Der 2011er - ein ganz großer Riesling-Jahrgang

Trier/Bernkastel-Kues · An Mosel, Saar und Ruwer hat die Ernte der Rieslingtrauben begonnen. Zurzeit spricht alles dafür, dass der Jahrgang 2011 überragende Weinqualitäten hervorbringen wird.

 Goldgelbe und zuckersüße Rieslingtrauben: Winzer Werner Kees aus Graach freut sich über den hervorragenden Weinjahrgang 2011. TV-Foto: Klaus Kimmling

Goldgelbe und zuckersüße Rieslingtrauben: Winzer Werner Kees aus Graach freut sich über den hervorragenden Weinjahrgang 2011. TV-Foto: Klaus Kimmling

Trier/Bernkastel-Kues. Roman Niewodniczanski pflückt einige goldgelbe Traubenbeeren und probiert den süßen Saft: "Die schmecken wunderbar - nach Pfirsich, Aprikose und sogar nach Maracuja. Die Qualität der Rieslingtrauben ist geradezu sensationell." Rund 40 Hektar Weinberge, fast alle sind mit Riesling bestockt, bewirtschaftet der Inhaber des Weingutes van Volxem in Wiltingen/Saar. Die ersten Trauben hat seine 45-köpfige Lesemannschaft vorgelesen - das heißt, sie haben leicht angefaulte Trauben abgeschnitten, damit sie nicht die gesunden anstecken. Anfang kommender Woche geht es richtig los. Vier Wochen, schätzt Niewodniczanski, wird die Riesling-Lese in seinem Weingut dauern. Schon jetzt, Ende September, sind die Qualitäten in den Top-Lagen an Mosel, Saar und Ruwer fast ausschließlich im Auslese-Bereich. Sie haben also außergewöhnlich hohe Fruchtzuckergehalte. Was die Winzer ebenso freut: Die Säure, wichtig für den fruchtig-frischen Geschmack, ist nahezu optimal. Im vergangenen Jahr waren sie teilweise zu hoch, was die Kellerwirte vor große Herausforderungen stellte.
Voller Erwartung auf einen ganz großen Jahrgang ist auch Erwin Engel, Verkaufsleiter bei den Bischöflichen Weingütern in Trier. 100 Lesehelfer stehen in den Startlöchern, wenn in dem mit 130 Hektar größten Weingut der Mosel am 4. Oktober die Hauptlese beginnt. Das Weingut, zu dem der Weinbergsbesitz des Bischöflichen Priesterseminars, der Hohen Domkirche und des Bischöflichen Konvikts gehört, bewirtschaftet Weinberge in Toplagen an der Mittelmosel wie Erdener Treppchen, Ürziger Würzgarten, Graacher Himmelreich, Trittenheimer Apotheke, an der Saar unter anderem in den Lagen Scharzhofberger, Ayler Kupp und an der Ruwer Kaseler Nieschen.
Engel ist nicht nur von den Qualitäten begeistert. Denn nach einer sehr geringen Erntemenge im vergangenen Jahr wird der 2011 wieder die Fässer füllen. 2010 ernteten die Bischöflichen Güter 480 000 Liter Weinmost, heuer liegen die Erwartungen bei 800 000 Liter. Auch Engel erwartet jede Menge Auslese-Qualitäten. Und wenn es weiterhin trocken bleibe und angefaulte Traubenbeeren eintrocknen können, werde, so Engel, manche Beeren- und Trockenbeerenauslese von der Weinpresse laufen.
Die Top-Qualitäten, die heranreifen und die die Winzer jetzt nach und nach ernten, werden von amtlicher Seite bestätigt. Die Reifemessungen des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum (DLR Mosel) Anfang dieser Woche ergaben beim Riesling ein Durchschnittsmostgewicht von 82 Grad Oechsle. Vergleichbare Werte zu diesem frühen Zeitpunkt waren in den Super-Jahrgängen 1976 und 2003 gemessen worden.
Winzer Martin Müllen aus Traben-Trarbach, der sich mit seinem 4,7 Hektar großen Weingut in den letzten 15 Jahren in die deutsche Winzer-Top-Liga hochgearbeitet hat, hat gestern mit der Rieslinglese begonnen. Er muss sich in diesem Jahr viel Mühe geben, denn ein Teil seiner Weinberge in Kröv wurden vor fünf Wochen vom Hagel heimgesucht. Dort muss er konsequent vorlesen, damit die nicht geschädigten Trauben weiter reifen können. Seine Spitzenlage Trarbacher Hühnerberg hat zum Glück keinen Hagel abbekommen. Die Trauben dort lässt er noch weiter reifen. Gut möglich, dass der 2011er Hühnerberg in der Fachpresse erneut für Furore sorgt.

Ertragserwartungen: Auf knapp sechs Millionen Hektoliter schätzten die Ernteberichterstatter des Statistischen Landesamtes die zu erwartende Erntemenge für Weinmost. Damit läge der diesjährige Ertrag um 1,7 Prozent unter dem langjährigen Durchschnitt der Jahre 2001 bis 2010. Gegenüber dem Vorjahr, in dem mit 4,6 Millionen Hektoliter die kleinste Erntemenge seit 25 Jahren eingebracht wurde, entspräche dies einer Zunahme von rund 30 Prozent. Die einzelnen Anbaugebiete zeigen aber große Unterschiede auf. Die Pfalz war vom Spätfrost Anfang Mai sehr stark betroffen. Hier wird mit knapp 2,1 Millionen Hektolitern eine Erntemenge geschätzt, die um mehr als acht Prozent unter dem langjährigen Mittelwert liegt. In Rheinhessen (2,5 Millionen Hektoliter) wird ebenfalls eine leicht unterdurchschnittliche Menge erwartet. Demgegenüber dürfen die Winzer an der Mosel mit einer Erntemenge von 950 000 Hektolitern auf einen um acht Prozent höheren Ertrag hoffen. Die weitere Ertragsentwicklung hängt im hohen Maße vom weiteren Witterungsverlauf ab.

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