Debatte über Kirchturmpolitik entzündet sich an Gewerbegebiet

Neumagen-Dhron/Piesport · In Neumagen-Dhron kocht eine Debatte wieder hoch, in der den Piesportern Kirchturmpolitik vorgeworfen wird. Denn ursprünglich wollten die beiden Orte das Gewerbegebiet "Wenigerflur" gemeinsam managen. Doch Piesport hat den Vertrag mit den Nachbarn gekündigt.

Neumagen-Dhron/Piesport. Es war einmal ein interkommunales Gewerbegebiet "Wenigerflur", geplant von den Gemeinden Piesport und Neumagen-Dhron. Die beiden hofften auf mehr Geld in der Kasse durch die Ansiedlung von Unternehmen.
2004 haben sie einen Vertrag geschlossen, laut dem Kosten, aber auch Einnahmen geteilt werden sollten. Sie handelten also ganz so, wie es Wissenschaftler empfehlen. Der Aachener Professor für Stadtentwicklung Dirk Vallée sagte kürzlich im TV-Interview, die Kommunen sollten sich in Zeiten des demografischen Wandels zusammenschließen und genau überlegen, welche Infrastruktur sie noch aufrecht- erhalten.
Der Piesporter Rat hat allerdings vor etwas mehr als einem Jahr den Vertrag gekündigt. Das ärgerte die Neumagen-Dhroner, die ansiedlungswilligen Firmen kein Land mehr anbieten können. Der Rat hat auch seinen Unwillen kundgetan - geändert hat dies nichts.
Weil die Neumagen-Dhroner nun zu einer Bebauungsplanänderung im Gewerbegebiet der Nachbarn befragt werden müssen, kommt die Debatte wieder ans Laufen. Alfred Schwarz, Sprecher der Freien Liste im Neumagen-Dhroner Gemeinderat, sagt: "Hier wird eine tolle Sache an die Wand gefahren! Die Entwicklung von zwei Orten mit um die 2000 Einwohnern, die zur Zusammenarbeit verdammt sein sollten, wird verhindert." Diese Kirchturmpolitik ärgere ihn.
Auch der Neumagen-Dhroner Ortschef Willi Herres spricht von Kirchturmpolitik. Es müsse darum gehen, Zukunft zu gestalten und Geld zu sparen, sagt Herres. Er kritisiert zudem, dass die Piesporter nicht gesagt hätten, warum sie den Vertrag gekündigt haben. Im gleichen Atemzug stellt er fest: "Es sind zwei Neumagen-Dhroner Firmen, die dort nun Flächen gekauft haben." Interkommunal hat er sich wohl anders vorgestellt.
Der Piesporter Ortschef Karl Heinz Knodt widerspricht seinem Amtskollegen. "Die Gründe für die Kündigung sind ausführlich im gemeinsamen Arbeitskreis "Wenigerflur" diskutiert worden", sagt er.
Dissenz bei Erschließung


Weiter erklärt der Ortschef, Piesport wolle das Gewerbegebiet aus mehreren Gründen allein betreiben. Als einen Grund für die "mit großer Mehrheit" beschlossene Kündigung gibt er an, dass sein Ort die Gewerbesteuer der bereits im "Wenigerflur" ansässigen Firmen hätte teilen müssen. Zudem hätten die Nachbarn das gesamte Gebiet erschließen wollen. Da das Land keine Förderung habe zahlen wollen, wäre dies zu teuer geworden, die Grundstücke wären nicht bezahlbar gewesen. So habe der Piesporter Rat beschlossen, einen Teil des sieben Hektar großen Gebiets zu verkaufen und den Rest selbst zu erschließen - ohne Straßen. Die geteerten Feldwege könnten zunächst genutzt werden.
Nicht alle im Rat waren mit dem Vorgehen einverstanden. Oliver Maximini (Wählergruppe Maximini) sagt: "Unsere Fraktion war immer für den Erhalt des interkommunalen Gewerbegebietes … Wir wollten weg vom Kirchturmdenken." Für die Neumagen-Dhroner wird das kein Trost sein, die Sache ist gelaufen. Laut Verwaltung könnte auch ein Nein zur Bebauungsplanänderung heute Abend (17 Uhr, Bürgerhaus) Piesports Vorgehen nicht aufhalten. mai

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort