Das Hunsrücker Platt hat viele regionale Besonderheiten

Hunsrück · Es war nur eine Frage der Zeit, bis ein Nachschlagewerk für Hunsrücker Dialekt erscheint. Bernd Bersch wurde 1969 in Sabershausen geboren. Er ist also ein sogenannter Native-Speaker - Hunsrücker Platt ist seine Muttersprache. Der in Pfalzfeld ansässige Kontrast-Verlag hat das kleine gelbe Büchlein mit dem Titel "Wörterbuch - Hunsrück heißt Honsreck" herausgebracht.

Hunsrück. Einen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt der Verfasser des neuen Nachschlagewerks Bernd Bersch nicht. Das wäre kaum zu realisieren. Es bietet aber allen Auswärtigen eine gute Ausgangsbasis, um besseren Zugang zum Hunsrücker Platt zu bekommen. Anders als herkömmliche Lexika wird es allerdings "Ausländern" nur bedingt weiterhelfen, wenn sie beispielsweise im heimischen Gasthaus ein Schnitzel mit Pommes und Salat in der Sprache der Ureinwohner bestellen wollen. Dafür bietet es allerdings neben einer Fülle von Dialekt-Ausdrücken viele Erklärungen inklusive Grammatik-Teil und nicht zuletzt eine Menge Lesespaß.
Varianten von Dorf zu Dorf


Letzteren dürften allerdings die Hunsrücker nördlich von Kastellaun eher genießen als beispielsweise die Hunsrücker aus der Simmerner oder Büchenbeurener Ecke.
Wie bei allen Dialekten weist auch das Hunsrücker Platt von Dorf zu Dorf mitunter erhebliche Unterschiede auf. Bernd Bersch ist sich dessen bewusst und stellt in seiner Einleitung klar, aus welcher Ecke er kommt und welche Sprachfärbung seine Version des geschriebenen Dialekts aufweist.
Das fängt schon beim Titel an. Ob "Honsreck" oder "Honsregg" dürfte den Lesern in Tiefenbach oder Mengerschied ziemlich egal sein, denn sie würden eher "Hunsrick" oder "Hunsrigg" sagen - und schreiben. Aber alle, die aus dem nördlichen Dunstkreis von Kastellaun stammen, können frohlocken: Ihre Muttersprache ist jetzt in Lexikon-Form dokumentiert.
Mit Akribie hat sich der Maschinenbauer und Wirtschaftsingenieur, der seit vielen Jahren in der Autoindustrie tätig ist, ans Werk gemacht.
Auf der Rückseite formuliert der Autor: "Das Wörterbuch dient den Einheimischen als Nachschlagewerk, den Hunsrücker Auswanderern zur Auffrischung und den Zugezogenen und Touristen als Verständigungs- und Lernhilfe." Einen Zweck hat der Verfasser verschwiegen: In geselliger Runde kann das Wörterbuch herrliche Vorlagen für Diskussionen bieten, angesichts der regional unterschiedlichen Aussprache einzelner Wörter. Das kann viel Spaß machen - vor allem wenn die Gesprächspartner aus verschiedenen Ecken des Hunsrücks kommen.
Als Einstieg singt Doris Ahnen, die rheinland-pfälzische Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur, das Hohelied auf die Bedeutung von Mundart und warnt vor der Gefahr von deren Aussterben. Sie nennt das Buch ein interessantes Nachschlagewerk, "das man gern auch mit einem Augenzwinkern lesen darf".
Es folgen unter anderem die Kapitel "Wortteil", "Eigennamen" sowie "Grammatik im Honsregger Platt". Die Leser erfahren beispielsweise, was eine "Gretzmill" ist - ein Runkel rübenzerhacker. Anderswo sagt man dazu "Krutzmaschien", aber Bernd Bersch kommt eben nicht von anderswo.
Wegfall des Genitivs


Zugezogene Gärtner zucken beim Wort "Kaarscht" unwissend mit der Schulter. In Berschs Wörterbuch erfahren sie, dass das eine vierzackige Gartenharke ist. Und wenn jemand seinen Pullover falsch herum angezogen hat, trägt er ihn "hennerschtfierascht".
Bei den Namen erfährt der Leser, welche besonders häufig im Hunsrück vorkommen und dass der Nachname Wagner eben auf den Beruf des Wagners zurückgeht.
Martha Wagner ist entsprechend "dat Wärnasch Madda". Fragt der ortsunkundige Tourist nach dem Weg, hilft ihm das Büchlein auch weiter, wenn ihm Ortsnamen wie "Brausert" (Braunshorn) oder "Sawasch" (Sabershausen, Geburtsort des Autors) genannt werden.
Die Grammatik des Hunsrücker Dialekts ist der des Hochdeutschen ziemlich ähnlich, führt der Autor aus. Es gibt laut Bersch nur wenige Unterschiede. Einer ist der Wegfall des Genitivs. Fazit: Das Wörterbuch macht trotz unvermeidbarer Defizite, die auf unterschiedliche regionale Gegebenheiten zurückzuführen sind sowie auf die Vielfalt, die allen Mundarten gemein ist, jede Menge Spaß und bietet eine recht umfassende Erläuterung des Hunsrücker Dialekts.

Wörterbuch - Hunsrück heißt Honsreck, Bernd Bersch, Kontrast-Verlag, Pfalzfeld, 9,90 Euro

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