Geschichte Das Ende einer großen Sekt-Dynastie
KOBLENZ · Vor 75 Jahren ist der Frankfurter Kaufmann Alfred Feist-Belmont im KZ Buchenwald ums Leben gekommen. Bis zu seiner Inhaftierung im Jahre 1944 leitete der Unternehmer die aus der Koblenzer Weinhandelsfirma Gebrüder Feist & Söhne hervorgegangene Sektkellerei-Feist AG.
In diesen Tagen jährt sich zum 75. Mal der Jahrestag der Befreiung des Weimarer Konzentrationslagers Buchenwald. Im Zeitraum von Juli 1937 bis April 1945 wurden in dem NS-Arbeitslager und den dazugehörigen Außenstellen insgesamt circa 280 000 Menschen unter widrigsten Bedingungen gefangen gehalten.
Mehr als 56 000 von ihnen, darunter 11 800 Juden, starben an den Folgen von schwerer Zwangsarbeit, Folter, medizinischer Experimente oder Auszehrung.
Unter den Toten von Buchenwald befand sich auch der von der moselländischen Weinhandels-Dynastie abstammende Unternehmer Alfred Feist-Belmont. Der in den letzten Wochen des Lagers verstorbene KZ-Häftling war vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten einer der erfolgreichsten Sektfabrikanten Deutschlands.
Drei Jahrzehnte lang stand der Spross der früheren Koblenzer Familie Carl und Auguste Feist-Belmont (geborene Graubner) an der Spitze der Sektkellerei-Feist AG.
Der am 9. September 1883 in Frankfurt am Main geborene Geschäftsmann war seinerzeit an der Gründung der familiengeführten Aktiengesellschaft beteiligt. In das am 15. Juli 1908 entstandene Unternehmen wurde die im Jahre 1828 ins Leben gerufene Weinhandelsfirma Gebrüder Feist & Söhne GmbH miteingebracht.
Um 1857 erfolgte der Umzug des ehemals in Koblenz ansässigen Kellereibetriebes nach Frankfurt am Main. Die dort neu eingerichtete „Fabrik moussierender Rhein- und Moselweine“ produzierte ihren Sekt „ausschließlich nach der französischen Methode der Flaschengärung unter Verwendung von Champagner und Lotringer Weinen“.
Im Verlauf des frühen 20. Jahrhunderts entwickelte Alfred Feist-Belmont die damalige Sektkellerei-Feist AG zu einer der bedeutendsten und bekanntesten Getränkebetriebe des Deutschen Reiches.
Der große wirtschaftliche Erfolg der Firma hing wesentlich mit ihrer auffälligen Werbung in Zeitungen, Zeitschriften und anderen Druckwerken zusammen. Diese wurde einst von dem begabten Designer Carl Tips sowie dem angesehenen Maler und Grafiker Emil Doepler junior gestaltet.
Während des Ersten Weltkrieges zeichneten sich die gelungenen Werbebilder der beiden Künstler insbesondere durch die Verwendung patriotischer Bildmotive aus. So wurden auf den effektvollen Werbeanzeigen der Marke „Feist-Feldgrau“ heroisch wirkende Soldaten, Flieger und Matrosen der deutschen Streitkräfte mit Sekt feiernd in Szene gesetzt.
Darüber hinaus ließ das Unternehmen aufwändig lithographierte Werbepostkarten herstellen, auf denen unter anderem kunstvolle Gemälde der an der Mosel gelegenen Burg Eltz oder der Stadt Frankfurt abgebildet waren.
Seit dem 30. Juni 1926 war der evangelisch-gläubige Alfred Feist-Belmont mit der in Kirchvers geborenen Alix Feist-Belmont (1891-1975) verheiratet. Infolge der Machtergreifung Adolf Hitlers und der damit einhergehenden systematischen Judenverfolgung geriet der Sektfabrikant im Laufe der 1930er-Jahre in eine zunehmend bedrohlich werdende Situation. Denn seine Vorfahren der Familie Feist hatten jüdische Wurzeln.
Gemäß der sogenannten „Nürnberger Rassegesetze“ des Jahres 1935 wurde Feist-Belmont von den Nationalsozialisten als „jüdischer Mischling 1. Grades“ bezeichnet. Da sein Betrieb jedoch zunächst von der weitreichenden Enteignung oder „Arisierung“ jüdischer Unternehmen verschont blieb, konnte der Firmenleiter seine Stellung als Vorstandsvorsitzender der „Feist-Belmont‘schen Sektkellerei AG“ bis ins Jahr 1944 bewahren.
Im Zuge der immer umfangreicher werdenden Deportationen jüdischer Mitbürger wurde der Kellereibetreiber am 18. April 1944 dennoch von den Nationalsozialisten festgenommen. Als Anlass für seine Verhaftung durch die Geheime Staatspolizei (Gestapo) galt der Vorwurf, er habe „sich als Halbjude nicht genügend Zurückhaltung auferlegt und unerwünschten gesellschaftlichen Verkehr“ gepflegt. Nach mehrmonatiger Gestapohaft wurde Feist-Belmont am 4. Januar 1945 in das in Thüringen gelegene KZ Buchenwald verschleppt.
Nur knapp ein Monat vor der Befreiung des Lagerkomplexes erlag der Geschäftsmann am 8. März 1945 den dortigen Haftbedingungen. Ein im Jahre 2011 verlegter „Stolperstein“ vor dem früheren Wohnsitz des NS-Opfers in Frankfurt erinnert heute an das Schicksal des Sektfabrikanten.