Blei im Boden verunsichert Pilmerother

Kleinich · Die Menschen in Pilmeroth machen sich Sorgen um ihre Gesundheit. Wie hoch sind die Bleiwerte im Boden wirklich?, fragen sie angesichts der Proben, die für den Straßenausbau genommen wurden. Warum ist der Ausbau teurer als geplant? Ortsbürgermeister Burkhard Born weist Kritik an seiner Informationpolitik zurück.

Kleinich. Das 44 Einwohner zählende Pilmeroth auf den Hunsrückhöhen am Ende der Kreisstraße 104 ist noch nicht an die Kanalisation angeschlossen. Das soll sich aufgrund von EU-Vorgaben ändern. Parallel zum Kanalbau wird die kaputte Straße erneuert.
Und da gehen die Probleme im abgeschiedenen Kleinicher Ortsteil los. Proben wurden genommen, Blei wurde gefunden. Doch wie hoch sind die Werte? Es kursieren verschiedene Zahlen jenseits der Grenzwerte im Ort, die Bürger sind verunsichert. Selbst Ortsvorsteherin Rita Trarbach versteht nicht recht, was Sache ist.
Rat folgt nicht Bürgerappell


Zunächst sei von sehr hohen Werten die Rede gewesen, dann habe der Ortsbürgermeister in der Ratssitzung niedrigere Zahlen genannt, sagt sie. Doch wieso der Straßenausbau nun für die Behörden bei geringen Auflagen unbedenklich ist und der Rat entgegen ihrem Appell der Vergabe der Arbeiten zugestimmt hat, kann sie nicht nachvollziehen.
Im Auftrag der Bürger hatte Trarbach gebeten, die ausstehenden Analysen von Anwohnergrundstücken abzuwarten, die Bürger zu informieren und dann erst die Arbeiten zu vergeben.
Die Pilmerother sind sauer, dass ihren Wünschen nicht entsprochen wurde. Immerhin geht es um ihre Gesundheit und die ihrer Kinder. 54 Unterschriften wurden im Ort gesammelt, auch regelmäßige Feriengäste haben mitgemacht. Die Bürger forderten erneut eine Einwohnerversammlung. Sie wollen über die Bleiwerte aufgeklärt werden und über die für sie nicht nachvollziehbare Beitragssteigerung von 30 Prozent für den Straßenbau.
Daniel Röhrig und Melanie Body, die für die Pilmerother sprechen, sprechen von Desinformationspolitik. "Wieso werden die Analysewerte nicht öffentlich gemacht?", fragen sie. Die Kostensteigerung der Beiträge auf 6,59 Euro pro Quadratmeter gehe für manche Bewohner an die Existenz, monieren sie. Es gebe einige Rentner und Alleinstehende.
Früher Bleiabbau vor Ort


Thomas Benisch ergänzt: "Und was ist in zehn Jahren?" Er hält es für paradox, solch ein Bauvorhaben in einer strukturschwachen Gegend mit hohem Immobilienleerstand und immer älter werdenden Bürgern gegen den Willen der Anwohner durchzuboxen.
Für Ortsbürgermeister Burkhard Born ist es normal, dass "die Leute Stimmung gegen den Straßenbau machen". Er findet auch nicht, dass er zu wenig informiert hat. Ansonsten gibt er Entwarnung. Dass Blei in Pilmeroth gefunden werde, liege daran, dass es natürlicherweise im Boden vorkomme. "In Pilmeroth und Kautenbach wurde früher Blei abgebaut", sagt er.
Ein hoher Bleiwert von 5000 Milligramm pro Kilogramm sei lediglich bei einer Probe außerhalb des Orts gefunden worden. Im Ort seien Werte von 200 bis 800 Milligramm gemessen worden. Die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord, die etwas andere Werte für Pilmeroth nennt (siehe Extra), habe aufgrund der "relativ geringen Grenzwertüberschreitungen" keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Straßenarbeiten angemeldet, heißt es im Amtsblatt. Born ergänzt, dass Blei nicht wasserlöslich sei und deshalb das Grundwasser nicht gefährde. "Es gelangt nicht in die Pflanzen und den Lebensmittelkreislauf."
Dass es eine Einwohnerversammlung erst Mitte August, zwei Wochen vor Beginn der Arbeiten geben soll, begründet der Ortschef mit der noch ausstehenden Analyse von Proben einiger Privatgrundstücke. "Diesen Werten sind die Leute täglich ausgesetzt, das ist entscheidend", sagt er. Die Betroffenen würden umgehend informiert, bei erhöhten Werten der ganze Ort.
Die Kostensteigerung erklärt Born damit, dass sich das planende Büro bei den Zahlen vor der Vergabe verschätzt habe.Meinung

Das Nötigste ist nicht immer genug
Bleistaub, der eingeatmet wird, ist giftig. Kein Wunder also, dass sich die Pilmerother Sorgen machen angesichts der Erneuerung der nachgewiesenermaßen bleihaltigen Straße im Ort. Verständlich auch, dass sie genau wissen wollen, wieviel Blei gemessen wurde. Dem steht ein Ortsbürgermeister gegenüber, der meint, ausreichend informiert zu haben. Selbst wenn er die nötigen Fakten in Ratssitzungen weitergeben hat, sollte ihn eine Unterschriftenliste sämtlicher Pilmerother, die Aufklärung fordern, hellhörig werden lassen. Wenn es um die Gesundheit geht, reichen mündliche Erklärungen im Rat nicht aus. Umfassende schriftliche Infos wären angebracht oder eine schnelle Bürgerversammlung. m.maier@volksfreund.deExtra

"Den Grenzwert für Blei gibt es nicht", teilt Sandra Hansen-Spurzem, Pressesprecherin der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord, mit. Es komme darauf an, ob es um Abfallrecht oder Bodenschutzrecht gehe. In diesen Sparten werde nochmals unterschieden, im Bodenrecht beispielsweise nach Vorsorge- und Maßnahmenwerten sowie nach Wirkungspfaden, wie Boden-Mensch und Boden-Nutzpflanze. Den Höchstwert für Blei in Böden von Wohngebieten setzt das Umweltbundesamt beispielsweise mit 400 Milligramm pro Kilo fest. Laut Hansen-Spurzem wurden im Pilmerother Untergrund Bleigehalte von 500 bis 1000 Milligramm pro Kilo gemessen. mai

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