CDU erleidet größten Mitgliederverlust

Bernkastel-Wittlich · Leichte Schwankungen bei SPD, FDP, Die Linke und Bündnis90/Die Grünen, Verluste bei der CDU: So hat sich die Parteienlandschaft im Kreis Bernkastel-Wittlich in den vergangenen Jahren mit Blick auf die Mitgliederzahlen entwickelt. Die Union bleibt aber mit Abstand die größte Partei.

Bernkastel-Wittlich. Manche Themen meiden Politiker gerne. Die Frage nach der Zahl der Mitglieder ihrer Partei gehört oftmals dazu. Schließlich werden die Bindungen an Union, SPD & Co. schwächer. Das bekommt zum Beispiel die CDU im Kreis Bernkastel-Wittlich zu spüren. Anfang 2007 hatte sie noch 1776 Mitglieder, Ende 2011 waren es nur noch 1521, also 255 weniger. Insgesamt haben in den vergangenen fünf Jahren 480 Menschen die Partei verlassen, und 225 Bernkastel-Wittlicher sind neu eingetreten.
Unzufriedenheit mit der Politik, Renteneintritt, Pflegefälle, finanzielle Gründe: All das bewege Menschen, aus der Partei auszutreten, listet Bezirks- und Kreisgeschäftsführer Jürgen Jüttermann auf. Bei knapp einem Drittel seien Todesfälle oder Umzüge der Grund gewesen. Das Durchschnittsalter der CDU-Mitglieder im Kreis liege bei 58 Jahren, nur fünf Prozent seien jünger als 30. Frauen stellen 18,9 Prozent der CDUler im Kreis. "Vor allem die Abgänge durch Tod sind in den letzten Jahren nur schwer zu verkraften", sagt Jüttermann.
Zweitgrößte Partei im Kreis ist die SPD mit laut der Kreisvorsitzenden Bettina Brück derzeit 800 Mitgliedern. In den vergangenen fünf Jahren habe der Kreisverband 173 Zugänge und 218 Abgänge verzeichnet, es sind heute also 45 Mitglieder weniger. Auch hier sind Sterbefälle ein Hauptgrund. Zwar seien viele junge Leute der Partei beigetreten, aber "die demografische Entwicklung erfüllt uns für die Zukunft ein wenig mit Sorge", sagt Brück. "Der Altersdurchschnitt der Mitglieder im Kreisverband liegt bei 56 Jahren, die durchschnittliche Mitgliedsdauer aktuell bei 23 Jahren Mitgliedschaft."
In der FDP hat in den vergangenen fünf Jahren die Mitgliederzahl zwischen 177 und 205 geschwankt. Dieser vergleichsweise hohe Stand aus dem Jahr 2009 hänge mit den Kommunalwahlen zusammen, sagt Dirk Richter, Vorsitzender des Kreisverbands. Vor allem vor Kommunalwahlen werde für Beitritte geworben. Derzeit haben die Liberalen 188 Mitglieder, die Beiträge zahlen. Zudem hätten die Jungen Liberalen 20 Aktive. Die FDP gewinne zwar Mitglieder der "großen Politik" wegen, aber weit mehr dank kommunalpolitischer Interessen.
Bei den Linken gab es zu Beginn eine hohe Fluktuation, doch seit eineinhalb Jahren habe sich die Mitgliederstruktur stabilisiert, sagt Kreisvorsitzender Hans Werner Jung. 2011 habe die Partei zwölf neue Mitglieder gewonnen, somit seien es jetzt 49. Für einen ländlichen Kreis sei das ein guter Schnitt. Vor allem öffentliche Veranstaltungen, die zu aktuellen Themen auf die Beine gestellt wurden, seien gute Werbung für die Partei gewesen. 2009 habe es nach der Bundestagswahl einen kleinen Einbruch gegeben, was aber primär internen Querelen innerhalb der Partei geschuldet gewesen sei.
Uwe Andretta, Kreisvorstandssprecher von Bündnis90/Die Grünen, möchte die Zahl der Parteimitglieder nicht verraten. "Grüner ist man nicht per Parteibuch." Sprich: Es gebe weitaus mehr Unterstützer der Politik als Parteimitglieder. Schließlich sei der Mitgliedsbeitrag mit mindestens zehn Euro im Monat - Ermäßigungen ausgenommen - relativ hoch. Der Kreisverband sei zwar klein, der Mitgliederstand aber in den vergangenen Jahren konstant. Seit Anfang 2011 sei die Zahl um etwa zehn Prozent gestiegen - nicht zuletzt auch wegen der Nuklearkatastrophe von Fukushima.
Von der FWG gab es keine Auskunft.
Und wie wollen die Parteien neue Mitglieder gewinnen? "Auf andere positiv wirken, Einwände als Chance begreifen, Angebote zum Mitmachen, Mitentscheiden", nennt Jüttermann einige Beispiele. Neben politischen seien gesellige Aktivitäten wichtig.
Einer der jungen Leute, die sich politisch engagieren, ist der 21-jährige Christoph Thieltges aus Dreis. 2006 stieg er in die Junge Union (JU) ein, im vorigen Jahr in die CDU. Jetzt leitet er den Gemeindeverband Eifel-Mosel der JU. Sein Ziel: mitgestalten. "Wir müssen die Basis mobilisieren und Politik Jugendlichen einfacher erklären."Meinung

Schweigen hilft nicht
Offenheit, durchsichtige Strukturen, Klartext: Dafür sind Parteien nicht unbedingt bekannt. Vielerorts haben sie das zwar eingesehen und eine größere Transparenz angekündigt. Doch wenn es unbequem wird, greift auch so mancher Kommunalpolitiker zur Notbremse - und schweigt. So haben weder die Grünen noch die FWG die Frage des TV nach der Zahl ihrer Mitglieder beantwortet. Dabei ist klar: Es hilft nichts, die Augen vor den Fakten zu verschließen. Nur wer die Zahlen beobachtet, wird auch Chancen erkennen, entgegenzusteuern - zum Beispiel mit Hilfe von Ehrlichkeit. u.quickert@volksfreund.de

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