der Flasche benötigt, sei dort ausgeführt worden. Pauly verwendet allerdings nur Exemplare mit Korkverschluss. Bei Flaschen mit Schraubverschluss, wie sie in den vergangenen Jahren bei den Moselwinzern immer stärker aufgekommen sind, hat er Bedenken wegen der Dichtigkeit des Schraubverschlusses. Ein winziger Haarriss am Flaschenhals reiche aus, dass dieser nicht mehr dicht schließt, fürchtet er.

Weingut Dillinger in Bernkastel-Kues spült auch selbst

Ein weiterer Betrieb, der Leergut zurücknimmt, ist das Weingut Dillinger in Bernkastel-Kues. „Wir spülen selbst. Zum Wegwerfen sind die Flaschen zu schade“, sagt Seniorchef Karl-Friedrich Dillinger. Sachen, die da sind, sind wertvoll. „Was da ist, sollte man verwerten und nicht auf die Müllkippe bringen“, sagt er. Im Weingut Dillinger liege die Rücklaufquote bei 40 Prozent. Teils sind dies Flaschen, die in der eigenen Straußwirtschaft beim Ausschank anfallen. Teilweise werden leere Flaschen bei Kunden abgeholt, wenn diese eine neue Weinlieferung erhalten, und einige bringen die Flaschen auch selbst zurück, sagt er. „Wer Platz im Haus hat, der sammelt“, ist die Erfahrung mit seinen Kunden.

Dass es mehr Winzer gibt als die beiden aufgeführten Betriebe, die Weinflaschen zurücknehmen, das weiß Stefan Dax vom Enkircher Unternehmen Spülo, nach eigener Aussage der einzige noch verbliebene Spülbetrieb an der Mosel. Neben Saftflaschen und Mineralwasserflaschen zählen bis zu 500 Winzer zu seinen Kunden, die ihre Weinflaschen bei ihm spülen lassen und wiederverwerten. Darunter befänden sich auch große Betriebe, die bis zu 150.000 Stück bei ihm reinigen lassen. Allerdings sind es laut Dax insgesamt nur wenige Winzer, eine Anzahl im Promillebereich, die Leergut sammeln, reinigen lassen und dann wieder befüllen.

Etwa 30 bis 35 Cent kostet eine Weinflasche

Das Angebot sei eine Sache des Preises. Derzeit zahlten Winzer mit Energiezuschlägen zwischen 30 und 35 Cent für eine Neuflasche. Der reine Reinigungspreis liegt bei elf Cent, plus eventueller Zuschläge für Sonderleistungen, wenn beispielsweise die Metallkapseln bei Flaschen mit Schraubverschluss entfernt werden müssen. Die Maschine dafür hatte es einst noch nicht gegeben, sodass Dax selbst eine Lösung gesucht und gefunden hat und jetzt auch diese Flaschen zum Wiederbefüllen vorbereiten kann. Neue, wertigere Verschlüsse würden Dichtigkeitsprobleme wegen Haarrissen, wie Winzer Pauly sie befürchtet, ausgleichen.

Könnte es eine Trendwende hin zur Wiederverwertung geben, weil die Fabrikation von Glas sehr energieaufwendig und damit für die Hersteller aufgrund der steigenden Preise für Gas teurer geworden ist? Wohl weniger, glaubt Dax. Denn auch die Reinigung der Flaschen in seinem Betrieb, bei der das Wasser auf bis zu 80 Grad erwärmt wird, sei energieintensiv. Was ihn beim Gesetzgeber irritiert: „Die Glasindustrie ist energiesteuerbefreit. Wir bezahlen diese Energiesteuern völlig normal“, sieht er einen Wettbewerbsnachteil gegenüber den Erzeugerfirmen. „Dabei spricht jeder von Nachhaltigkeit“, sagt Dax mit Kopfschütteln.

Kunden sind es gewohnt, Flaschen zum Sammelcontainer zu bringen

Hinzu komme, dass Winzer, die ihre Flaschen wieder recyceln wollen, ihre Kunden umerziehen müssten. Denn diese seien es inzwischen gewohnt, ihr leeres Altglas zum Sammelcontainer zu bringen. Bis sich das Sammeln und Wiederverwerten der Weinflaschen auswirke, meint Dax, verginge rund ein Jahr. „Das ist keine kurzfristige Sache“, sagt der Inhaber des Spülbetriebs, bei dem meist 15 Männer und Frauen während der Abfüllzeit des Weines, wenn die Weinflaschen gespült werden, aber auch schon mal bis zu 20 Menschen ihren Arbeitsplatz haben.

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