Das gab's noch nie: Rieslinglese ist fast schon beendet

Bernkastel-Kues/Trier · So früh wie noch nie: Anfang Oktober haben viele Moselwinzer bereits die Rieslingtrauben geerntet. Die Mengen sind gering, die Qualitäten aber gut bis sehr gut.

 Annette Schiffmann bei der Rieslinglese in der Toplage Brauneberger Juffer-Sonnenuhr.

Annette Schiffmann bei der Rieslinglese in der Toplage Brauneberger Juffer-Sonnenuhr.

Foto: Winfried Simon

Dieses Weinjahr ist außergewöhnlich. In "normalen" Jahren beginnen die Winzer erst Anfang Oktober mit der Rieslinglese, nun sind die meisten schon fertig. Die Trauben waren in diesem Jahr sehr früh reif, und weil sie in vielen Weinbergen von Fäulnis befallen sind, muss es jetzt sehr schnell gehen. Sie wollen die Ernte retten, bevor noch mehr Schaden entsteht. Kleine und mittelgroße Weinbaubetriebe haben ihre Rieslingernte bereits eingebracht oder werden Ende dieser Woche fertig. Die Lesemannschaften größerer Weingüter sind auch nächste Woche in den Steillagen. Doch Mitte Oktober dürften über 95 Prozent der Rieslingtrauben auf der Kelter beziehungsweise als gärender Most im Keller sein. Für Gerd Steffen, Weingut Steffen-Prüm aus Maring-Noviand, ist der morgige Freitag der letzte Lesetag in diesem Jahr. "So früh mit der Rieslinglese fertig - das gab es noch nie", sagt der Winzer. Überhaupt hat das Vegetationsjahr 2017 noch eine ganze Reihe anderer Besonderheiten aufzuweisen. Es begann mit einer frostigen Nacht Ende April, als nicht nur in den bekannten gefährdeten Flachlagen junge Triebe und Knospen erfroren, sondern es auch die Steillagen erwischte. Von da an war klar: Die Erntemenge wird nicht üppig ausfallen. Dann folgte ein sehr trockenes Frühjahr und ein sehr nasser Juli und August. Die Folge: Die Reben wuchsen rasant, die Trauben wurden schnell reif und dick und damit anfällig für Fäulnis. Und jetzt also ein hektischer Herbst, um möglichst viele gesunde Trauben reinzuholen. "So viele Höhen und Tiefen in einem Jahr, das habe ich noch nicht erlebt", sagt Steffen. In seinem Keller gären jetzt die Rieslingmoste. Mit den Qualitäten - die Mostgewichte bewegten sich zwischen 80 und 100 Grad Oechsle - ist er sehr zufrieden. Nicht aber mit der Menge. Steffen: Die könnte viel besser sein." Und die Qualität? Steffen rechnet mit "charakteristischen" Moselweinen, das heißt, Weine mit einer harmonischen Säure und viel Mineralität. Jörg Bauer, der in Mülheim ein Zehn-Hektar-Weingut bewirtschaftet, kann sich ebenfalls nicht an eine so frühe Rieslinglese erinnern. "Die Wetterkapriolen machen uns zunehmend Sorgen", sagt er. "Mal ist es Hagel oder Frost, dann sind es Pilzkrankheiten, dann die Kirschessigfliege und jetzt die frühe Ernte, die uns vor neue Herausforderungen stellen." Bauer hat seit Beginn der Rieslinglese am 26. September permanent die faulen Trauben aussortiert. Das ist mühsam und kostet Geld. Ende nächster Woche wird er alle Trauben geerntet haben.

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