Das Milchvieh und die Visionen

Manderscheid · In Parlamenten wechseln Mehrheiten regelmäßig. Die Landwirte haben Angst, dass sie darunter leiden. Bei der Aschermittwochstagung des Bauern- und Winzerverbandes ging es auch um die Grenzen der Landwirtschaft.

Manderscheid. Bauer sucht Frau. Die drei Worte klingen abgedroschen. So schlimm scheint das Problem auch gar nicht zu sein. "Stallarbeit muss Freude machen. Die überträgt sich, und es findet sich auch ein Hofnachfolger. Und der findet auch eine Frau", glaubt Hans-Theo Göbbel (Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen). Das Motto der Aschermittwochstagung des Bauern- und Winzerverbandes beginnt zwar auch mit den Worten "Bauer sucht", doch es folgt der Begriff Vision.
Für die Milchviehbauern im Kurhaus in Manderscheid ist ein dauerhaft höherer Milchpreis die schönste Vision. Doch das dürfte in dieser globalisierten Welt ein Wunsch bleiben. "Gibt es irgendwo in der Welt eine Dürre oder Überschwemmung, kommen auf den Märkten sofort Spekulationen in Gang", sagt Göbbel.
Mittlerweile, so ein Molkerei-Vertreter, ist sogar der berühmte Sack Reis in China marktrelevant. "Es kann noch keiner sagen, was in zehn oder 15 Jahren ist", sagt Josef Derstappen, Hauptgeschäftsführer des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau. Landwirt Stephan Zens fragt nach der Zukunft und damit der Vision eines Familienbetriebs in der Eifel. Es sei ein Unding, wenn ein Bauer nicht von 60 bis 80 Kühen leben könne, sondern gesagt bekomme, in einem gewissen Zyklus seine Herde verdoppeln zu müssen. "Irgendwann muss man doch davon leben können", sagt er unter dem Befall seiner Kollegen. Eine befriedigende Antwort haben die beiden Funktionäre auch nicht parat. Die Anforderungen würden eben immer größer, heißt es.
Günter Krämer ist optimistisch gestimmt. Er hat eine Herde von 180 Milchkühen und dazu das Glück, dass seine beiden Söhne Landwirtschaftsmeister sind und im Betrieb arbeiten. "Ich glaube, dass die Landwirtschaft eine Chance hat", sagt er dem TV. Die Jüngeren seien sowieso eher positiv gestimmt.
Welche Vision nehmen die Landwirte mit nach Hause? "Wir brauchen Unterstützung von der Politik und dürfen nicht, wie schon geschehen, an den Pranger gestellt werden", sagt Kreisvorsitzender Manfred Zelder.
Parlamente würden alle vier oder fünf Jahre neu gewählt. Wechselnde Mehrheiten dürften aber nicht an die Substanz der an Nachhaltigkeit arbeitenden Bauern gehen. Was kann der Landwirt selbst tun? Zelder: "Die Kostenstruktur in den Griff bekommen, mehr Manager und mehr Kaufmann sein."Kindernachricht: Milch

Die Milch kommt immer schon aus dem Euter der Kuh. Das wird auch so bleiben, doch was passiert nach dem Melken mit der Milch? Früher sind die Leute im Dorf morgens mit der Milchkanne zum Bauern nebenan gegangen und haben sich ein, zwei Liter frische Milch direkt auf dem Bauernhof geholt. Auch heute gibt es noch Bauern, die die Milch direkt verkaufen. Normalerweise kommt aber der Tankwagen, holt die Milch ab und bringt sie in eine große Molkerei. Davon gibt es in unserer Region zwei: eine in Thalfang (Hunsrück) und eine in Pronsfeld (Eifel). Dort wird die Milch nicht nur in Kartons oder Flaschen gefüllt. Dort entstehen auch Butter, Sahne, Joghurt und Quark. Verrückt ist dabei, dass viel davon in die ganze Welt verschickt wird, wir aber im Supermarkt um die Ecke auch Milchprodukte finden, die von weither kommen. Sagt euren Eltern, dass Sie beim Einkauf darauf achten sollen, Sachen zu kaufen, die hier, also möglichst nah an eurem Wohnort, hergestellt werden. Ein Landwirt bekommt übrigens 31 oder 32 Cent pro Liter Milch. Das ist viel, meint ihr? Ist es nicht. Vor 30 Jahren gab es schon genauso viel. Seither ist aber vieles, zum Beispiel Strom und Wasser, viel teurer geworden. Eine Kuh gibt etwa 7800 Liter Milch pro Jahr. Und da Kühe auch im Alter noch viel Milch haben, sind es bis zu 100 000 Liter in ihrem ganzen Leben. cbExtra

Im Kreis Bernkastel-Wittlich gibt es nach Auskunft von Manfred Zelder, Kreisvorsitzender des Bauern- und Winzerverbandes, noch etwa 480 Vollerwerbswinzer. Zum Vergleich: In der Verbandsgemeinde Manderscheid lebten vor 50 Jahren noch etwa 600 Familien von der Landwirtschaft. Mittlerweile sind es nur noch rund 50. An Fläche stehen 35 000 Hektar zur Verfügung. 17 000 davon sind Grünland, auf dem auch die Kühe weiden können. Der Rest ist Ackerfläche. Angebaut werden unter anderem Weizen (auf 3400 Hektar) und Mais (auf 3100 Hektar). cb

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