Das Dutzend an steinernen Zeitzeugen ist voll

LIESER. Der Fund einer römischen Kelter im Moseltal ist nichts Ungewöhnliches mehr. Die Ausmaße der Anlage in Lieser überraschen aber selbst die Experten vom Rheinischen Landesmuseum in Trier.

In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Antike Welt" berichtet Karl-Josef Gilles, Oberkustos im Rheinischen Landesmuseum in Trier, noch von elf römischen Kelterhäusern, die seit 1977 an der Mittelmosel zwischen Wolf und Piesport gefunden worden sind. Die Geschichte muss wieder umgeschrieben werden. Vor wenigen Tagen wurde an der L 47 bei Lieser, die zwölfte Kelter entdeckt. Die Straße wird derzeit umfassend saniert. Das bietet die Gelegenheit, die Trasse per Fuß zu inspizieren. Das taten vor wenigen Tagen auch Barbara Kiesgen und ihre Mutter Ursula. Beide interessieren sich für Geschichte. "Ich habe sowieso geglaubt, dass es in diesem Bereich eine Kelter gibt", sagt Ursula Kiesgen. Bei ihrem Spaziergang stießen sie auf typische Mauerfragmente, fotografierten sie und riefen sofort Karl-Josef Gilles an, der aus dem Urlaub herbeieilte. Für den sind solche Anlagen nichts Außergewöhnliches mehr. Die Ausmaße dieser Kelter haben aber auch ihn überrascht. "Die Lieserer Anlage zählt zu den größeren Weinkeltern der Römerzeit. Die beiden Maischebecken sind mit jeweils sechs mal vier Metern sogar die bisher größten ihrer Art", erläutert er. Weil aber weder Kellerräume noch ein Fumarium (Rauchkammer) vorhanden sind, ist die Gesamtausdehnung kleiner als beispielsweise in Piesport. Ein Teil der Anlage, die aus dem dritten und vierten Jahrhundert datiert, ist allerdings in früheren Jahren, beim Bau der Straße und der Eisenbahntrasse, zerstört worden. Damals seien die geschichtlichen Dimensionen nicht bekannt gewesen, oder man habe eine Bauverzögerung befürchtet, sagt Gilles. Das sei mittlerweile nicht mehr der Fall. Mit den zuständigen Personen der Straßenbaubehörde, Edeltrud Bayer und Walter Klink, sei ein Weg gefunden worden, der die Bauarbeiten an der Straße möglichst wenig behindert. Wie andere Keltern auch, sei auch diese Anlage im Bereich der besten Weinlagen errichtet worden. "Das macht uns schon stolz", sagt Ortsbürgermeister Gerhard Stettler. Die Funde werden derzeit von Mitarbeitern des Rheinischen Landesmuseums dokumentiert. Eine Freilegung wie in Piesport, Brauneberg, Erden und Maring- Noviand wird aber nicht erfolgen. Das verhindern die örtlichen Gegebenheiten (Straße, Geologie) und sei auch nicht zu bezahlen erläutert Grabungsleiter Marcus Thiel. Dort wo die Maischebecken liegen, wird ein Mehrzweckstreifen entstehen. Der Hang, in dem sich ein weiterer Teil der Anlage befindet, muss mit einer Mauer gesichert werden. Den Mehrzweckstreifen soll aber an mehreren Stellen Naturasphalt durchziehen, der auf die Ausmaße der Maischebecken hinweist. Die Gemeinde möchte einige Fundstücke ausstellen und zumindest die Dokumentation der Anlage den interessierten Gäste präsentieren.

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