Bruchlandung einer Militärmaschine bei Binsfeld

Binsfeld · Schon vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs gab es einen Flugzeugabsturz in der Region. Das berichtet der Historiker Hans-Günther Ploes.

 Wie die Archivaufnahme zeigt, ging das Flugzeug bei Binsfeld zu Bruch. Foto: Kreisarchiv

Wie die Archivaufnahme zeigt, ging das Flugzeug bei Binsfeld zu Bruch. Foto: Kreisarchiv

Binsfeld. In einem Gastbeitrag schildert der Historiker Hans-Günther Ploes einen Vorfall, der sich am Vorabend des Ersten Weltkriegs bei Binsfeld ereignet hat.
Donnerstag, der 13. Februar 1913. Die Temperaturen sind in den letzten Tagen wieder gefallen, und der Nebel steht hartnäckig über der Eifel. Es ist Nachmittag, der Ort Binsfeld ist eingehüllt in ein weißes Tuch - die Sicht beträgt kaum vier Meter. Unmerklich durchbricht das Blubbern eines Motors das dichte Gespinst der Wassertropfen. Von Minute zu Minute wird es lauter und geht in anhaltendes Knattern über. Dann ein Krachen, Schleifen und Bersten - Ruhe kehrt wieder ein. Nur noch leises Knistern des abkühlenden Motors ist zu hören.
So oder ähnlich kann sich der Flugunfall bei Binsfeld im Jahr 1913 zugetragen haben. Aber gehen wir zuerst in der Zeit ein wenig zurück. Als das Jahr 1912 beginnt, gibt es noch keine deutsche Fliegertruppe. Die wenigen deutschen Militärflieger gehören der "Inspektion des Militär-Luft- und Kraft-Fahrwesens" an und sind der Versuchs-Abteilung der Verkehrstruppen unterstellt.
Die erste Militärfliegerstation wurde zwar schon 1910 in Döberitz bei Berlin eingerichtet, sie wird aber bis April 1912 die einzige bleiben. Das Jahr 1912 bringt aber in vieler Hinsicht einschneidende Veränderungen für die deutsche Militärfliegerei. So beschließt der Kriegsminister am 9. Januar 1912 auf Drängen des Generalstabs, eine Fliegertruppe aufzubauen.Im Februar 1912 beginnt die organisierte Ausbildung der ersten Offizierflugschüler. Da es noch keine beziehungsweise nicht genügend Militärfluglehrer gibt, werden diese bei den Flugzeugherstellern, welche meist eigene Flugschulen haben, ausgebildet. Einer der größten deutschen Hersteller sind zu dieser Zeit die Albatros-Werke in Berlin-Johannisthal. Dementsprechend beginnen dort im Februar 1912 zwölf Offiziere mit der Ausbildung zu Flugzeugführern, unter der Anweisung der bekannten Flieger und Albatros-Lehrer Rupp und Grünberg.
Einer dieser Offizierschüler ist Leutnant Gustav Weyer, welcher im Februar 1913 die verunglückte Maschine von Binsfeld fliegen wird. Am 12. April 1912 wird als erste Fliegerstation im Westen die Station in Metz auf dem Exerzierplatz von Frescaty eröffnet. Dort steht schon seit 1909 die Luftschiffhalle mit dem ersten Militärluftschiff Deutschlands, dem Zeppelin Z I. Erster Führer der Fliegerstation und der Flugschule Metz ist Leutnant Karl Braun, ein gebürtiger Metzer, welcher am 25. Januar 1912 sein Flugzeugführerzeugnis auf Rumpler- Taube und Albatros Typ Farman Zweidecker gemacht hatte. Er bleibt bis zum 30. September 1912 der Leiter der Schule. Zum 1. Oktober 1912 etatisiert das Kriegsministerium die erste deutsche Fliegertruppe. Major Willi Lehmann wird ihr Kommandeur mit Sitz in Döberitz. Die bis Oktober 1912 eröffneten Fliegerstationen Metz, Straßburg und Darmstadt unterstehen ihm aber nicht direkt, sondern werden dem Major beim Stabe im Westen, Major Wilhelm Siegert, unterstellt.
