Das vergessene Freibad von Arenrath

Arenrath · In den 1930er Jahren wurde in Arenrath ein Freibad gebaut. Nutzer waren laut Zeitzeugen die Schulen aus Arenrath und Binsfeld - und Gäste der nationalsozialistischen Organisation Kraft durch Freude.

Arenrath. Die Menschen auf dem Foto sehen stolz aus. Es sind Bauern, Lehrer und Schulkinder, und sie haben gerade das Becken für ihr eigenes Schwimmbad ausgehoben. Ein Lehrer war auf die Idee gekommen, das Freibad zu bauen: Karl Steinbach, der Leiter der Arenrather Volksschule, wollte seinen Schülern unbedingt das Schwimmen beibringen.
Mit Schaufel und Schubkarre


1936 wurde sein Plan in die Tat umgesetzt: Mit Schaufel und Schubkarre hoben die Arenra ther ein Becken aus, verkleideten den Boden mit Holzbrettern und zimmerten aus dem Restholz Umkleidekabinen und ein Toilettenhäuschen. Später kam sogar ein betoniertes Planschbecken für die Kinder dazu. Das Wasser kam aus dem Arsbach; das Material wurde bei Schreinern und Schmieden aus den umliegenden Dörfern und aus Wittlich gekauft.
633,70 Reichsmark, so rechnet es die Chronik der Verbandsgemeinde Wittlich-Land vor, kostete der Bau des Schwimmbads insgesamt. So viel verdiente ein durchschnittlicher Arbeitnehmer damals in vier Monaten.
Im Mai 1936 wurde das Schwimmbad schließlich eröffnet. "Darauf hatten wir Kinder schon sehnsüchtig gewartet", erinnert sich Eduard Funk, heute 85 Jahre alt. "Der Schulsport wurde ganz aufs Schwimmen umgestellt."
Auch nach dem Unterricht war das Freibad an heißen Tagen gut besucht. "Wir haben viel Prügel gekriegt, wenn wir mittags nicht heimkamen", sagt Johann Metzen, ebenfalls 85 Jahre alt. "Im Wasser hatten wir einfach viel mehr Freude als bei der Ernte!" Die meisten Nutzer des Schwimmbads, so erinnern sich Funk und Metzen, waren Schüler aus Arenrath und Binsfeld.
Aber auch Gäste der nationalsozialistischen Freizeitorganisation Kraft durch Freude sollen ihren Spaß in dem Schwimmbad gehabt haben. "Die Leute von Kraft durch Freude kamen sonntags aus Herforst", erzählt eine 83-jährige Arenratherin. "Die waren da im Hotel Hemmerling untergebracht." Was nach dem Krieg aus dem Schwimmbad wurde, lässt sich nicht genau sagen. Einen Hinweis gibt die Schulchronik, die im Kreisarchiv Bernkastel-Wittlich liegt. Im Jahr 1946 schrieb dort ein Lehrer: "Das Freibad kann nunmehr nach Säuberung von Unrat und Instandsetzung der Holzverkleidung wieder laufend benutzt werden."
Trotzdem verfiel das Schwimmbad und geriet in Vergessenheit - vielleicht, das vermutet Johann Metzen, weil man sich nach dem Krieg keinen Bademeister leisten konnte. Vielleicht auch, so Eduard Funk, weil sich kein Bürgermeister bereiterklärte, sich um das Schwimmbad zu kümmern.
Heute jedenfalls ist von dem Schwimmbad nicht mehr viel übrig. Bäume wachsen in der Talsohle, wo es einst stand, knapp 300 Meter vom Dorfplatz entfernt.
Für die alten Arenrather ist inzwischen vor allem eines wichtig: Durch Lehrer Steinbach und sein Freibad haben sie schwimmen gelernt. "Bedankt hat sich bei Steinbach nie einer dafür", sagt Funk. Und etwas wehmütig fügt er hinzu: "Wenn man es jetzt bedenkt: Eigentlich hätten wir uns bei ihm bedanken müssen." gub

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