Chefarzt sagt Wittlicher Klinik Adieu

Wittlich · Der Chefarzt der Inneren Abteilung im Verbundkrankenhaus Bernkastel-Wittlich und frühere ärztliche Direktor, Privatdozent Dr. Thomas Zimmer, beendet aus freien Stücken seine Klinik-Karriere. Eine Gewissensentscheidung. Seiner Profession bleibt er treu. Den feierlichen Abschied vom Haus begleiten fast 200 Gäste.

Chefarzt sagt Wittlicher Klinik Adieu
Foto: klaus Kimmling (m_wil )

Wittlich. Ungewöhnlicher Andrang und spezielles Publikum in der Cafeteria des Krankenhauses: Wo sonst Patienten in legerer Kleidung, Besucher mit teils betroffenen Gesichtern und Klinikpersonal alltäglich Pause machen, ist alles festlich weiß geschmückt. Farbpunkte setzen Chefärzte im Anzug, Lokalpolitiker, darunter die Ex-Landrätin, schickes Pflegepersonal, niedergelassene Ärzte, Führungskräfte auch in Schwesterntracht. Man kennt sich offiziell, beruflich, aber auch freundschaftlich. Wer Dienst hat, kommt im weißen Kittel. Den trug hier sonst Privatdozent Dr. Thomas Zimmer. Jetzt ist er zivil im Anzug. Es gilt, seinem Nachfolger Professor Dr. Christian Bruch Willkommen zu sagen (der TV berichtete) und in erster Linie Zimmers Person und Leistung zum Abschied zu würdigen. Dazu ziehen die annähernd 200 Menschen alsbald weiter in den großen Konferenzraum. Dort hören sie einen Menschen und Arzt wertschätzende Ansprachen, eine kluge Laudatio und eine ungewöhnliche Abschiedsrede. Aufrecht, zurückhaltend bescheiden steht der ziehende Chefarzt dafür am Pult. Einmal muss er schlucken, als er all denen dankt, die eng mit ihm gearbeitet haben. Er blickt mit Sorgfalt auf seine Wegbegleiter zurück, will sie möglichst alle gewissenhaft würdigen. Und er zitiert einen Kollegenrat: "Den Patienten einfach in den Arm nehmen und sagen: ,Das wird schon wieder'. Das kann sehr viel mehr bewegen als manche Medizin." Dieses Detail aus der Abschiedsrede des 55-Jährigen sagt vielen offensichtlich viel: Mancher Kopf neigt sich leise nickend. Die meisten kennen das Dilemma: Der Arzt und seine riesige Verantwortung dem Menschen gegenüber, dazu die Anforderungen des Medizinbetriebs, der finanzielle Druck: Dieser Spagat, je höher die Karriereleiter führt, scheint wohl allen 1200 Mitarbeitern der Klinik bis hinein ins Management bewusst. Und Zimmers Kollegen und Chefs scheinen alle den Hut zu ziehen vor der Entscheidung, die der Mann nach 15 Jahren und langem Nachdenken getroffen hat. Dabei gelte für den stressigen Beruf: "Die wesentliche Kraftquelle ist, dass man eine eigene Vision hat." Er fühle sich dem geschenkten Vertrauen von Patienten und Mitarbeitern verpflichtet. Dieses Geschenk könne er nicht mehr annehmen, seine Vision damit nicht mehr leben. Wiedersehen ist möglich

Die Laudatorin, Schwester M. Basina Kloos, Hildegard-Stiftung, weiß: "Viele Ärzte tun sich schwer mit so viel Bürokratie und sich verschlechternden Rahmenbedingungen. Dazu noch Familie, ein wenig Freizeit unter einen Hut zu bringen, das ist eine Leistung." Sie dankt ihm für das Engagement in die zukunftsfähig aufgestellte Abteilung, Fortbildungsarbeit, Begleitung des Prozesses zum Klinikverbund bis zur Schaffung der zentralen Patientenaufnahme und auch für die "Motivationsfähigkeit, das Beste aus jedem herauszuholen."Für die Gruppe der Chefärzte spricht Dr. med. Michael Lammertink: "Du hast alles so mit Herzblut getan, das ist dir vielleicht zum Fallstrick geworden". Er wünsche nun, "dass du eine ruhigere Kugel, man könnte sagen, einen ruhigeren Schlauch, schieben darfst." Alle lachen, auch als die Chefärzte per Geschenk Zimmer und dessen Frau Sabine quasi in den Urwald schicken: "Du fährst mit deiner Jane zum Muscial Tarzan nach Stuttgart." ctt-Geschäftsführer Dr. Günter Merschbächer bedauert die Entscheidung zum Weggang sehr: "Und ich bin dankbar, Ihnen begegnet zu sein."Ein Wiedersehen ist möglich. Ihr Mann, so Sabine Zimmer, bleibe seinem Spezialgebiet Gastroenterologie treu: "Er hat ja bereits im Sommer 2014 die Fachinternistische Praxis von Dr. Gerhard Bayer in Bernkastel-Kues übernommen. Jetzt wurden moderne Endoskopietechnik, Ultraschallgeräte und Anlagen zur Geräteaufbereitung eingebaut. Dr. Bayer ist weiterhin angestellter Arzt und dort mit meinem Mann tätig". Geplant ist ab Oktober in Wittlich eine zweite Praxis zu eröffnen. Ergänzend wird Zimmer stellvertretender Leiter des noch zu gründenden Zentrums für Viszeralmedizin und gastrointestinale Onkologie am Marienkrankenhaus in Trier-Ehrang. Fotostrecke auf:volksfreund.de

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