Bischofsdhron hat sich zum reinen Wohnort entwickelt

Bischofsdhron · Die Dörfer im Hunsrück sehen heute anders aus als vor 50 Jahren. Waren die Orte früher landwirtschaftlich geprägt, so haben sie sich inzwischen oft zu reinen Wohndörfern gewandelt. Der Bischofsdhroner Lothar Schabbach vergleicht seinen Heimatort von heute mit dem aus seiner Kindheit.

 Vor 50 Jahren saßen die Dorfbewoher vor ihren Häusern und unterhielten sich. Diesen Brauch haben einige Bischofsdhroner wieder aufleben lassen. Bei guten Wetter treffen sie sich, essen, trinken und erzählen sich Neuigkeiten aus dem Dorf. Von links nach rechts: Siegfried, Maritta und Achim Welgen, Franz und Gertrud Jörg, Doris und Lothar Schabbach. TV-Foto: Christoph Strouvelle

Vor 50 Jahren saßen die Dorfbewoher vor ihren Häusern und unterhielten sich. Diesen Brauch haben einige Bischofsdhroner wieder aufleben lassen. Bei guten Wetter treffen sie sich, essen, trinken und erzählen sich Neuigkeiten aus dem Dorf. Von links nach rechts: Siegfried, Maritta und Achim Welgen, Franz und Gertrud Jörg, Doris und Lothar Schabbach. TV-Foto: Christoph Strouvelle

Bischofsdhron. "Wir sitzen abends wieder draußen - so wie das halbe Dorf in meiner Kindheit", sagt Lothar Schabbach. Im Unterdorf hat er mit Bekannten ein kleines Grundstück aufgeschüttet und begrünt. Dazu hat er Bänke und einen Tisch hingestellt. Dort sitzen abends bei schönem Wetter immer einige "Dhreener" und unterhalten sich. "Das ist jetzt wieder so, wie ich es von früher kenne."
Das Bischofsdhroner Urgestein erinnert sich noch gut an seine Kindheit. Gegen 1950 hatte der Ort rund 400 Einwohner. Heute sind es 850 Menschen, die hier leben. "Damals haben die Leute viel vorm Haus gesessen und geredet", erinnert sich der 70-Jährige. Immer habe man Leute getroffen. Heute muss man dazu Glück haben, sagt Schabbach. Auch die Kinder haben damals viel auf der Straße gespielt. Die Hauptstraße wurde im Winter zur Rodelbahn. War nicht genug Schnee da, wässerten die Kinder die Straße und fuhren auf dem Eis mit dem Rodel bergab. "Aber erst, wenn alle drei, die damals ein Auto hatten, zu Hause waren", sagt Schabbach. Aufgrund der geringen Mobilität gab es damals in Bischofsdhron noch genügend Kundschaft für zwei Geschäfte. Eines davon führten Schabbachs Eltern. "Da hat man alles bekommen, von Lebensmitteln bis zu Nägeln, von der Spalt-Tablette bis zur Strumpfhose", erinnert sich Schabbach.
Viele Gäste aus dem Ruhrgebiet


Im Sommer haben die Kinder Räuber und Gendarm gespielt oder im nahe gelegenen Wald unter der Kapelle Baumhäuser gebaut. "Durch die vielen Begegnungen war der Zusammenhalt im Dorf immer sehr groß", sagt Schabbach.
Optisch hat sich das Dorf vor allem um die Kirche stark verändert. Vor der Kirche, wo sich heute der Brunnen befindet, stand einst die Dorfschule. "Ein Lehrer unterrichtete damals 50 Kinder vom ersten bis zum achten Schuljahr in einer Klasse", sagt Schabbach. Nach dem Umzug im Jahr 1954 in die neue Schule, das später zum heutigen Gemeindehaus umgebaut wurde, kam eine zweite Lehrerin dazu. Mädchen und Jungen konnten so getrennt unterrichtet werden. Neben der Kirche, auf dem heutigen Festplatz, standen zwei Häuser. Zudem lief der Klingbach noch frei durch den Ort. "Der wurde angestaut, und dann haben die Bauern im Herbst ihre Rüben darin gewaschen", erinnert sich Schabbach. Überhaupt sei das Dorf damals sehr bäuerlich gewesen. Jede Familie hatte Landwirtschaft, vor den Ställen befanden sich zur Straße Misthaufen, an jedem Haus lag ein Nutzgarten. Im Herbst wurden Tiere geschlachtet und vor dem Haus ausbluten gelassen, bevor sie nach der Fleischbeschau weiterverarbeitet wurden. "Heute gibt es noch nicht mal mehr ein Huhn", sagt Schabbach. Wichtig waren früher die Frühschoppen sonntags nach der Messe. "Da waren die Gasthäuser voll, da war bis zum Mittagessen Highlife." In den Gaststätten hatten die "Dhreener" auch ihre Feste wie Kirmes oder Karneval gefeiert. In seiner Kindheit habe in Bischofsdhron auch noch der Fremdenverkehr floriert. Die Gasthäuser hätten viele Stammgäste aus dem Ruhrgebiet und dem Saarland gehabt. Mit der beginnenden Motorisierung sind die Touristen dann aber immer mehr ins Ausland gefahren.
Wenn Schabbach heute in sein Heimatdorf blickt, fasst er zusammen: "Vieles ist schöner geworden, einiges haben wir für immer verloren." Das Dorf sei zwar optisch schöner geworden, aber der Zusammenhalt im Dorf ist nicht mehr derselbe wie früher, hat Schabbach beobachtet. Insbesondere die Mobilität der Menschen, die abends wegfahren, sowie die Medien wie Fernsehen oder Computer, wegen denen die Einwohner nicht mehr vor den Häusern sitzen, hätten das Leben im Dorf verändert. Bischofsdhron sei heute ein reines Wohndorf, aber man kennt sich immer noch, sagt Schabbach. Trotz aller Veränderungen fühlt sich das Urgestein in seinem Heimatort wohl: "Ich bin ein Dhreener, und ich bleib ein Dhreener." cst

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