Blick in die Röhre

LÖTZBEUREN. Der Hunsrück ist nicht unbedingt als kulinarische Wallfahrtsstätte für Feinschmecker bekannt. In der einst ärmlichen Region war oft Schmalhans Küchenmeister. Umso mehr erstaunt die Vielfalt an raffinierten Gerichten, wenn ein ganzes Dorf Rezepte für ein Kochbuch zusammenträgt.

Die Lötzbeurener müssen begeisterte Köche sein. Nur so ist die Begeisterung zu erklären, mit der sie sich in den vergangenen Wochen für ein Projekt des Heimatvereins engagiert haben. Dieser hatte dazu aufgerufen, Koch- und Backrezepte einzureichen, um daraus ein Lötzbeurener Kochbuch zu machen. Die Idee wurde auf der Generalversammlung im September dieses Jahres geboren, erzählt der Vorsitzende des Heimatvereins, Axel Gräff. Und als dann am 7. Oktober ein Aufruf an die Lötzbeurener im Mitteilungsblättchen stand, kam die Sache ins Rollen. 90 Lötzbeurener reichten insgesamt 190 Rezepte ein. Daraus entsteht nun ein 200 Seiten starkes Buch, das zum Preis von fünf Euro noch vor Weihnachten erworben werden kann. Die Auflage beträgt zunächst 120 Stück. "Es geht vor allem darum, die Gemeinschaft im Ort zu stärken und etwas zu machen, an dem sich alle Bewohner beteiligen können", sagt Gräff. Die eingereichten Rezepte spiegeln auch die multikulturelle Gesellschaft wider, die selbst auf dem Land nicht mehr ungewöhnlich ist. Russland-Deutsche haben sich ebenso beteiligt wie eine philippinische Familie, die Gerichte aus ihrer alten Heimat aufgeschrieben hat. Und auch das polnische Gericht Bigos findet sich im Buch. Bigos ist ein kräftiger Fleischeintopf mit Sauerkraut, Mettwurst und Pflaumen. Neben exotischen Speisen dominieren allerdings die deftig-bäuerlichen Gerichte aus der Region. Fleisch, Kartoffeln und Klöße - in allen möglichen Varianten zubereitet. Da kommen auch Gourmets auf den Geschmack. Einen Schwerpunkt bildet das Weihnachtsgebäck. Allein drei verschiedene Lebkuchenrezepte haben die Lötzbeurener eingereicht. Sogar ein komplettes Lebkuchenhaus mit Bauanleitung ist in dem Kochbuch zu finden. Eine Familie, die Damwild züchtet, hat gleich mehrere Rezepte vorgeschlagen, unter anderem einen Damwildbraten mit Sauerkirschen. Und der "Feuerwehrkuchen" stammt offensichtlich von einem Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Lötzbeuren. Angereichert ist das Buch mit "Sprüchelchen", die unterstreichen, dass das Essen in früheren Zeiten einen anderen Stellenwert hatte. Da heißt es zum Beispiel: "Am Neujahrstag gab es bei uns immer etwas mit Kohl. Entweder Weißkohl oder Sauerkraut. Das bedeutet, man hat das ganze Jahr Geld im Haus." Ein anderer weiß noch: "Früher gab es im Winter nur Fleisch aus der "Bied" oder aus dem "Rauch". Axel Gräff freut sich besonders, dass viele ältere Bürger ihre Erinnerungen zu Papier gebracht haben. Und die Lötzbeurener dürfen sich darauf freuen, dass es bald ein großes "Kochfest" in der Gemeindehalle geben wird. Dann können verschiedene der leckeren Gerichte verkostet werden. Das Koch- und Backbuch ist ab Mitte Dezember erhältlich. Bestellungen nimmt der Erste Vorsitzende des Lötzbeurener Heimatvereins, Axel Gräff, entgegen unter Telefon 06543/6128.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort