Das schmeckt wie zu Kinderzeiten

Traben-Trarbach · Guido Pauls ist Koch im Seniorenheim Ida-Becker-Haus in Traben-Trarbach und seit kurzem eine echte Berühmtheit in der Moselstadt. Denn seitdem der TV über sein Kochprojekt berichtet hat, in dessen Rahmen er alte Gerichte nachkocht, interessieren sich viele Hobbyköche für seine Rezeptideen.

 Heimkoch Guido Pauls serviert Kunigunde Gollmann den noch ofenwarmen Zwetschgenkuchen, den er nach alter Rezeptur auf einem alten Herd gebacken hat. TV-Foto: Gerda Knorrn-Belitz

Heimkoch Guido Pauls serviert Kunigunde Gollmann den noch ofenwarmen Zwetschgenkuchen, den er nach alter Rezeptur auf einem alten Herd gebacken hat. TV-Foto: Gerda Knorrn-Belitz

Traben-Trarbach. Guido Pauls kann es immer noch nicht fassen. Binnen Stunden hatte der Koch des Seniorenheims Ida-Becker-Haus in Traben-Trarbach mehr als 100 Anfragen. Der Grund: Im Volksfreund war ein Artikel über sein Kochprojekt mit den Senioren erschienen, und alle wollten eines der Kochbücher haben.
Doch soweit ist es noch nicht. Pauls will nämlich alle 114 Bewohner des Ida-Becker-Hauses in das Buch einbeziehen. Mehr als 50 Rezepte mit Gedichten und Kochgeschichten von früher hat er bereits gesammelt. Seinen Plan, die Gerichte auf einem alten Herd nachzukochen, hat er mittlerweile in die Tat umgesetzt. Gespannt hatten die Bewohner auf diesen Tag gewartet.
Die mit Holz befeuerten Herde stehen im Garten. Pauls schiebt die schweren, mit Schweineschmalz ausgeriebenen gusseisernen Formen in den Ofen. Gugelhupfe, Marmorkuchen und große Bleche mit Zwetschgenkuchen entstehen so nach alter Rezeptur. "Der erste Kuchen ist mir total verbrannt", gesteht der 42-Jährige, der den Hausfrauen am Herd Respekt zollt. "Die wussten früher ganz genau, wann wieder ein Stück Holz aufgelegt werden musste."
Da sich die Temperatur an diesen Herden nicht regulieren lässt und die Hitze nur von einer Seite kommt, musste Pauls die Backformen alle paar Minuten drehen. Heimbewohner Alfred Schmidt schwärmt noch von den "guten alten Öfen", mit denen man einst die ganze Küche heizte. "Und im Winter legten wir die kalten Füße in die Ofentür."
Dann ist es soweit: Paul serviert die ersten Kuchen frisch aus dem Ofen. Ein Raunen ist an der festlich gedeckten Tafel zu hören, während vom alten Grammofon Musik über die "herrliche Jugendzeit" zu hören ist. Den mit Schmalz und Nierenfett gebackenen Gugelhupf findet eine Seniorin "viel zu schade zum Essen". Kunigunde Gollmann sagt: "Der Pflaumenkuchen ist eine Sünde wert." Sie ist voll des Lobes nicht nur über das Backwerk, sondern auch über den Koch, der Freizeit und Urlaub in dieses Projekt steckt. "Der Mann ist einmalig. Er bezieht alle Heimbewohner mit ein, auch die, die nicht mehr können, das ist toll." Beispielsweise habe er einer demenzkranken Dame eine Backform in die Hand gegeben. Zum Abendessen gibt es nach alter Kochkunst eine Schnippelbohnensuppe und Reibekuchen aus der Eisenpfanne. Der junge Koch freut sich mit den Bewohnern schon auf weitere Koch- und Backtage am alten Herd.Extra

Zwei alte Herde sind bei Heimkoch Guido Pauls nun in guten Händen. Einer stammt aus einem Hunsrücker Landgasthof und ist etwa 50 Jahre alt. Ein besonderes "Schätzchen" erhielt er von Karl-Heinz und Erika Arnoldi. Das Trabener Ehepaar lebt seit 2013 im Seniorenheim in Wittlich. Als der 84-jährige Arnoldi den TV-Bericht las, gab er seiner Tochter umgehend Order, den noch in der Kordelstraße stehenden Ofen dem Koch zu schenken. Er ist genau 62 Jahre alt und Erika Arnoldi brachte ihn als Mitgift in die Ehe. Sie bevorzugte später den Elektroherd, doch Ehemann Karl-Heinz liebte den alten Ofen, auf dem er noch letztes Jahr gekocht hat. "Ich bin so dankbar für diesen schönen gepflegten Herd", freut sich Guido Pauls. "Die Platten wurden früher mit Ruß eingerieben, das wirkte wie eine Politur", weiß der Koch. GKB

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