Chemnitzer Wissenschaftler besucht Synagoge und Kreisarchiv

Bernkastel-Wittlich · Dass eine der besten Massenrednerinnen der Kommunistischen Partei Deutschlands zu Beginn des 20. Jahrhunderts aus Lüxem stammte, wissen nur einige Wittlicher. Deshalb bot der Vortrag über die Politikerin Maria Reese einige Überraschungen.

Bernkastel-Wittlich. Auf Einladung des Kulturamtes der Stadt Wittlich und des Kreisarchivs Bernkastel-Wittlich hielt der Chemnitzer Wissenschaftler Dr. Werner Abel in der voll besetzten Wittlicher Synagoge einen Vortrag über Maria Reese. Die in Lüxem aufgewachsene Politikerin war heftig umstritten, als sie Ende der 1920er Jahre von der SPD zur KPD wechselte. Sie machte politisch Karriere und galt als eine der besten Massenrednerinnen der Kommunistischen Partei Deutschlands.
Umso heftiger reagierte die Deutsche Kommunistische Partei, als sie Ende 1933 ihren Austritt verkündete. Dr. Abel betonte, bei seinen Recherchen über die Geschichte der Arbeiterbewegung sei er wiederholt auf Reese gestoßen. Er merkte an, ihre internationale Präsenz in dieser Zeit und ihre Rolle im Kampf gegen den Faschismus seien noch immer nicht vollständig aufgearbeitet. Die Suche nach ihren schriftlichen Spuren müsse auf ausländische, vor allem auch auf Moskauer Archive ausgeweitet werden. Überrascht zeigten sich besonders die Lüxemer Zuhörer, von denen einige noch als Kinder Maria Reese erlebt hatten. Dass sie damals eine so prominente und weithin bekannte Person gewesen war, wussten nicht viele. Bekannt war sie im Dorf unter dem Spottnamen "die rote Kommunistin". Diese Bezeichnung traf im wörtlichen Sinne auf sie zu, denn sie war einige Jahre lang Schriftleiterin der KPD-Zeitung Die Rote Einheitsfront und publizierte auch in der Parteizeitung Die Rote Fahne.
Über das tragische Schicksal ihres Sohnes referierte Franz-Josef Schmit, der die Umstände von dessen Erschießung als Deserteur an der russischen Front im Jahr 1944 rekapitulierte und vorschlug, nach diesem jungen 21-jährigem Opfer der Wehrmachtsjustiz im Lüxemer Neubaugebiet eine Straße zu benennen. Bevor Dr. Abel die Rückreise nach Chemnitz antrat, besuchte er im Kreisarchiv die Bibliothek Mehs. Hier bekam er von der Archiv-Leiterin Claudia Schmitt das von Matthias Joseph Mehs erworbene Exemplar der Schrift von Maria Reese "Abrechnung mit Moskau" zur Prüfung in die Hand.
Diese Broschüre hatte die Politikerin im Jahr 1938 veröffentlicht, als sie nach einer erneuten politischen Richtungsänderung, deren Motive noch immer nicht vollständig geklärt sind, im Propagandaministerium unter Goebbels arbeitete. red

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