Das Prickeln im Bauch

Ein junges, sehr gut aussehendes Pärchen sitzt sich bei Kerzenschein gegenüber, schaut sich verliebt an, schwelgt in Erinnerungen an den Italien-Urlaub, und die beiden schieben sich gelegentlich ganz genussvoll ein Stück Backteig, belegt mit Tomaten, Käse und Salami in den Mund.

Es ist eine Szene aus einem Werbespot für Tiefkühlpizza. Die Werbeprofis werden wohl gewusst haben, wie sie Geschmack machen auf eine in Plastikfolie und im Ofen kurz aufgebackene Fertigpizza. Das Versprechen: Wer diese Pizza kauft, darf sich auf eine romantische Begegnung freuen und vielleicht auch auf mehr…

Eine Weizenbiermarke geht noch einen Schritt weiter. Eine reizende Dame in ebenso reizender Unterwäsche haucht mit französischem Akzent ihre Erinnerungen an den "lieben Arald": "Kannst du mir schicken eine Flasche von die Bier, die so schön hat geprickelt in mein Bauchnabel..."

Bier und Ofenpizzas sind für mich nicht gerade die Inbegriffe von sinnlichem Genuss. Dann eher schon Wein oder Sekt. Doch Sinnlichkeit findet man kaum, wenn es um Weinwerbung geht. Im besten Fall eine schöne Landschaft mit fröhlichen Menschen. Allzu oft kommt die Werbung für Wein gar nüchtern rüber und ist mit Informationen überladen.

Jeder Werbestratege weiß: Man muss Gefühle ansprechen, Emotionen wecken, um die Gunst des Kunden zu gewinnen. Und wenn ich an ein romantisches Candle-Light-Dinner denke und an "prickelnde Stunden", kommen mir sogar ohne Werbung eher Wein und Sekt in den Sinn als Tiefkühlpizza und Weizenbier.

w.simon@volksfreund.de.

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