Das Leben hat sie wieder

WITTLICH. Sie hat es nicht allein geschafft: Jadranka Cigelj erfuhr jahrelange Unterstützung von der Gesellschaft für Menschenrechte, bevor sie das Buch "Appartement 102 – Omarska" jetzt auch in deutscher Sprache herausbringen konnte.

 Sie ist zurück im Leben und hat ihre traumatisierenden Erlebnisse in das Buch "Appartement 102 – Omarska" gepackt: Die Kroatin Jadranka Cigelj in der Buchhandlung Thiel. TV-Foto: Petra Geisbüsch

Sie ist zurück im Leben und hat ihre traumatisierenden Erlebnisse in das Buch "Appartement 102 – Omarska" gepackt: Die Kroatin Jadranka Cigelj in der Buchhandlung Thiel. TV-Foto: Petra Geisbüsch

Wenig schafft ein Mensch allein, vieles kann er in der Gemeinschaft. Die Kroatin Jadranka Cigelj, Juristin, Mutter, Menschenrechtskämpferin, inzwischen Regierungsangestellte als "Head of Office" im Amt für Zusammenarbeit mit Non-Government Organisations (NGOs), das sind nicht-staatliche Organisationen, hat in Katrin Bornmüller eine starke Helferin gefunden. Die Vorsitzende der deutschen Sektion der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte IGFM stand ihr zur Seite während der schlimmen Jahre nach 1992, als sie im serbischen Konzentrationslager Omarska im "Appartement" 102 interniert war, in dem viele andere getötet wurden, und während der schweren Jahre danach.Die erste Auflage war schnell vergriffen

Inzwischen geht es der 54-Jährigen wieder besser: Sie arbeitet in Zagreb, kann ihren Sohn finanziell unterstützen, und sie hat das Buch geschrieben, in dem sie ihre grausamen Monate in Omarska dokumentiert. "Die erste Auflage in Kroatien war innerhalb von acht Wochen vergriffen", berichtet sie, während sie in der Buchhandlung Thiel deutsche Übersetzungen signiert, "und in Bosnien wird es jetzt auch herauskommen". Gut sieht sie aus, scheint die traumatisierenden Erlebnisse tatsächlich ein Stück weit verarbeitet oder zumindest doch bearbeitet zu haben. Das Buch hat ihr, die nie eine andere Therapie machte, dabei geholfen, vielleicht auch die Frauen und Männer, die an diesem Tag so zahlreich in die Buchhandlung strömen und dadurch zeigen, dass sie an ihrem Schicksal teilnehmen. Da ist die Buchhändlerin Elisabeth Thiel, der das Unglück, das der Gruppe von Frauen um Jadranka zugefügt wurde, nahe geht. Da ist der Arzt aus Trier, der sich nicht als ausgesprochener Menschenrechtsaktivist beschreibt, der einfach Jadrankas Mut bewundert, das Grauen zu bearbeiten. Da ist die Bausendorferin Ana Müller, deren Bruder die Autorin kennt: Alle drei stammen aus Kroatien. "Die Welt ist klein", sagen die Frauen lachend und wechseln in die vertraute Muttersprache. Da sind Frauen, die das Buch für sich selbst kaufen und Männer wie Karl Fischer, der es seiner Gattin schenkt, und es "danach wohl auch selbst lesen" wird. Menschen also, die gezielt in die Buchhandlung kommen, weil sie entweder durch den TV von Jadranka gelesen oder vor der Tür von Katrin Bornmüller und ihren IGFM-Mitstreiterinnen darauf aufmerksam gemacht wurden, dass diese Frau drinnen ihre Bücher signiert. Und denjenigen, die stehen bleiben, auch davon erzählt, dass es in diesen Büchern nicht allein um Grausamkeit, Folter und Mord geht: Nein, es ist gleichzeitig eine Liebesgeschichte. Denn die Liebe, so belegt diese wahre Geschichte wieder einmal, ist bar jeder Logik und begegnet Menschen an den unglaublichsten Orten. Jadranka Cigelj: Appartement 102 - Omarska, kartoniert, 234 Seiten, ISBN 10: 3-938580-11-9, ISBN 13: 978-3-938580-11-0, Preis: 14,50 Euro.

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