Brauereigelände wird Stadtquartier in Wittlich

Wittlich · Mitten in der Stadt soll nahe dem Marktplatz neuer Wohnraum entstehen: Für die Wittlicher geht es um das Kaienburg-Gelände, doch das Grundstück des Namensgebers macht nur einen kleinen Teil des Gesamtprojekts aus.

Wittlich. Betreten: lebensgefährlich. Akute Einsturzgefahr! Und das im Traditionshaus, der "Kaienburg"! Auch die Denkmalbehörde sah nur noch die Lösung: Abriss. So verschwand 2013 die seit mehr als 200 Jahre zum Stadtbild gehörende, schon legendäre Kaienburg, die viele Wittlicher als Institution ins Herz geschlossen hatten.
Das ehemalige Gehöft wurde 1805 erbaut und war ab 1876 "Bairische Bierbrauerei zur Stadt Wittlich", kurz Brauerei Elsen, seit 1900 war sie Gasthaus.

In den Sälen wurde Stadtgeschichte geschrieben: Dort waren Konzerte von Philharmonischer Gesellschaft bis Jazzclub, Karnevalssitzungen der Blauen und Roten Funken, später der legendären Bänkelsänger, Tennis-, Knollen- und Sprudelbälle, Modenschauen und Tanzkurse.
Und nicht zuletzt ein Treffpunkt zur Säubrennerkirmes. All das ist seit Juni 2013 dem Erdboden gleichgemacht. Auch dazu gab es gleich eine Legende: Ein großer, gekrümmter Eichenbalken sei beim Abriss zutage getreten: Der sei verbogen, von all den Lügengeschichten, die in der Kaienburg zum Besten gegeben worden seien.
Das war einmal. Danach hatten die Wittlicher ein neues Thema: Was kommt da hin? Schafft es der neue Besitzer wirklich sein Neubauprojekt hochzuziehen? Kommen ihm nicht noch ein paar sture Eigentümer in die Quere, die sich nicht von einem Neubauprojekt beeindrucken lassen und nicht verkaufen, oder sonst wie erfolgreich auf die Barrikaden gehen?

Eigentümer Hans Krebs hat jedenfalls seit Jahren ein Entwicklungsziel verfolgt: Das Gelände neu zu erschließen. Mit Tiefgaragenbau und Wohnungen. Die Kaienburg-Immobilie mit 730 Quadratmetern hatte er 2005 aus der Konkursmasse gekauft. Die Entwicklung, auch des umliegenden Areals, insgesamt hatte er 1600 Quadratmeter durch Zukauf arrondiert, wurde zu einer Art Lebensaufgabe für den Wittlicher. Dafür hatte er bis zum Abrissjahr des verfallenden Stücks Stadtgeschichte schon 20 Grundstücke von fünf Quadratmetern Größe aufwärts gekauft. 15 Aktenordner füllte das Vorhaben allein bis zum Abrissjahr. Seither werden es ein paar mehr geworden sein. Und die nimmt jetzt die nächste Generation in die Hand. Im Bau- und Verkehrsausschuss stellte Tochter Laura Krebs den aktuellen Stand des Vorhabens auf mittlerweile 2100 Quadratmetern vor. Zuvor habe man mit Fachplanern, Feuerwehr, Behörden wie der Kreisverwaltung wegen des Brandschutzes, Versorgern wie der neuerdings für die Müllabfuhr zuständigen ART gesprochen, um möglichst viel im Vorfeld abzustimmen Laura Krebs: "Da hat sich Einiges im Verborgenen bewegt."

Nun sei geplant, vier einzelne Neubauten mit der kleinteiligen Altstadt angepassten, gebrochenen Fassaden auf dem Gelände zu verteilen. Rund 32 bis 36 Wohneinheiten sollen entstehen.
Darunter liegt eine Tiefgarage, die aus der Oberstraße in etwa hinter dem Café am Markt ihre Zu- und Abfahrt erhalten soll. Weiterhin solle ein Weg, der der umgebenden "Gassenlandschaft" entspreche, über das Gebäude Neustraße Nummer 7 geöffnet werden.
Die Ideen kommen im Bauausschuss gut an. Markus Blasweiler, FWG, selbst Architekt: "Ich finde die bewegte Architektur gut in die Umgebung angepasst." Dem schlossen sich alle an, stimmten zu: "Ist alles gut." Jetzt werden die Pläne konkreter weiterentwickelt.KommentarMeinung

Terrain für Bauleiter
Was wurden "der Kaienburg" Krokodilstränen hinterhergeweint. Gemacht hat keiner was. Das Haus war zuletzt erschreckend marode, tolle Erlebnisse im Saal und Gastraum hin oder her. Nach der Devise: "Hast du viel Geld und bist du dumm: Kauf' ein altes Haus und bau' es um" hat keiner investiert. Kein Millionär war zwecks Wiederaufbau zu finden. CDU-Ideen von einer Art Kaienburg-Stadthalle mit Steuergeldunterstützung sind ausgeträumt. Bald gibt es wieder für jedermann theoretisch etwas zu tun, je nachdem, wann wirklich etwas auf dem Gelände entsteht. Kompliziert genug ist die Lage. Manch einer wird es sich nicht entgehen lassen, einer beliebten Tätigkeit nachzugehen, die einen selbst nichts kostet, aber die eigene Wichtigkeit erhöht: "Bauleiter spielen". Dabei wird schon mal die Baustelle inspiziert. Wird man ertappt, heißt es. "Ich mach' doch nichts." Eben. s.suennen@volksfreund.de

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