Bordeaux reift in Wittlicher Eiche

Esch/Wittlich · Die Eiche ist schon seit der Antike ein Symbol für Beständigkeit und Qualität. Wie die Wertholzversteigerung der Landesforsten an der A 1 bei Esch zeigt, hat der heimische Laubbaum bis heute nichts von seinem Image eingebüßt. Kunden aus der ganzen Republik sowie dem Ausland nehmen lange Fahrtstrecken in Kauf, um die edlen Stämme zu begutachten und ihr Gebot abzugeben.

Esch/Wittlich. Am späten Nachmittag steht die Sonne tief und taucht das Wertholzlager bei Esch in ein warmes Licht. Die Schnittflächen der mächtigen Baumstämme, die dort gelagert sind, leuchten in orangefarbenen bis goldenen Farbtönen. Die Forstämter aus Bitburg, Daun, Prüm, Traben-Trarbach, Trier und Wittlich haben ihre 600 feinsten Stämme selektiert und dort zusammengetragen, um sie zu präsentieren. "Mirabellenholz, Nussbaum, Esche, Birne und jede Menge Eiche", sagt Förster Harald Groeneveld, "hier ist für jeden Feinschmecker was dabei." Im Angebot sind damit auch echte Exoten, die mancher Schreiner für spezielle Kundenwünsche braucht.
Hauptabnehmer sind Möbel-, Furnier-, und Parketthersteller sowie Fassbinder. Sie reisen aus ganz Deutschland sowie Frankreich an, um die Edelhölzer auf dem Wertholzlagerplatz an der A1 bei Esch unter die Lupe zu nehmen.
Bei der Submission, einer Art Versteigerung, geben sie später ein schriftliches Gebot auf die Stämme ab, die sie kaufen möchten. "Das ist wie Lotterie spielen", sagt der Schreinermeister Jürgen Jochen Artmann aus Elmstein in der Pfalz. Mit einer Fahrtzeit bis nach Esch von knapp zwei Stunden hat er es im Vergleich zu seinen französischen Konkurrenten gar nicht mal so weit. "Ich würde 200 der 600 Stämme kaufen - wenn ich den Zuschlag bekäme", sagt Artmann, der Landhausdielen aus Eiche herstellt. "Doch man weiß nie, was die Konkurrenz bietet." Artmann kommt schon seit einigen Jahren nach Esch, um sich hier mit Wertholz einzudecken. "Wir suchen größere und vor allem gerade Stämme, damit wir nicht so viel Verschnitt haben. Gute Stämme sind aber rar und nicht überall zu bekommen." Bis zu 2500 Euro biete er teils für einen einzigen Baumstamm, sagt Artmann. Furnierhersteller, die an der höchsten Qualitätsstufe interessiert sind, zahlen teils 3300 Euro pro Festmeter. Über die Güte gebe ihm die Rinde Auskunft, sagt Artmann. "Da sieht man die Holzfehler. Ob Äste, die nur leicht rausgewachsen sind, noch im Stamm fortlaufen."
Die Kunden haben noch bis Montag, 23. Februar, Zeit, das Angebot im Wertholzlager zu begutachten. "Die kommen in aller Stille, messen die Längen aus, machen sich Notizen, bevor sie ihre schriftlichen Gebote abgeben", weiß Groeneveld.
Den größten Teil der Edelhölzer kaufen deutsche Firmen. Doch auch Franzosen wie Franck Deschamps Bois sind auf der Wertholzsubmission unterwegs, um sich mit deutscher Eiche einzudecken. Der Einkäufer einer Fassbinderfirma aus Bordeaux, die ihren Namen nicht preisgeben möchte, hat Interesse an zwei bis drei Lastwagenfuhren der Edelstämme, die in Esch lagern. "Das Angebot hier in Deutschland ist nicht günstig, aber dafür stimmt die Qualität", sagt Deschamps Bois. Seine Firma stellt aus deutscher Eiche die traditionellen Barrique-Fässer mit einem Fassungsvermögen von 225 Litern her, in denen später der Rotwein Bordeaux reift. "In den Wäldern um Wittlich wächst ausgezeichnetes Fassholz. Der Wald ist langsam gewachsen. Deshalb haben die Hölzer feine homogene Jahrringe", erklärt Deschamps Bois, was für die Herstellung der Weinfässer besonders wichtig sei. Zudem gefalle ihm der helle Farbton der Hölzer auf dem Lagerplatz bei Esch, der das Fass optisch ansprechend mache.
150 der 600 Stämme, die bei Esch angeboten werden, gehören Privatwaldbesitzern, die ihr Holz dort gegen einen Unkostenbeitrag mit präsentieren können. Thomas Wagner, Büroleiter im Forstamt Wittlich, rechnet mit einem Umsatz von 250 000 und 300 000 Euro, der später zwischen den Landesforsten und den Privatwaldbesitzern aufgeteilt werden muss. Viel Geld also, was in Esch lagert. Dennoch sind bislang laut Förster Groeneveld noch nie Stämme gestohlen worden - ein heimlicher Abtransport der schweren Hölzer scheint auch kaum möglich.Extra

Die Landesforsten Rheinland-Pfalz unterhalten elf Wertholzlagerplätze, auf denen in diesem Jahr 3900 Festmeter angeboten werden. Man rechne mit einem Umsatz von zwei Millionen Euro, erklärt der Submissionsbeauftragte Peter Anton Mayer. Der Preis sei im Vergleich zum Vorjahr um zehn Prozent gestiegen. Im Durchschnitt koste ein Festmeter Wertholz 500 Euro. Doch nur ein Tausendstel des vermarkteten Holzes im Land, 3000 der drei Millionen Festmeter, seien überhaupt zum Verkauf als Wertholz geeignet. cmo

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