Das langsame Sterben des Turnvereins

Manderscheid · In den guten Tagen des Gymnastikvereins Manderscheid haben sich jeden Mittwoch 20 Frauen in der Manderscheider Turnhalle getroffen. Jetzt kommen nur noch drei bis vier. Deshalb hat der Vorstand beschlossen, den Verein aufzulösen. Aber das ist gar nicht so einfach.

 So waren die Anfänge der Frauengymnastik in Manderscheid in den 1970er Jahren. Bis ins hohe Alter haben die Frauen Sport gemacht. Fotos: privat

So waren die Anfänge der Frauengymnastik in Manderscheid in den 1970er Jahren. Bis ins hohe Alter haben die Frauen Sport gemacht. Fotos: privat

Manderscheid. Turnvater Jahn hätte an den Damen des Gymnastikvereins Manderscheid seine wahre Freude gehabt. Regelmäßig, ob im Sommer, ob im Winter kamen sie zusammen, um mit ihrem Trainer und ersten Vorsitzenden Matthias Meier zu turnen. Er sagt: "Wir haben das immer sehr ernst genommen. Da wurde nicht gequatscht, sondern der ganze Körper trainiert." Mit Hilfe von Stöcken, Bällen und Keulen wurden Übungen gemacht. Wichtig war dem Trainer, dass immer Funktionsübungen dabei waren, die das Gehirn mit fit halten, etwa indem man wechselweise den rechten Arm und das linke Bein gleichzeitig hebt. Matthias Meier berichtet: "Die Frauen, die ich trainiert habe, waren immer fit. Und das ist gerade im Alter wichtig, denn die Gefahr zu stürzen ist bei körperlich trainierten Menschen deutlich geringer, als bei Leuten, die sich kaum noch bewegen."
Nicht nur aus Manderscheid kamen Turnerinnen, auch aus Bleckhausen und Bettenfeld waren Frauen dabei. Neben dem Sport hat man sich zum Essen getroffen und einige Jahre den Kinderkarneval in der Stadt organisiert.
Inzwischen sind die aktiven Damen zwischen 74 und 88 Jahre alt. Ihr Besuch der Turnstunden ist nach und nach zurückgegangen. Matthias Meier sagt: "Gerade im Winter war es für die älteren Damen schwierig, wenn es kalt und glatt war, zum Turnen zu kommen." Manchmal kamen nur noch zwei oder drei zum Training. Hinzu kamen finanzielle Probleme, denn die Gruppe hatte nur noch zwölf Mitglieder, die einen Jahresbeitrag von 15 Euro bezahlt haben. Davon mussten sowohl Versicherung als auch Trainer bezahlt werden.
Schweren Herzens wurde so auf der vergangenen Jahreshauptversammlung einstimmig beschlossen, den Verein aufzulösen. Doch so einfach, wie sich das Matthias Meier, vorgestellt hat, ist es nicht: "Als ich den Verein vor 34 Jahren gegründet habe, habe ich eine Satzung geschrieben, den Vorstand beim Amtsgericht angegeben und fertig.
Aber jetzt müssen Liquidatoren bestellt, und veröffentlicht werden. Das Prozedere muss man erst mal verstehen. Für ältere Leute ist das nicht einfach."

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Extra

 Mit unterschiedlichen Turnmaterialien haben sich die Damen fit gehalten, hier zum Beispiel mit Bällen.

Mit unterschiedlichen Turnmaterialien haben sich die Damen fit gehalten, hier zum Beispiel mit Bällen.

Durch die Mitgliederversammlung muss beschlossen werden, dass der Verein aufgelöst wird. Die Liquidation erfolgt durch den Vorstand. Die Vorstandsmitglieder sind die Liquidatoren, falls es keinen anderen Beschluss der Versammlung gibt. Dann muss man einen Antrag ans Amtsgericht stellen, der von den Liquidatoren unterzeichnet ist, mit dem Protokolls der Sitzung, in der die Auflösung beschlossen wurde. Auch das Protokoll muss unterzeichnet sein, und die Unterschriften müssen beglaubigt sein. Die Auflösung des Vereins ist zu veröffentlichen, meist im Bundesanzeiger unter www.bundesanzeiger.de Stichwort: Registrieren, mit der Aufforderung an Gläubiger, sich zu melden. Nach der Bekanntmachung gibt es ein Sperrjahr in dem der Verein noch offene Forderungen einzieht, Schulden tilgt, laufende Verträge beendet und das Vereinsvermögen verkauft. Nach dem Sperrjahr müssen die Liquidatoren anmelden: "Die Liquidation ist beendet. Der Verein ist erloschen. Die Schriften werden verwahrt von." Auch das muss in öffentlich beglaubigter Form passieren. Ein Merkblatt und ein Vordruck zur Vereinsauflösung ist unter: www.mjv.rlp.de/Gerichte/Ordentliche-Gerichte/Amtsgerichte/Wittlich zu finden. chb

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