Bürgermeisterstuhl und Zaubertaube

Wittlich · Bevor die Ära des Kolpinghauses endet und damit auch der vielfältig genutzte Saal verschwindet, erinnern Volksfreundleser daran, was sie dort erlebt haben. Dass die Institution schließen muss, bedauern viele. Die Immobilie ist für die Kolpingsfamilie nicht mehr zu halten. Vermutlich wird nach dem Verkauf alles entkernt und zu Wohnungen umgebaut.

Wittlich. "Das ist traurig... sehr, sehr schade... Ich verbinde sehr schöne Kindheitserinnerungen mit dem Kolpinghaus", so schreibt ein Wittlicher als Kommentar auf der Facebook-Seite der Wittlicher TV-Redaktion. Auch andere haben auf den Bericht zum Ende der Ära Kolpinghaus reagiert. So bekam Tanzlehrer Heinz Georg Exler viele besorgte Mails. Er trainiert im Saal seit Jahren Tänzer. Viele fürchten, dass er nach dem Verkauf der Immobilie, die er gemietet hat, in Rente geht. Er möchte das nicht, denn er ist auf der Suche nach einem Saalersatz. Anderes ist endgültig Vergangenheit. So auch die Kindheit von Christina Bianco, die mittlerweile in Allersberg, Mittelfranken, lebt. Die gebürtige Wittlicherin erzählt: "Mir kamen viele tolle Stunden in Erinnerung, da meine ältere Schwester dort in der Hausmeisterwohnung mit ihrer Familie lebte. Darum war ich dort öfter zu Besuch. Für uns Kinder war das Haus an sich schon der reinste Abenteuerspielplatz. Aber das Highlight waren natürlich die Veranstaltungen. An eine erinnere ich mich besonders.
Kaninchen auf der Bühne


Es war die Vorstellung eines Zauberers. Bei dieser Show hatten meine Nichte und ich diverse Privilegien. So durften wir auch hinter die Bühne, wo sämtliche Requisiten und Tiere waren. Kurz bevor die Show vorüber war, haben wir uns zu den Tieren geschlichen und waren auch gleich Feuer und Flamme für selbige. Sie waren so niedlich und taten uns in ihren engen Käfigen sehr leid. Also haben wir die Käfige geöffnet, wollten mit den Tieren spielen und ihnen die Freiheit schenken. Naja, der Zauberer fand das nicht so toll, als plötzlich hinter dem Vorhang seine Tauben aufflogen und Kaninchen auf die Bühne hoppelten, die sich auch nicht so leicht einfangen ließen. Es gab natürlich auch ein bisschen Ärger. Heute ist es eine schöne Erinnerung, über die immer noch gelacht wird."
Nicht zum Lachen war es dagegen einem ehemaligen Stadtoberhaupt im Saale Kolping, wie Adi Kaspari zu erzählen weiß:
"Der frühere Bürgermeister Hagedorn war zu einer Karnevalssitzung im Kolpinghaus eingeladen. Der Tisch stand bereit und auch die Stühle. Doch als Herr Hagedorn kam, fehlte ein Stuhl. Jemand anderes hatte einen gebraucht und seinen weggenommen. Helmut Hagedorn schaute zwei Mal hin und her, und weil Saaldiener Oskar Hartmann einen Moment nicht anwesend war, verließ der Bürgermeister ohne viel Worte den Saal, um nach Hause zu gehen. Herr Hartmann lief ihm die Treppe hinunter nach, um das Missgeschick zu erklären. Jedoch ließ Hagedorn sich nicht erweichen, zurückzukommen. Und seitdem hat Herr Hagedorn nie wieder an einer Sitzung teilgenommen."
Es gebe aber sicher noch andere Stekgelcha aus dem Saal zu erzählen. Immerhin fanden die ereignisreichen Karnevalssitzungen der Narrenzunft seit 1984 bis 1989 im Kolpinghaus statt. Auch die Abschlussveranstaltung für die Prämierung nach dem Fastnachtsumzug fand bis 1989 im Kolpinghaus statt. sos

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