Am 13. Januar 1872 in Erfurt geboren, ist er zu seiner Zeit einer der ältesten Flugschüler. Am 11. Oktober 1912, kurz nach Antritt seines Kommandos in Metz, besteht der Vierzigjährige die Flugzeugführerprüfung auf einem L.V.G.-Zweidecker.
Der Winter 1912/13 beschränkt die Fliegerei auf das Notwendigste. Doch sofort, nachdem sich das Wetter gebessert hat, wird von den deutschen Fliegerstationen im Westen die Flugtätigkeit wieder verstärkt aufgenommen.
So wird im Februar 1913 eine Vielzahl von Überlandflügen durchgeführt. Am 13. Februar startet nachmittags der Kommandeur der Fliegerstation im Westen, Major Siegert, mit dem Flugzeugführer Leutnant Weyer auf dem Flugfeld der Fliegerstation Metz-Frescaty. Ziel des Fluges ist die Fliegerstation Straßburg. Nach dem Start wird der Nebel immer stärker, sodass sie sich entschließen, über den Nebel zu steigen. Dabei erreichen sie eine Höhe von 2587 Meter, was zu dieser Zeit einen Rekord für Offizierflieger darstellt. An ein Erreichen des Ziels, Straßburg, ist jetzt nicht mehr zu denken. Ohne die Möglichkeit, sich an markanten Bodenmerkmalen zu orientieren, sind die Navigationsmöglichkeiten über einer geschlossenen Nebeldecke zu dieser Zeit sehr eingeschränkt. Neben einem Drehzahlmesser haben die meisten Flugzeuge meist nur einen Kompass an Bord. So ist das nahe liegende Ziel, eine Lücke in der Nebeldecke zu finden, um sicher landen zu können. Aber hier verlässt das Glück die beiden Offiziere, und sie müssen schließlich infolge Benzinmangels niedergehen und im Nebel landen. Das Wittlicher Kreisblatt bringt hierzu folgende kurze Meldung: "Binsfeld, 14. Febr. Ein Metzer Aeroplan muß-te lt. ‚Tr. Ztg.‘ gestern hier landen". Ein Major und ein Leutnant waren am Nachmittag in Metz aufgestiegen und hinter Speicher durch einen dichten Nebel gezwungen worden, niederzugehen. Beim Landen, das sich an einer abschüssigen Stelle vollzog, stieß der Aeroplan an einen Baum; er wurde so stark beschädigt, daß die Flieger ihn verpackten und die Rückreise mit der Bahn antraten. Erstaunlich ist, wenn man das Foto der Bruchlandung betrachtet, dass beide Offiziere anscheinend unverletzt geblieben sind. Dies ist möglicherweise auf eine Neuerung an deutschen Militärmaschinen dieser Zeit zurückzuführen.
Nach den vorangegangenen Erfahrungen wurde empfohlen, alle deutschen Militärmaschinen mit Sicherheitsgurten auszurüsten.
Der Artikel wurde dem Kreisjahrbuch 2014 Bernkastel-Wittlich mit freundlicher Genehmigung entnommen.
Extra

Erste Entwürfe für Flugzeuge entwarf bereits der Universalkünstler Leonardo da Vinci (1452-1519) in der Zeit der Renaissance. Zwar war keines dieser Modelle flugtauglich, aber da Vinci lieferte viele Ansätze. 1810 bis 1811 ging Albrecht Ludwig Berblinger, als "Schneider von Ulm" in die Geschichte ein. Er baute einen ersten Gleitflieger, stürzte aber in die Donau. Letztendlich blieb es den Brüdern Wright vorbehalten, am 17. Dezember 1903 den ersten Motorflug durchzuführen. Nur wenige Jahre später entstanden die ersten praxistauglichen Flugzeuge. Die Entwicklung ging auch durch den Kriegsausbruch und das entsprechende Interesse der Militärs bedingt, schnell voran. So gab es bereits im Ersten Weltkrieg die ersten Luftkämpfe über Nordfrankreich und Belgien. Der erste Luftkampf, bei dem ein Flugzeug abgeschossen wurde, war am 5. Oktober 1914. Zwei französische Maschinen nahmen ein deutsches Flugzeug unter Beschuss, das abstürzte. red

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