Cool und nachdenklich

BERNKASTEL-KUES. Cool, erlebnis- und familiensüchtig - die Jugend heute: Wie ist sie, welchen Herausforderungen muss sie sich stellen, was sollten Erwachsene über sie wissen, um mit ihnen umgehen zu können?

Diesen Fragen und mehr ging Marcus Hennecke, Diplom-Pädagoge und Dozent für Jugendkulturen, Jugendarbeit und Erlebnispädagogik, in seinem Diskussions-Vortrag in der Aula des Nikolaus-von-Kues-Gymnasiums nach. Eingeladen zu der Veranstaltung hatten der Förderkreis und die Schulleitung der Freiherr-vom Stein-Realschule. Ein "Riesenthema", das alle angeht, die mit Jugendlichen zu tun haben, wie eine Zuhörerin und Mutter Heranwachsender fand. Und doch war die Resonanz nicht überwältigend: knapp 60 Interessierte lauschten aufmerksam den zweieinhalbstündigen Ausführungen Henneckes und nutzten die Gelegenheit zur begleitenden Diskussion."Was ist richtig, was ist falsch?"

Viel wird über die heutige Jugend diskutiert: Sie sei blöd, man könne sich nicht auf sie verlassen. Doch so einfach können die Jugendlichen nicht eingestuft werden. "Sie verdienen unseren Respekt, denn kaum eine andere Generation werde so ,überschüttet' von unserer schnelllebigen Zeit", sagte Hennecke. Mittels schnell wechselnden Lichtbildern gab er einen optischen und akustischen Einstieg in die Welt der jungen Leute von heute. Was ist Jugend - auf diese Frage gebe es viele Antworten. Da tauchten Begriffe wie emanzipiert, verspielt, extrem, skeptisch, schwerelos, erfolgreich, multikulturell, Selbstbewusstsein, Körperlichkeit, Fitness oder Idole auf - um nur einige zu nennen. Hennecke versuchte das Bild der Jugend von heute aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu beleuchten. Da gibt es die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die sich verändert haben: Hohe Scheidungsrate, mehr doppelt verdienende Eltern, weniger "Geborgenheit" in einer Großfamilie, dafür mehr Ausprägung jugendkultureller Stile. Gleichzeitig gibt es von jugendlicher Seite immer mehr Suchbewegungen nach Berufsperspektiven, Ehe- und Familiensicherheit, Aufgehobensein und Geborgenheit durch soziales Umfeld. Wegen der Verschiebung der Wertenormen sei der junge Mensch von heute auf der Suche nach der Frage "Was ist richtig, was ist falsch?" "Der Jugendliche muss aber oft selbst seine Erfahrungen sammeln, da oftmals keine traditionellen Verankerungen mehr vorhanden sind", sagte Hennecke. Dadurch hätten sich für den Heranwachsenden zwar die Freiheiten erhöht, die Risiken und Gefahren aber ebenso. Eine Studie, bei der Tagebücher ausgewertet wurden, zeige, dass Jugendliche stark konsumorientiert sind sowie Sicherheit und Geborgenheit in der Masse suchen. Jugendliche wollen etwas erleben, für sie zählen Spaß und Vergnügen. Die Jugend nimmt das Leben ernst, macht sich Gedanken darüber, will aber auch bewusst Spaß haben. Die beliebtesten Wörter in den Tagebüchern waren "krass, cool und geil". "Doch was glauben sie, ist das wichtigste Wort für die Jugend von heute?", ging Henneckes Frage ans Publikum. Dies sei das Wort "Glaubwürdigkeit". Trotz verstärkter Individualisierung, erhöhter Entfaltungs-Chancen, wachsender Selbstständigkeit und Unverbindlichkeit erwarteten die jungen Leute von den Erwachsenen ehrliche Ansagen und klare Grenzen. Anweisungen und Regeln aber, die mit ihnen zusammen aufgestellt, und nicht von oben herab diktiert werden. "Die Jugend spricht darauf an", weiß Hennecke aus seiner langjährigen Erfahrung aus der Praxis. Und er nennt das Ziel seines Vortrags: Ein wenig mehr Sensibilität für die Jugend zu vermitteln und noch mehr Verständnis dafür zu entwickeln, womit der Jugendliche heute zu kämpfen hat.Rückendeckung und Selbstvertrauen

"Die Jugend verdient unseren Respekt, wir müssen ihr Rückendeckung und Selbstvertrauen vermitteln." Und man solle immer im Gespräch mit den jungen Leuten bleiben. Sabine Krämer, Mutter von drei Töchtern im Alter zwischen zwölf 14 und 16 Jahren, fand den Vortrag sehr aufschlussreich. Der Referent habe dieses "Riesenthema" anschaulich vermittelt. Viel Negatives höre man allenthalben über die heutige Jugend, Hennecke aber habe in seinem Vortrag "Jugend heute - ein möglicher Erklärungsversuch" das Positive herausgestellt, bemerkte Krämer.

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