Dem Vergessen entgegentreten

Bernkastel-Kues · Mit einer Gedenkstunde auf dem Karlsbader Platz erinnerte das "Bündnis für Menschlichkeit und Zivilcourage" an die Pogromnacht aus dem Jahr 1938.

 Das „Bündnis für Menschlichkeit und Zivilcourage" hat zur Gedenkstunde an die Opfer der Reichspogromnacht vom 9. November auf den Karlsbader Platz eingeladen (rechts: Vorsitzender Yaghoub Khoschlessan). TV-Foto: Marita Blahak

Das „Bündnis für Menschlichkeit und Zivilcourage" hat zur Gedenkstunde an die Opfer der Reichspogromnacht vom 9. November auf den Karlsbader Platz eingeladen (rechts: Vorsitzender Yaghoub Khoschlessan). TV-Foto: Marita Blahak

Bernkastel-Kues. In Erinnerung an den Novemberpogrom vom 9. November gedachten Bürger aus der Stadt und Nachbargemeinden der Gewalt gegen jüdische Mitbürger.
Kerzen erleuchteten den Davidstern auf dem Pflaster des Karlsbader Platzes. Menschen umrahmten das Symbol des Judentums, die Klarinette von Thomas Peters erhob mit Klezmermusik ihre Stimme. "Wir stehen hier, um dem Vergessen entgegenzutreten", sagte Verbandsbürgermeister Ulf Hangert. "Wir denken an all die jüdischen Mitbürger, die einst Nachbarn und Kollegen waren und die es dann nicht mehr sein durften", erinnerte Hangert an die Ausschreitungen und mahnte, die Erinnerung wachzuhalten. 17 Stolpersteine vor Häusern mahnen in der Stadt an die ermordeten jüdischen Mitbürger. "Es gab aber auch Menschen hier und in ganz Deutschland, die den Juden durch Verstecken geholfen haben", sagte Stadtbeigeordneter Heinz Eckstein. "Ein jeder von uns kann dazu beitragen, dass eine Wiederholung solcher Pogrome ausgeschlossen ist", mahnte Eckstein. Das "Bündnis für Menschlichkeit und Zivilcourage" unter dem Vorsitz von Dr.Yaghoub Khoschlessan hatte zum fünften Mal zu einer Gedenkstunde für die Opfer des Naziverbrechens eingeladen.
Es war ein sehr emotionales Gedenken, insbesondere da zwei Zeitzeugen über das schreckliche Geschehen vom 9. auf den 10. November berichteten. Der 88-jährige Karl Knoop aus Zeltingen-Rachtig erinnerte sich daran, wie er als 13-jähriger Messdiener auf dem Weg zur Kirche die Ausschreitungen der "braunen Verbrecherbande" gegen jüdische Geschäftsleute mitbekam. Da wurden Läden und Häuser demoliert und Fässer in Weinkellern zerschlagen, sodass große Mengen kostbaren Weines in die Mosel flossen. "Diese entsetzlichen Taten kann man bis heute nicht vergessen", sagte er mit tränenerstickter Stimme. Großen Vorwurf macht er den Medien, die zu wenig aufgeklärt und informiert haben. Auch der gleichaltrige Paul Coen aus Kues berichtet darüber wie er als Jugendlicher die Zerstörungswut gegen die Juden miterlebte.Zeitzeugen berichteten



Gewidmet war die diesjährige Gedenkstunde bedeutenden Schriftstellerinnen und Lyrikerinnen jüdischen Glaubens. So wurde sie umrahmt von lyrischen Texten aus der Feder von Sarah Kirsch, Gertrud Kolmar, Else Lasker-Schüler, Halina Birenbaum, Rose Ausländer, Selma Meerbaum-Eisinger und Hilde Domin.
"Es ist zu wünschen, dass die heutige Generation und folgende dazu beitragen, der inhumanen Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit Widerstand zu leisten", mahnte Khoschlessan. mbl

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