Brücke zu, Straßen verstopft: Verkehrsstress in Niederkail

Niederkail · Seit April ist die Kailbachbrücke in Niederkail (Landkreis Bernkastel-Wittlich) gesperrt. Viele Autofahrer quetschen sich durchs Dorf, anstatt die Umleitung zu nutzen. Das sorgt für jede Menge Chaos und Ärger.

 Der Niederkailer Heinz-Helmut Boschen, Ortsvorsteherin Marita Illigen und Feuerwehr-Wehrführer Thomas Gruber vor der gesperrten Kailbachbrücke. Sie ärgern sich über rücksichtslose Auto- und Lastwagenfahrer. TV-Foto: David Falkner

Der Niederkailer Heinz-Helmut Boschen, Ortsvorsteherin Marita Illigen und Feuerwehr-Wehrführer Thomas Gruber vor der gesperrten Kailbachbrücke. Sie ärgern sich über rücksichtslose Auto- und Lastwagenfahrer. TV-Foto: David Falkner

Foto: (m_wil )

Direkt vor der gesperrten Kailbachbrücke wird der rote Audi mit Esslinger Kennzeichen langsamer. Das ältere Ehepaar aus Baden-Württemberg will eigentlich die Tochter in Binsfeld besuchen. Jetzt sind sie hier gelandet, mitten in Niederkail. Langsam senkt sich das Seitenfenster. "Entschuldigung", fragt die Frau auf dem Beifahrersitz vorsichtig, "wie geht es denn hier weiter?" Die Antwort ist einfach: Eigentlich gar nicht.

Seit April ist die Kailbachbrücke wegen Bauarbeiten gesperrt. Die Umleitung führt im großen Bogen um Niederkail herum (siehe linke Grafik). Das Problem ist, dass die insgesamt sieben Umleitungsschilder zwischen Autobahn und Endstation Kailbachbrücke von vielen Auto- und Lastwagenfahrern ignoriert werden. Statt dann umzukehren, quetschen sich die oft ortsfremden Fahrer über die schmale Peter-Zirbes-Straße durch Niederkail (siehe rechte Grafik).

Das geht vielen Anwohnern gehörig gegen den Strich - unter anderem auch Thomas Gruber, dem Wehrführer der örtlichen Feuerwehr. "Morgens zwischen 6 und 7 Uhr fahren hier etwa 100 Fahrzeuge durch. So viel Verkehr war hier vor der Sperrung an einem ganzen Tag." Dabei geht es Gruber nicht nur um Ruhe und abgasfreie Luft: "Wenn hier mal ein Lastwagen steckenbleibt, ist die enge Straße komplett dicht. Da kommt im Notfall auch kein Rettungswagen mehr durch."

"Man kann Gott danken, dass es noch keinen ernsten Unfall gab", fügt Ortsvorsteherin Marita Illigen hinzu. Sie ärgert sich auch über die Schäden, die vor allem die Lastwagen in der engen Straße anrichten: Einige Hecken und Sträucher sind sichtlich lädiert, das Schild der Bushaltestelle ist von einem Unbekannten umgefahren worden. Anwohner entlang der Straße haben ihre Grundstücke mit Warndreiecken ausgestattet, um die kleinen Mäuerchen, die Hauswände und Gärten zu schützen, so gut es eben geht. "Das Grünzeug wächst nach, das ist nicht so schlimm", sagt Marita Illigen. "Aber auf den restlichen Schäden bleiben wir wohl sitzen."

Nicht nur das Verkehrsaufkommen sorgt für Unmut, auch die Rücksichtslosigkeit der Fahrer. In der Peter-Zirbes-Straße gilt Tempo 30. "Die Leute fahren viel zu schnell hier durch", sagt Anwohner Heinz-Helmut Boschen. "Sogar das Ausparken aus der eigenen Einfahrt ist oft sehr schwierig."

Er ärgert sich auch über die Polizei: Die hat Verkehrskontrollen während der Sperrung angekündigt. "Die kontrollieren auch", bestätigt Boschen. "Aber nicht oft genug, und dann meistens so offensichtlich, dass sie schon von weitem gesehen werden." Ewald Heck, der Ortsbürgermeister der Mehrortgemeinde Landscheid, zu der Niederkail gehört, hat eine Messtafel organisiert, die den Verkehr in der Peter-Zirbes-Straße zählt. Die Anlage bestätigt die Klagen: Rund 600 Autos werden an einem Tag in der Straße gezählt, viele davon sind zu schnell unterwegs. "Mittlerweile gibt es viele Beschädigungen durch drehende LKW", bestätigt Heck dem TV.

Bei der Polizei in Wittlich ist das Problem bekannt. "Der Ortsbürgermeister aus Niederkail strebt einen Ortstermin mit den Behörden, auch der Polizei, an, um die Situation vor Ort zu besprechen und nach Möglichkeiten der Abhilfe zu suchen", schreibt der stellvertretende Leiter Georg Bührmann dem TV in einer schriftlichen Stellungnahme. Die Möglichkeiten, die Verkehrsgeschwindigkeit in Niederkail zu reduzieren, seien begrenzt, und Kontrollen hätten nur zeitlich eingeschränkte Wirkung.

"Trotz dessen wird sich die Polizeiinspektion Wittlich weiterhin der Sorgen der Anwohner annehmen und weitere Kontrollen terminieren", schreibt Bürmann weiter. "Wir appellieren an alle Fahrzeugführer, auf die Anwohner Rücksicht zu nehmen und sich an die erlaubte Höchstgeschwindigkeit und die angeordneten Durchfahrtsverbote zu halten."

Eine Hiobsbotschaft für die Niederkailer kommt aus Trier: Die Baustelle bleibt länger als geplant. Eigentlich hatte der Landesbetrieb Mobilität angekündigt, bis Ende Dezember fertig zu sein. Auf Anfrage des TV heißt es nun, dass der Zeitrahmen voraussichtlich nicht eingehalten werden kann und die Bauarbeiten sich bis ins nächste Jahr hinziehen werden. Was in der Peter-Zirbes-Straße los ist, wenn Schnee oder Eis die Fahrbahn glatt werden lassen - das will sich dort derzeit niemand vorstellen.

MeinungErst denken, dann lenken

Klar, ein einzelner Autofahrer, der sich die riesige Umleitung um Niederkail spart, ist kein Problem. Ist ja auch total lästig, so ein Umweg. Klar, der zweite Autofahrer, der dem ersten hinterhertuckert, der denkt sich: "Macht ja nix, der andere fährt ja auch hier durch." Genauso der dritte, der vierte und der dreihundertste. "Macht doch nix, die anderen fahren ja auch", so oder so ähnlich wird es sich jeder einzelne denken. Klar, alles kein Problem? Nein, ein wirkliches Problem - wie sich in Niederkail wieder einmal zeigt. Schluss mit "Ich fahre nur schnell durch, wird schon keinen stören", Schluss mit "die anderen tun's ja auch." Solange die Auto- und Lastwagenfahrer grundsätzlich keine Rücksicht nehmen wollen, kann die Polizei auch nicht viel tun. Hier ist der Anstand jedes einzelnen Autofahrers gefragt. Regeln sind da, um eingehalten zu werden, und in den allermeisten Fällen (man glaubt es kaum) machen sie auch Sinn! Also, ein Aufruf an alle: Das nächste Mal nachdenken und dann erst den Blinker setzen. Und nicht umgekehrt.

d.falkner@volksfreund.de

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